Gelsenkirchen/Hannover. Florian Fromlowitz ist bei Hannover 96 der Nachfolger von Robert Enke im Tor. Heute feiert er beim FC Schalke 04 seine Premiere als 96-Stammkeeper - keine einfache Situation für den ehemaligen U21-Nationalspieler.

Der Ersatztorwart ist der bestbezahlte Zuschauer im Bundesliga-Stadion. Denn sofern sich die Nummer 1 nicht verletzt, einen Platzverweis kassiert oder der Trainer ein gewisser Felix Magath ist, der die Bayern demütigen will, kommt er nicht ins Spiel.

Das Dasein als Edelreservist ist indes auch eine besondere Geduldsprobe. Denn die jungen Ersatzleute in der Liga waren immer die Nummer 1 in ihren Teams, sind heiß, ambitioniert und müssen plötzlich auf der Bank Platz nehmen.

So wie Florian Fromlowitz.

Der kommt aus der Torwartschule von Gerry Ehrmann beim 1. FC Kaiserslautern. Ehrmann trainiert nicht nur Muskeln und Reflexe seiner Schüler. Er impft den Lauten und Starken, wie Tim Wiese (Bremen) oder Roman Weidenfeller (Dortmund) beweisen, auch unbegrenztes Selbstbewusstsein ein plus den Anspruch, immer und überall die Nummer 1 zu sein. Ehrmanns überaus talentierter Schüler Fromlowitz kam als 19-Jähriger zu seinen ersten Bundesliga-Einsätzen für Lautern. Nach zwei Zweitliga-Jahren mit den Pfälzern entschied er sich 2008 für den Umweg Ersatzbank, um wieder in die Bundesliga aufzusteigen.

Bei seinem Wechsel zu Hannover 96, das war klar, würde es keinen Konkurrenzkampf mit Nationaltorwart Robert Enke geben. Keine einfache Situation für Fromlowitz. Er verzichtete aber auf Psychospielchen und auf Hinterzimmer-Intrigen. „Das wäre auch nicht seine Art. Er ist ein richtig guter Torwart und unglaublich ehrgeizig. Aber er bleibt ruhig, reiht sich ein. Er hatte das Pech, dass immer Klassekeeper vor ihm waren”, sagt BVB-Profi Mats Hummels, der Fromlowitz aus der U21-Nationalmannschaft kennt. Dort stand ihm Schalkes Manuel Neuer im Weg.

Fromlowitz sah Enke als Kollegen

Bei Hannover 96 sah Fromlowitz Robert Enke nicht als Rivalen, sondern als Kollegen. Und auch ein bisschen als Vorbild, von dem er lernen konnte. So wurde der 23-Jährige merklich ruhiger und gewöhnte sich ab, jede Parade mit der „Becker-Faust” zu feiern. „Meine Chance wird kommen”, kalkulierte er mittelfristig mit einem Wechsel des Nationaltorhüters.

Jetzt ist diese Chance plötzlich da. Nur ganz anders, als man sich in den wahnwitzigsten Gedanken hätte ausmalen können. Mit dem Tod von Robert Enke ist aus dem Ersatztorwart Florian Fromlowitz der Stammtorwart geworden. Aber nicht die Nummer 1. „Robert wird hier immer die Nummer 1 sein. Ich habe keinen Konkurrenten, sondern einen Freund verloren”, sagte Fromlowitz und nahm demütig die Herausforderung an.

Heute steht er ab 15.30 Uhr auf Schalke erstmals Manuel Neuer, seinem Konkurrenten aus der U21, im direkten Duell gegenüber. Der wurde auch einst über Nacht zur Nummer 1 und beendete das folgende Spiel gegen Bayern München mit einem 2:2. Mit solch einer Punkteteilung in der Arena könnte sich Florian Fromlowitz anfreunden. Gestern, beim abschließenden Torschusstraining, demonstrierte er, was die Schalker heute erwartet. Fromlowitz stand wie eine Wand. Ein halbes Dutzend seiner Mitspieler mussten lange nachsitzen, bis ihr Ball endlich im Netz landete und sie duschen durften.