Belfast. Zehnmal hat Serge Gnabry erst für Deutschland gespielt, das Tor in Nordirland war schon sein neuntes. Der Bayern-Stürmer wird immer wichtiger.
Natürlich wurde wieder gerührt, es wird ja ständig gerührt in letzter Zeit. Serge Gnabry traf in der dritten Minute der Nachspielzeit zum 2:0-Endstand gegen Nordirland und tat dann, was er immer tut nach einem Tor: Mit einem imaginären Löffel rührte er in einem imaginären Gefäß. Die Jubelgeste hat sich der Nationalspieler beim NBA-Profi James Harden abgeguckt, sie soll bedeuten: Das hier ist zu heiß für euch. Und in letzter Zeit haben sich erstaunlich viele Abwehrspieler die Finger an diesem Gnabry verbrannt.
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Der Treffer in Nordirland war das neunte Tor im gerade erst zehnten Länderspiel, schon beim 2:4 gegen die Niederlande hatte der Angreifer die 1:0-Führung erzielt. Alle 86 Länderspielminuten gelingt dem Bayern-Profi derzeit ein Tor. Man muss schon weit zurückschauen in der Länderspielhistorie, bis man einen Stürmer mit besserer Quote entdeckt – bis man nämlich beim unvergleichlichen Gerd Müller landet.
Gnabry ist kein typischer Mittelstürmer
An diesem Vergleich ist noch jeder Stürmer gescheitert, und natürlich ist er auch in diesem Fall unangebracht. Denn Gnabry ist ja kein typischer Mittelstürmer, keiner, der im Strafraum auf den Ball wartet und ihn dann verlässlich ins Tor müllert. Nein, Gnabry ist zurzeit ein Müller im Körper eines Flügelspielers. „Serge hat eine tolle Quote bei uns, aber nicht nur das“, schwärmt Bundestrainer Joachim Löw. „Er macht die Bälle vorne super fest, er wählt gute Laufwege, setzt die anderen auch sehr gut ein, und man kann ihn immer anspielen.“
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Gegen Nordirland war der 24-Jährige überall zu finden: Er holte sich die Bälle bei den eigenen Abwehrspielern ab, er lief bei Kontern vorneweg, er spielte am gegnerischen Strafraum Doppelpässe – und erlöste die gesamte Mannschaft, als er in der Nachspielzeit aus spitzem Winkel präzise ins lange Eck schoss. Wenn es irgendwie gegangen wäre, hätte er sich wohl auch selbst die Vorlage gegeben, aber das übernahm dann doch Kai Havertz.
Einsatz-Garantie vom Bundestrainer
„Serge Gnabry spielt immer bei mir“, hatte Bundestrainer Löw ja schon vor dem Länderspiel gegen die Niederlande verkündet und mit dieser deutlichen Festlegung viele überrascht. Spätestens jetzt aber, nach den Spielen gegen die Niederlande und Nordirland, wundert sich niemand mehr: Für den neuen Stil der deutschen Nationalmannschaft, der auf direkteren Zug zum Tor, auf schnelles Umschalten und drei variable Angreifer setzt, ist der schnelle, wendige Gnabry geradezu prädestiniert. „Er geht immer mit viel Tempo zum Tor und hat eine sehr gute Technik“, lobt der Bundestrainer. „Er spielt gut und schlau. Von daher ist er bei mir vorne aktuell natürlich gesetzt.“
Im aktuell laufenden Umbruch, in einer Mannschaft, die noch auf der Suche nach sich selbst ist, spielt Gnabry schon jetzt eine tragende Rolle. Zehn Länderspiele haben ihm gereicht, um sich erst einmal unverzichtbar zu machen – und auch in Zukunft dürfte noch einige Male gerührt werden.