Essen. Nicolas Gerrit Kühn ist vom DFB als bester U19-Spieler ausgezeichnet worden. Der Niedersachse geht einen ungewöhnlichen Weg.
Als Kai Havertz im vergangenen Jahr vom Deutschen Fußball-Bund mit der Fritz-Walter-Medaille als bester U19-Spieler ausgezeichnet wurde, wunderte das kaum. Bei Bayer Leverkusen hatte er bereits in der Bundesliga seine Fähigkeiten unter Beweis gestellt. Bei seinem Nachfolger, der am Freitag geehrt wurde, ist das anders. Der Name Nicolas Gerrit Kühn war bislang vor allem jenen bekannt, die die deutschen Nachwuchsmannschaften oder Ajax Amsterdam intensiv verfolgen. Denn der 19-Jährige, dem in 30 Länderspielen bereits 14 Treffer gelangen, geht einen ungewöhnlichen Weg: Der gebürtige Niedersachse spielt für „Jong Ajax“, die zweite Mannschaft von Ajax Amsterdam.
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„In erster Linie wird man im Ausland selbstständiger“, sagt Kühn. „Ich bin persönlich gereift.“ Er spielt regelmäßig in der zweiten niederländischen Liga, trainiert mit den Profis. Sein Wunsch ist das baldige Debüt für den Champions-League-Halbfinalisten. Sportdirektor Marc Overmars sagte kürzlich, der dribbelstarke Deutsche erinnere ihn ein bisschen an sich selbst. Kühn nennt Lionel Messi als sein Vorbild: „Von ihm schaue ich mir gerne ab, wie er Situationen auflöst.“ Beim DFB heißt es: Vielleicht schon zur WM 2022, spätestens zur EM 2024 könnte Kühn oben angekommen sein.
Bei St. Pauli und Hannover ausgebildet
Sein eingeschlagener Weg ist ungewöhnlich für einen deutschen Nachwuchsmann, erst recht, wenn er von RB Leipzig kommt. Es heißt, er habe sich an den vielen Vorgaben gestört, die dort in allen Bereichen – von dem Pressing auf dem Platz bis zur Galaktose bei der Ernährung – gelten. Bei Ajax sollen sie sich ziemlich gestreckt haben, um ihn von ihrem Weg zu überzeugen. Dass der beim FC St. Pauli und Hannover 96 ausgebildete Kühn Deutschland verlassen und auch ein Angebot der TSG Hoffenheim abgelehnt hat, muss ein Alarmzeichen sein. Genau wie die Tatsache, dass nur noch sieben für die deutsche U21 spielberechtigte Akteure am zweiten Bundesliga-Spieltag Praxiserfahrung sammelten. Zum Vergleich: In Frankreich waren es 43.
„Wir haben genug Potenzial, aber wir sind nicht in der Lage, den Talentpool auszuschöpfen“, sagt Meikel Schönweitz, Cheftrainer der U-Nationalmannschaften. „Wir können in Deutschland noch viel mehr rausholen.“