Essen. DFB-Präsident Reinhard Grindel fordert mehr Fußballplätze. Auch hier würde man sich freuen. Die Vereinsvertreter der Region berichten jedoch von vielschichtigen Problemen.
Die Verantwortlichen im Deutschen Fußballbund (DFB) machen sich Sorgen – vor allem um den Nachwuchsbereich. DFB-Präsident Reinhard Grindel forderte daher zuletzt mehr Fußballplätze in deutschen Städten. Alarmierend ist vor allem dieses Beispiel: Nach Angaben des Berliner Fußball-Verbandes befinden sich 5000 Kinder und Jugendliche auf Wartelisten, um einem Verein beizutreten. Ein Problem, das der DFB erkannt hat. Ein Problem, das man im Ruhrgebiet und Umgebung so jedoch nicht kennt. Dafür gibt es andere Sorgen und Nöte. Ein Überblick.
Beispiel Dortmund
101 Vereine sind im Kreis Dortmund gemeldet. Bemerkenswert: Nur drei Klubs haben keinen Kunstrasenplatz. „Wir sind in Dortmund wirklich noch in einer Oase. Hier ist alles gut. Unser einziges Problem ist der Sonntag. Da bleiben ein wenig die Zuschauer aufgrund der Profispiele im Fernsehen weg“, sagt Jürgen Grondziewski, Vorsitzender des Fußballkreises.
Beispiel Gelsenkirchen
Den Gegensatz zu Dortmund bildet ausgerechnet der Revierrivale Gelsenkirchen. Für 56 Klubs stehen gerade einmal sieben Kunstrasenplätze zur Verfügung. „Von Gelsenkirchen als Ausrichter-Stadt der EM 2024 wünschen wir uns, dass die Stadt sich nicht nur auf die hohen Einnahmen durch die Europameisterschaft freut, sondern auch etwas an den Fußball zurückgibt. Wir benötigen ausreichende Plätze für den Fußball an der Basis und die vielen Vereine in der Stadt“, appelliert Grindel.
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Gut gemeint vom DFB-Präsidenten, aber zumindest mit Blick auf Kunstrasenplätze schwer umsetzbar, wie Christian Fischer, Fußball-Kreisvorsitzender in Gelsenkirchen, erklärt: „Die Haushaltsmittel der Stadt für sportliche Investitionen belaufen sich jährlich auf 700.000 Euro. Ein Kunstrasenplatz kostet 600.000 Euro. Da kann man sich ausrechnen, wie viele Plätze finanziert werden können.“
Die Lage auf dem Land
„Bei uns ist es genau anders herum. Wir auf dem Land haben genügend Sportplätze, aber zu wenig Fußballer“, sagt Rolf Benteler, Abteilungsleiter beim SuS Oestereiden (Kreis Soest) und Teilnehmer am Amateurfußballkongress. Im Sauerland werden Fußballplätze zum Teil sogar schon zurückgebaut. Außerdem gibt es im Jugendfußball immer mehr Spielgemeinschaften.
Wie schwer es ohne einen Kunstrasenplatz ist, zeigt sich im Stadtteil Hassel. Dort teilen sich die Vereine YEG und Arminia einen Ascheplatz – mit 17 Mannschaften. „Wie soll das gehen? Das ist der Wahnsinn. Wir haben nicht einmal einen Gemeinschaftsraum, in dem sich die Kinder im Winter aufwärmen können. Da ist es doch klar, dass die Jungs den Verein wechseln oder ganz mit dem Fußball aufhören“, sagt Cetin Akyürek, Geschäftsführer des Westfalenligisten YEG Hassel. Er vermisse zudem die so genannten Affenkäfige – umzäunte Fußballplätze in den Stadtteilen. Auf so einem lernte auch Ex-Nationalspieler Mesut Özil das Fußballspielen. „Früher gab es hier Straßenfußballer wie Özil oder Ilkay Gündogan“, sagt Akyürek, „heute sind es Playstation-Zocker.“
Gündogan, Profi beim englischen Spitzenklub Manchester City, geht mit gutem Beispiel voran. Er unterstützt seinen Heimatklub Hessler 06 bei der Realisierung eines Kunstrasenplatzes.
Beispiel Essen
Mit einem ähnlichen Problem haben einige Klubs in Essen zu kämpfen. „Rund 70 Prozent unserer 82 Vereine besitzen einen Kunstrasenplatz. Für die, die noch auf der ungeliebten Asche spielen müssen, ist das ein Handicap. Da entsteht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft“, sagt Norbert Kluge, Kreis-Geschäftsführer. „Die Vereine mit Asche haben bei den Kindern sehr wenig Zulauf und müssen um jedes Mitglied kämpfen. Wir können der Stadt Essen aber keinen Vorwurf machen: Sie hat sehr viele Kunstrasenplätze mitfinanziert.“
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Beispiel Bochum
Rund 50 Prozent der 100 Bochumer Vereine sind im Besitz eines Kunstrasenplatzes. Mehr dürften es vorerst aber nicht werden. Kreisvorsitzender Klaus-Dieter Leiendecker nimmt den Bund in die Pflicht: „Fußballvereine haben eine gesellschaftliche Verpflichtung. Hier muss der Staat mithelfen, um die Kinder von der Straße zu holen und dafür sorgen, dass alle Kinder, die es wollen, auch Fußball spielen können – auf vernünftigen Sportanlagen.“
Beispiel Duisburg
In der Stadt des Zweitligisten MSV macht Kreis-Vorsitzender Frank Thomas auf eine ganz andere Problematik aufmerksam. „Wir brauchen mehr qualifizierte Trainer, die Vorbilder für die Kinder sind. Die Jugendabteilung sollte immer das Wichtigste in einem Verein sein. Manche Vereine investieren aber lieber in die erste Mannschaft anstatt auf gute Trainer und ehrenamtliche Mitarbeiter zu setzen.“