Hamburg. Joachim Löw hat seine Kandidaten für den WM-Kader nach dem Spiel gegen Finnland (1:1) in Schutz genommen und will bei weiteren Tests "die Messlatte nicht so hoch hängen".
Beim ersten WM-Casting fielen die Kandidaten gleich reihenweise durch - doch Chef-Juror Joachim Löw wollte trotz "wichtiger Erkenntnisse" kein vorschnelles Urteil fällen. "Für die Spieler, die zuletzt nicht gespielt haben, war es nicht einfach. Deshalb will ich die Messlatte auch nicht zu hoch legen. Ich weiß, was die Spieler können und wo sie sich noch verbessern müssen", sagte der Bundestrainer nach dem missglückten Schaulaufen und gab sich nach dem enttäuschenden 1:1 (0:1) zum Abschluss der WM-Qualifikation gegen Finnland gnädig.
Löw hatte die Partie in Hamburg zum ersten WM-Härtetest für die zweite Reihe seiner Nationalspieler erklärt, für den 23-köpfigen WM-Kader konnte sich aber keiner nachhaltig empfehlen. Eine neue Bewährungschance gibt es für einige nun bei den letzten Länderspielen des Jahres am 14. November in Köln gegen Chile und am 18. November in Gelsenkirchen voraussichtlich gegen Ägypten.
"Es werden wieder einige neue Spieler zum Einsatz kommen", kündigte der Bundestrainer erneut an. Schon vor dem Finnland-Spiel hatte er zum Beispiel dem jungen Münchner Angreifer Thomas Müller seine Nationalelf-Premiere in Aussicht gestellt und damit den Konkurrenzkampf erhöht. Auch im Tor wird rotiert: Tim Wiese spielt gegen Chile, Manuel Neuer gegen Ägypten.
WM-Aspiranten überwiegend blass geblieben
Gegen die Finnen durften im Gegensatz zum beeindruckenden 1:0 in Russland Andreas Beck, Piotr Trochowski, Arne Friedrich, Cacau, Mario Gomez und Thomas Hitzlsperger von Beginn an vorspielen. Zudem erhielt Christian Gentner 45 Minuten lang die Möglichkeit, sich zu empfehlen. Gelungen ist dies keinem der WM-Aspiranten.
Doch auch Teammanager Oliver Bierhoff hielt sich mit Kritik zurück. Das Engagement sei zu sehen gewesen, "aber wenn man als Mannschaft nicht so eingespielt ist, ist es auch für den Einzelnen schwierig, zu glänzen".
Immerhin gaben sich die Spieler einsichtig. "Ich weiß, dass ich die Plattform nicht genutzt habe", meinte etwa der Hoffenheimer Beck nach seiner schlechten Darbietung. Auch der Stuttgarter Stürmer Cacau stellte selbstkritisch fest, "dass es für mich nicht so gut gelaufen ist".
Bis Mai Chance zur Bewährung
30 Feldspieler plus vier Torhüter dürfen sich derzeit nach Auskunft von Löw noch Hoffnung auf eines der begehrten 23 WM-Tickets machen. 15 Spieler des Vize-Europameisters, angeführt von Kapitän Michael Ballack, haben acht Monate vor Turnierbeginn ihren Platz im 23-köpfigen WM-Kader wohl schon sicher. Für andere wiederum, wie etwa für Routinier Torsten Frings, wird es eine Zitterpartie. Im Mai 2010 wird Löw sein Aufgebot nominieren.
Löw, der in der WM-Qualifikation 27 Spieler eingesetzt hat, will sich bei der Besetzung seines WM-Kaders grundsätzlich aber noch alle Möglichkeiten offenhalten: "Es kann noch viel passieren." Deshalb wolle er nichts ausschließen, "wir würden uns ja selbst Chancen und Optionen verbauen".
In den kommenden Wochen und Monaten sollen die 30 WM-Kandidaten plus die vier Keeper Rene Adler, Robert Enke, Wiese und Neuer "ganz gezielt" beobachtet werden, erklärte der Bundestrainer. Man werde dann sehen, "wer in Frage kommt, bei einer WM eingesetzt zu werden". (sid)