Essen. Der 61-Jährige Rainer Zobel ist seit fünf Monaten Trainer des südafrikanischen Erstligisten Moroka Swallows. Wir haben mit dem ehemaligen Bundesliga-Profi über die Fußball-Begeisterung in Südafrika, rote Ampeln in Johannesburg und gefährliche Kneipen gesprochen.

Es dauert, bis Rainer Zobel am Telefon ist. Die Verbindung bricht schon beim Wählen immer wieder zusammen. Die Leitungen aus Südafrika ins Ausland sind vor der Gruppen-Auslosung der Fußball-WM am Freitag in Kapstadt überlastet. „Bis zur WM soll das besser werden”, sagt Zobel.

Sind die Südafrikaner so kurz vor der Auslosung schon im Fußball-Fieber?

Rainer Zobel: Überhaupt nicht, alles ist ruhig wie zuvor. Aber das ist typisch afrikanisch, alles passiert auf die letzte Minute. Für die fehlende Begeisterung gibt es aber noch andere Gründe.

Welche?

Zobel: Zum Ersten die Preise. Viele Südafrikaner, vor allem die Schwarzen, sagen: Wir können uns gar keine Eintrittskarte leisten. Zum Zweiten können die Zeitungen für die WM trommeln wie sie wollen, Sportart Nummer eins in Südafrika ist und bleibt Rugby. Und zum Dritten hat die Nationalmannschaft zuletzt nicht gerade begeistert.

Demnach hätte Südafrika keine Chance, gegen Deutschland zu gewinnen?

Zobel: Nein, da hat die Mannschaft keine Chance. Die Spieler sind technisch gut, aber ihr Spiel ist nicht zielgerichtet. Sie können einfach keine Tore schießen.

Fahren Sie zur Auslosung nach Kapstadt?

Zobel: Ich bin am Freitag sowieso in Kapstadt, weil wir dort ein Spiel haben. Aber wir haben im Klub gerade eine schwere Zeit mit sechs Spielen in zwanzig Tagen. Ich werde daher bei der Mannschaft bleiben und sie vorbereiten. Die Auslosung schaue ich mir dann im Fernsehen an.

Wie professionell läuft Erstliga-Fußball in Südafrika?

Zobel: Nun, die Spieler sind Profis und müssen nicht in anderen Jobs arbeiten. Allerdings sind wir in Südafrika weit hinten bei den Themen medizinische Betreuung und Regeneration. Es gibt hier keinen Tropf mit Mineralien, der bei der Erholung helfen könnte. Also muss ich als Trainer darauf achten, dass die Spieler sich richtig ausruhen.

Das Stadion Ihrer Moroka Swallows steht in Soweto. Das klingt nach einer gefährlichen Gegend.

Zobel: Bei dem Thema wird vieles übertrieben. Ich habe als Trainer auch schon in Georgien gearbeitet, und da war es nicht weniger gefährlich. Wer sich in Südafrika an die Regeln hält, der lebt eigentlich sicher. Und daher halte ich mich an die Regeln.

Was sind das für Regeln?

Zobel: Zum Beispiel bestimmte Stadtteile und Straßen meiden. Mein Navigations-System im Auto ist so eingestellt, dass es mich auf dem Weg von meiner Wohnung in Johannesburg nach Soweto um diese Gebiete herum führt. Eine weitere Regel: Nachts an roten Ampeln wegen der Überfall-Gefahr nicht anhalten. Gucken, ob die Straße frei ist, und dann bei „Rot” fahren.

Viele Fans, die zur WM reisen, werden diese Regeln nicht kennen. Leben diese Fans gefährlich?

Zobel: Das wird in der Tat schwierig. Ich bin überzeugt, dass in den Stadien und in den Hotels alles sicher ist. Aber wenn die Fans Alkohol getrunken haben, einen Sieg feiern wollen und dann in die Stadt ziehen, kann es Probleme geben.

Also besser nicht in die Kneipen gehen?

Zobel: Das ist in Südafrika sowieso anders als in Deutschland. Die Südafrikaner stehen früh auf, und gehen früh ins Bett. Nach 22 Uhr werden selbst in einer Millionenstadt wie Johannesburg die Bürgersteige hochgeklappt. Die Läden, die danach noch auf haben, sind wirklich gefährlich.

Gehen Sie dann in Johannesburg gar nicht aus?

Zobel: Doch, natürlich. Man kann hier hervorragend essen. Es gibt zum Beispiel ein phantastisches 300-Gramm-Filetsteak für neun Euro.

Was ist das größte Problem eines deutschen Trainers in Südafrika?

Zobel: Alles passiert im letzten Moment. Die Spieler sollen vor dem Spiel zum Aufwärmen auf den Rasen, da fällt einem Funktionär noch ein, dass er die Spielerpässe kontrollieren muss, und die Jungs kommen nicht raus. Daran könnte ich manchmal verzweifeln. Aber das kenne ich schon aus meiner Zeit in Ägypten.

Und was ist das Schönste für einen deutschen Trainer in Südafrika?

Zobel: Das Wetter. Wir haben gerade 27 Grad und Sonne, das Training ist vorbei, und ich gehe gleich an den Pool.

Hat schon jemand vom Deutschen Fußball-Bund angerufen und nach Tipps gefragt?

Zobel: Nein, dabei könnte ich viel erzählen. Wenn es sein müsste, sogar über Golfplätze. Ich spiele zwar selbst nicht, aber ich könnte immerhin sagen, wo die besten Plätze liegen.