Essen. . Schalke und der BVB unterstützten die Idee eines Spiels mit einer Revier-Auswahl. Die RAG-Stiftung wollte es präsentieren – dann kam Widerstand.
Es hätte ein großes Spektakel werden können, ein verbindendes Ereignis von starker Symbolkraft: Doch das Vorhaben der RAG-Stiftung, zum Abschied vom Steinkohlebergbau im Jahr 2018 auch ein Fußballspiel eines aus Spielern von Borussia Dortmund und Schalke 04 gebildeten Teams gegen die polnische Nationalmannschaft zu präsentieren, droht zu scheitern. Hinter den Kulissen gibt es heftige Meinungsverschiedenheiten über die Planung und die mögliche Umsetzung der Idee.
Als RAG-Stiftungschef Werner Müller vor einer Woche bei einer Pressekonferenz das Programm für das Abschiedsjahr vorstellte und dabei auch das so genannte „Jahrhundert-Heimspiel“ ankündigte, klang er noch optimistisch. Es schien, als sei lediglich die Terminfrage unbeantwortet.
Doch am selben Tag reagierten die beiden Bundesliga-Vereine sowie der polnische Verband reserviert bis irritiert. Von Borussia Dortmund kam nur die dünne Mitteilung, dass es „eine grundsätzliche Bereitschaft“ gebe, am „Spiel einer Ruhrgebietsauswahl“ mitzuwirken. Schalke 04 ließ übermitteln, „überrascht“ zu sein und bekräftigte, es gebe keine Zusage. Ein Sprecher des polnischen Verbandes sagte: „Davon höre ich das erste Mal. An uns ist von deutscher Seite niemand herangetreten.“
Briefe und Protokolle belegen Zusammenarbeit
So drängte sich der Eindruck auf, dass die RAG-Stiftung gemeinsam mit dem Konzern Evonik, der das Spiel finanzieren wollte, zu weit vorgeprescht sei – ohne konkrete Zusagen zu haben. Dieser Zeitung liegt nun eine mehrseitige Dokumentation der Chronologie der Planung vor. Offizielle Schreiben sowie Besprechungs-Protokolle belegen, dass die beiden Vereine die Idee sehr wohl gemeinsam unterstützt haben – und das schon zu einem frühen Zeitpunkt.
Begonnen hatte die Planung von Evonik schon im Februar 2015. Der ursprüngliche Plan war, die deutsche Nationalmannschaft als Gegner des Revierteams zu engagieren. Mit Datum vom 6. Juli 2016 wurde unter einem gemeinsamen Briefkopf mit dem Projektlogo „Glückauf Zukunft“ sowie den beiden Vereinswappen DFB-Präsident Reinhard Grindel um Unterstützung gebeten, um „mit Ihrer Fürsprache die deutsche Nationalmannschaft für dieses sportlich und historisch bedeutsame Fußballspiel“ zu gewinnen. Unterzeichner des Schreibens waren Stiftungschef Werner Müller, BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Schalkes Finanzvorstand Peter Peters. Die Zweitligisten VfL Bochum und MSV Duisburg waren nicht eingebunden.
Grindel sagte aus Termingründen ab
Nachdem der DFB-Präsident den beiden Klubs geantwortet hatte, dass sich ein solches Spiel vor der WM 2018 „leider terminlich nicht umsetzen“ lasse, entstand die Idee, wegen der bergbauhistorischen Verbindung die polnische Nationalmannschaft anzufragen. Die Bitte an den Verbandspräsidenten Zbigniew Boniek endete mit den Worten: „Wenn 2018 Wirtschaftsgeschichte geschrieben wird, meinen wir, dass ein Spitzenspiel der polnischen Nationalmannschaft gegen eine von BVB und Schalke 04 angeführte hochkarätige Ruhrgebiets-Auswahl einen besonderen sportlichen Höhepunkt darstellen kann. Somit möchten wir Sie und Ihren Verband heute um Unterstützung unseres Vorhabens bitten.“ Auch der polnische Botschafter in Deutschland wurde angeschrieben. Unter beiden Briefen erneut die Namen: Müller, Watzke, Peters.
Dieses gemeinsame Engagement von Schwarz-Gelb und Blau-Weiß hätten Evonik und die RAG-Stiftung nicht als Zusage werten dürfen? Verwunderlich, dass Peters’ Vorstandskollege Christian Heidel verkündete: „Wir wurden von der Meldung überrascht, nach meinen Infos wurde Dortmund genauso überrascht. Vielleicht ist mehr der Wunsch Vater des Gedankens bei Herrn Müller von der RAG. Es gab keine konkreten Gespräche. Wir sollten das alles klein fahren. Schalke und BVB gemeinsam in einer Mannschaft, das würde ich ganz hinten anstellen.“
Botschafter übermittelte Zusage
Auch die Reaktion des BVB war trotz „grundsätzlicher Bereitschaft“ zum Vorhaben seines Hauptsponsors Evonik eher von Zurückhaltung als von Begeisterung geprägt. Und der polnische Verband bekräftigte, er habe keine Zusage gegeben. Die RAG-Stiftung besitzt allerdings einen Brief vom Botschafter Polens: Professor Andrzej Przylebski schrieb am 11. August 2017, er habe „die Ehre und Freude, eine positive Antwort des Präsidenten des Polnischen Fußballverbandes, Herrn Zbigniew Boniek, zu übermitteln“.
Im Kreis der Veranstalter wird vermutet, dass die Vereine ihre Haltung geändert haben könnten, nachdem sie mit ersten Reaktionen von Fans konfrontiert wurden. BVB-Ultras protestierten bereits energisch beim Champions-League-Spiel gegen Real Madrid – vormittags hatte Werner Müller die Stiftungspläne vorgestellt.
Kann das große Spiel unter dem Motto „11 Kumpels sollt ihr sein“ jetzt überhaupt noch wie erhofft mit einem Volksfest in der Schalker Arena stattfinden? Dass die Revier-Auswahl „Eintracht Ruhr“ heißen sollte, entbehrt mittlerweile nicht einer gewissen Ironie.