Berlin. Aufsteiger Union Berlin feiert den Erfolg in der Relegation bis in die Morgenstunden. Für den Klassenerhalt ist nun aber viel Arbeit nötig.

„Ich glaube, es war halb. Oder Viertel vor.“ An das genaue Ende der ersten Partynacht in der Alten Försterei nach dem Aufstieg in die Bundesliga wollte sich Urs Fischer zunächst nicht erinnern. Mit Weißwein feierte der Trainer des 1. FC Union Berlin den Sprung in das Fußball-Oberhaus, „da hat es zwei, drei Gläser gegeben. Der war gut“, erzählte der Schweizer, „Aber ich bin noch nach Hause gelaufen, so weit ist es ja auch nicht für mich.“ Morgens, gegen fünf Uhr.

Die Stimme brüchig, die Augen müde, die Mimik glücklich – so lässt sich Lage bei den Köpenickern am Tag nach dem größten Erfolg der jüngeren Vereinsgeschichte am besten beschreiben. Viele Spieler zogen anschließend noch weiter, Christopher Trimmel, Unions Kapitän, gab zu, erst gegen halb Acht zu Hause gewesen zu sein.

Auch Seifert gratuliert

Für Klubchef Dirk Zingler fühlte sich das Etikett Bundesliga „immer noch ein bisschen komisch an“. Hunderte von Nachrichten und Glückwünschen bekam der Union-Präsident, unter anderem von Christian Seifert, dem Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), der auch gleich verriet, dass Union mit einem Heimspiel am ersten Spieltag (16.-18. August) in die Premierensaison starten werde.

Bis dahin wartet viel Arbeit auf die sportliche Leitung. Es gilt, eine Mannschaft aufzubauen, die das nächste Ziel, das Union nur haben kann, auch verwirklichen zu können: den Klassenerhalt. Dass sich das Gesicht des Kaders verändern wird, bestätigte am Dienstag Oliver Ruhnert, Unions Geschäftsführer Profifußball und als Kaderplaner einer der Väter des Aufstiegs.

Kein radikaler Umbruch

„Wir haben immer mit Spielern geplant, die auch bereit gewesen wären, für beide Ligen zu kommen. Wir müssen also mit der Planung nicht neu anfangen, und wir haben das Ziel, in den nächsten Tagen die ersten Verpflichtungen zu verkünden“, sagte Ruhnert. Unions Geschäftsführer fügte hinzu: „Wir müssen – so wie wir es immer gemacht haben – einen Kader zusammenstellen mit Verträgen für die erste und zweite Liga. Davon weichen wir auch nicht ab, alles andere wäre unsolide, das wollen wir nicht.“

Einen radikalen Umbruch, wie es ihn vor der vergangenen Zweitliga-Saison gegeben hat, schließt Ruhnert aus: „Diese Mannschaft ist aufgestiegen. Und diese Jungs, die das geschafft haben, werden wir nicht komplett austauschen. Wir können nicht bei jedem beeinflussen, was passiert. Aber grundsätzlich bauen wir auf die Jungs und werden die Mannschaft weiterentwickeln.“

Der Etat wird deutlich angehoben

Inklusive dreier Torhüter soll der Kader 26 Spieler umfassen, „unser Anspruch ist es, dass jede Position doppelt besetzt ist“. Angesichts der Steigerung des Gesamtetats auf gut 80 Millionen Euro (47 Millionen in der Zweitliga-Saison 2018/19) wird sich auch das Budget für den Lizenzspielerbereich von zuletzt 15.2 Millionen Euro um einiges vergrößern. Genaue Zahlen wollte Klubchef Zingler noch nicht nennen, „aber es wird mehr Geld in der Kasse sein. Herr Ruhnert kann schon anfangen, zu arbeiten“, sagte der Union-Präsident mit einem Lächeln.

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Zugleich sieht Zingler, seit 15 Jahren an der Spitze des Vereins, durch die Tatsache, dass es neben Hertha BSC nun einen zweiten Fußball-Erstligisten gibt, „einen riesengroßen Gewinn“ für die Stadt und den Fußball: „Weil der Fußball noch mal eine andere Kraft entwickelt. Alle, die sich für Fußball interessieren, werden zunächst schauen, wie der eine Klub gespielt hat und dann der andere. Das wird der Stadt noch einmal Leben einhauchen.“ Und natürlich freut man sich auch auf die Derbys gegen Hertha. „Stadtderbys sind das Salz in der Suppe, sie heben den Fußball mit ihrer Rivalität nochmal in eine andere Dimension.“

Vorfreude auf die Derbys

Auch Trainer Fischer weiß um die Emotionalität eines Derbys, erlebte er doch als Spieler und Trainer mit dem FC Zürich diverse Stadtduelle mit den Grasshoppers: „Ein Derby ist ein Derby, das kannst du nicht toppen. Ich denke, es freuen sich jetzt schon alle auf die beiden Spiele.“

Schon jetzt dürfte das Interesse an den 70.000 Tickets im Olympiastadion, vor allem aber an den gut 22.000 Karten für die Alte Försterei riesengroß sein. „Ich hätte jetzt nichts dagegen, wenn das Stadion größer wäre“, sagte Zingler, unterstrich aber auch, dass es im ersten Bundesliga-Jahr keine Baumaßnahmen geben werde. „Vielleicht hilft uns diese Enge, diese Nähe, diese Kompaktheit auch. Es wird für alle ein Brett werden, hierherzukommen“, so Zingler. Mit besten Grüßen nach Westend. Oder an den FC Bayern.

Ruhnert verspricht: Es verändert sich nichts

Die Befürchtungen vieler Fans, Union würde sich durch den Aufstieg verändern, teilt der Klubchef nicht. „Es verändert sich nichts. Gar nichts. Dann müssten wir uns ja verändern.“ Geschäftsführer Ruhnert sieht es ähnlich. „Das Präsidium hat in den vergangenen zehn Jahren dafür gesorgt, dass der Verein in der Zweiten Liga war und unglaublich gewachsen ist. Über 22.000 Mitglieder, steigende Tendenz. Die Bedingungen sind schon erstligareif“, sagte Ruhnert.

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Er ist sich sicher, dass der Verein „genau aufpassen wird, damit der Aufstieg mit uns nicht das macht, was vielen anderen Vereinen passiert nicht: aufzusteigen und anschließend durchgereicht zu werden. Ich bin auch nicht derjenige, der sagt, wir müssen jetzt verrückte Dinge machen. Wir wissen, was wir uns erlauben können“, machte Ruhnert deutlich.