Essen. Die Favoriten Frankreich, Portugal und Uruguay haben die WM-Tickets schon in der Hand und warten am Schalter nur noch auf den Aufruf zum Boarding. Den ebenfalls hoch eingeschätzten Russen dagegen könnte die Einreise nach Südafrika ebenso verweigert werden wie Otto Rehhagels Griechen.
Während bei den Weltstars Franck Ribery und Cristiano Ronaldo vor den Play-off-Rückspielen am Mittwoch das Reisefieber steigt und Neuseeland sogar schon am Ziel angelangt ist, hat besonders für Rehhagel das große Zittern begonnen. Nach dem 0:0 in Athen gegen die Ukraine droht „König Otto“ nun in Donezk am Mittwoch gar die Verrentung.
Sollte Rehhagel die Endrunde auf dem Schwarzen Kontinent verpassen, würde sein Vertrag nicht mehr verlängert, der 71-Jährige somit reif für Fußball vor dem Fernseher. Über seine Zukunft wollte er sich selbst nicht äußern, die Kritik am einst unantastbaren Europameister-Coach von 2004 aber wird lauter. „Otto war nicht in WM-Form“, ätzte die Zeitung Exedra, und auch andere Blätter schossen sich auf Rehhagel ein. Hauptkritikpunkt: Mit Theofanis Gekas von Bayer Leverkusen habe er ohne Not Griechenlands besten Stürmer zu früh (65.) ausgewechselt und mit seiner defensiven Taktik den möglichen Sieg verschenkt.
„Wir haben vielleicht zu sehr darauf geachtet, sie kein Tor schießen zu lassen“, gab Rehhagel zu - die Medien diskutierten derweil über seinen Nachfolger. Als Kandidat gilt dabei auch Ewald Lienen von Zweitligist 1860 München.
Wie Rehhagel könnte auch Giovanni Trapattoni bald zu Hause auf der Couch sitzen: Das 0:1 von Dublin gegen Frankreich durch Nicolas Anelkas Tor (72.) scheint kaum aufzuholen. Nach dem Spiel kam es auf dem Spielfeld zu einigen Rangeleien, „Trap“ beschwerte sich hernach. Ein berühmter gegnerischer Spieler, Trapattoni nannte keinen Namen, habe seine Kicker aufs Übelste beleidigt: „Was er sagte, beleidigte das gesamte irische Volk. Das gehört sich nicht.“ Mit Wut im Bauch will Trapattoni in Paris noch das Unmögliche schaffen. „Wir sind Iren, wir spielen mit unserem Herzen“, sagte der Italiener. Die Franzosen, die auch am Mittwoch auf den verletzten Star Ribery verzichten müssen, geben sich siegessicher. „Die Iren sind zwar schwer zu schlagen. Aber es ist nur noch dieses eine Spiel - da werden wir die Tür öffnen“, sagte Kapitän Thierry Henry.
Für Portugal ist die Tür nach dem 1:0 gegen Bosnien-Herzegowina und dem Treffer von Bruno Alves (31.) bereits weit geöffnet, und der Torschütze tönte: „Wir fahren nach Bosnien, um auch da zu gewinnen.“ Allzu sicher dürfen sich der verletzte Daumendrücker Ronaldo und Co. aber nicht fühlen: Mit drei Aluminiumtreffern deuteten die Bosnier, bei denen vier Bundesliga-Profis in der Startelf standen, ihr Können nicht nur an. Allerdings fehlt dem Außenseiter im Rückspiel Kapitän Emir Spahic (Gelbsperre).
Das späte Tor von Nejc Pecnik (87.) beim 1:2 in Russland gibt Slowenien noch etwas Hoffnung, die Russen dagegen bangen. Nach den beiden Toren von Dinijar Biljaletdinow (40./51.) hatten sie „viele Chancen, um das Ergebnis noch zu erhöhen“, haderte Nationaltrainer Guus Hiddink, „aber ich denke, dass wir in Maribor gewinen können.“ Das wollen die Bundesliga-Profis Milivoje Novakovic und Miso Brecko verhindern. „Unsere Chancen liegen jetzt bei 50:50“, sagte „Nova“.
Deutlich rosiger sieht es für Uruguay aus. Kapitän Diego Lugano entschied das schwaches Spiel mit seinem Tor in San Jose gegen Costa Rica (21.). „Das Ergebnis ist exzellent“, Uru-Trainer Oscar Tabarez, doch auch die Ticos hoffen noch auf die vierte WM-Teilnahme. „Wir müssen nur an uns glauben. Warum sollten wir nicht im Centenario in Montevideo gewinnen?“, fragte Costa Ricas Coach Rene Simoes.
Einen Schritt weiter ist Neuseeland, das mit dem 1:0-Sieg gegen Bahrain im Play-off-Rückspiel in Wellington zum zweiten Mal nach 1982 zur Endrunde fährt. Rory Fallons Treffer (44.) vor der Rekordkulisse von 35.000 Fans in Wellington verdrängte im Rugby-verrückten Land zumindest vorübergehend die Sportart Nummer 1 von den Titelseiten. „Über Neuseelands Fußball hing über viele Jahre eine dunkle Wolke. Ich wollte schon weg, weil das Land zu voll von Rugby war“, sagte Fallon. Er blieb - und wurde zum Helden. Die Presse besang sein Tor als „himmlischen Kopfball“, und selbst Premierminister John Key jubelte mit: „Darauf haben wir über 20 lang Jahre gewartet. „
Ähnlich lang war Algerien nicht mehr bei einer WM - seit 1986. Und die Wartezeit der „Wüstenfüchse“ könnte andauern: Nach dem 0:2 im letzten Gruppenspiel bei Rivale Ägypten muss ein Play-off-Spiel im Sudan zwischen den punkt- und torgleichen Teams entscheiden. Das Tor durch Emad Moteab (90.+5) eröffnete den Ägyptern diese Chance, nach dem Spiel gab es aber nicht nur Jubel. Der algerische Bus wurde mit Steinen beworfen, drei Spieler dabei verletzt.