Doha. England verlor mit dem Häufchen Stammspieler mit 0:1 gegen Rekordweltmeister Brasilien. Der Beginn im Khalifa Stadion mit einer Schweigeminute beider Teams für Robert Enke war gewiss nicht selbstverständlich, war beeindruckend.

Die Lichterschau im Stadion war imposant, aber leider stand für England danach noch ein Fußballspiel auf dem Programm. Mit dem Häufchen Stammspieler, das es überhaupt fit in die elfenbeinweiße Kieswüste von Katar geschafft hatte, wäre vielleicht ein vernünftiges Match gegen Brasilien möglich gewesen. Als nach und nach aber auch noch John Terry, Frank Lampard (beide Chelsea) und Michael Carrick (Manchester United) ausfielen, musste Nationaltrainer Fabio Capello Spieler auf den Rasen schicken, deren Namen und Einstellung auf eine mittelschwere Abreibung hindeuteten.

Die Engländer waren am Samstagabend beim 0:1 ja auch buchstäblich chancenlos, hatten aber noch Glück, dass ein katarischer Referee mit seltsamer Regelauslegung den müden Kick leitete: Abdulrahman Abdou zückte – vielleicht aus Mitleid? - nur die Gelbe Karte, als Torwart Ben Foster den brasilianischen Stürmer Nilmar (Villarreal) nach einem aberwitzigen Fehler von Wes Brown (Manchester United) von den Beinen holte. Der Torschütze des einzigen Tores ließ Luis Fabiano den Vortritt, der dann jedoch lässig über den Kasten schoss. Ex-Bayer Lucio traf noch mit einem Gewaltschuss den Pfosten, ansonsten begnügte sich die Elf von Carlos Dunga damit, hübsch unter sich zu spielen. Die Männer in Weiß wurden nicht ernst genommen.

England war so schwach, dass der „Observer” eine Kriegslist mit Hinblick auf die Weltmeisterschaft vermutete. „Man schickt das Kanonenfutter vor, um die wahre Stärke des Gegners auszukundschaften. Gute Taktik“, witzelte das Blatt. Tatsächlich gab Capello später tapfer vor, „viel gelernt“ zu haben: Brasilien sei eine „technisch starke“ Mannschaft, auch „körperlich stark“, und momentan wohl „das beste Team der Welt“. Wer hätte das gedacht? Die Unzulänglichkeit von Kickern wie Brown, Darren Bent (Sunderland) oder Jermain Jenas (Spurs) auf diesem Niveau wird den Italiener insgeheim ebenfalls kaum überrascht haben.

„Don Fabio“ weiß nun auch, dass seine Elf genau zwei Spielstärken kennt: voll und null. Mal eben so zusammengewurschtelte 0:0-Unentschieden oder kühl verwaltete 1:0-Siege haben seine Jungs (noch) nicht im Repertoire; sie müssen erst bis zur Erschöpfung rennen und kämpfen, damit in etwa ein Spiel dabei herauskommt. Allein Ersatzkapitän Wayne Rooney wetzte vor dem seltsam unbeteiligten Publikum unermüdlich, aber ohne echten Plan umher. Dafür bekam er am Ende von einem freundlichen Scheich ein goldenes Segelboot überreicht.

Das 0:1 im Khalifa, einer sehr schönen Venusfalle aus glänzendem Stahl, blieb dabei nicht die einzige Niederlage am Persischen Golf. Der Verband wollte den Trip in das sportpolitisch einflussreiche Emirat zur Werbung für die WM 2018-Kandidatur nützen; es blieb beim Versuch. Als „eine Mischung aus Führungsschwäche, Selbstüberschätzung und Inkompetenz“, bezeichnete ein der Veranstaltung nahe stehender Insider das Gebaren der Football Association, die bereits vor dem Abflug aus London mit Spezialwünschen irritiert hatten. Man bestand beispielsweise (vergeblich) darauf, vor dem Super-VIP-Terminal des katarischen Innenministeriums landen zu dürfen. Die ganz normale Sonderbehandlung erschien den Gästen von der Insel im Gegensatz zu den genügsamen Brasilianern nicht gut genug.

England startete in die Pole-Position in den Wettbewerb um die Austragung, doch der in den internationalen Korridoren der Macht unerfahrene Verbandschef Lord Triesman hat durch viele kleine Fehler den Vorsprung auf Konkurrenten wie Russland oder Australien eingebüßt.