Hamburg. Deutschland wird beim schwachen 1:1 im letzten WM-Qualifikationsspiel gegen Finnland ausgepfiffen, was Bundestrainer Joachim Löw und Kapitän Michael Ballack erbost. Dabei hat die DFB-Truppe die Qualifikation doch ohne Niederlage überstanden.

Über Begegnungen dieser Art lastet schon vor dem Aktivieren des Flutlichts der Schatten des Zweifels. Die deutsche Nationalmannschaft hat die Reise zur Weltmeisterschaft in Südafrika mit einem Triumph in Russland gerade gebucht. Die finnische Auswahl hat nichts mehr zu gewinnen und nicht einmal Sympathien im Stadion zu verlieren, weil die letzte Qualifikationspartie in Hamburg stattfindet. Sie endete 1:1 (0:1) und verdiente sich damit nicht einmal einen umfangreicheren Eintrag im Fußballgeschichtsbuch. Die dritte Niederlage in einer Runde auf dem Weg zu einer WM verhinderte Lukas Podolski mit einem sanften Roller zum Remis in Minute 90. Mehr Wucht und Witz hatte der Kommentar des Kölners nach Abpfiff: „Das war eines der schönsten Tore meiner Karriere.”

Frische Kräfte

Cacau und Lukas Podolski freuen sich über den Ausgleichstreffer.
Cacau und Lukas Podolski freuen sich über den Ausgleichstreffer. © AP

Ein lieber Verstorbener musste im Unterhaltungsgeschäft allerdings beklagt werden. In der 20. Minute war es vorbei mit der Hoffnung darauf, dass die durch die frischen Kräfte Andreas Beck, Arne Friedrich, Thomas Hitzlsperger, Cacau, Piotr Trochowski und Mario Gomez nach dem Moskau-Auftritt runderneuerte Nationalelf einfach frei aufspielen würde. Das Publikum entschied sich prompt dagegen, von grundsätzlicher nationaler Freude inspiriert auf reichlich Spaß für reichlich Eintrittsgeld zu verzichten und pfiff erstmals.

Das 1:0 für die bedächtig aus der Defensive heraus operierenden Finnen war zu diesem Zeitpunkt bereits gefallen. Roni Porokara hatte den Ball auf der linken Seite an Beck vorbei getrieben und in die Mitte geflankt. Roman Eremenko gewann aus der Distanz bestaunt vom deutschen Innenverteidigerduo das Kopfballduell gegen Philipp Lahm, und der vereinslose Jonatan Johannsson sorgte in seinem 100. Länderspieleinsatz für den Abschluss (16. Minute).

Viel mehr wurde in der ersten Halbzeit nicht auffällig. Vielleicht noch, dass der 38-jährige Jari Litmanen weder in seinem Auto noch in den zwei Dekaden seiner Profikarriere solche Freiräume am Schalthebel genossen haben dürfte. Joachim Löw führte das natürlich darauf zurück, dass es um die Konzentrationsfähigkeit nach der strammen Fokussierung auf die Aufgabe Russland nicht bestens stand. Der Bundestrainer legte aber dennoch ein gutes Wort für seine Elf ein: „Was die Qualifikation betrifft, hat diese Mannschaft keine Pfiffe verdient.”

Indisponierter Hitzlsperger

Es war nicht das Spiel von Mario Gomez.
Es war nicht das Spiel von Mario Gomez. © Bongarts/Getty Images

Nachdem der Bundestrainer in Runde zwei Mesut Özil und Christian Gentner für den indisponierten Hitzlsperger und den unkonzentriert um so etwas wie Dominanz bemühten Kapitän Michael Ballack aufs Feld geschickt hatte, erreichte die Qualität des Entertainments dank druckvolleren Engagements zumindest Vorabendserieniveau. Die 51 000 in der Arena zückten sogar die Deutschland-Fähnchen, bevor sie die größten Chancen und den Poldi-Kuller geboten bekamen. Özil in der 77. Minute, der für Gomez eingewechselte Miroslav Klose per Kopf und noch einmal Özil (beide 84.) fehlten Präzision und Glück. Podolski vollendete nach einer Vorlage Klose dagegen mit Leichtigkeit.

Dass er später ausdrücklich darauf hinwies, dass man die Qualifikation ohne Niederlage überstanden habe, „was vorher auch noch nicht viele Mannschaften geschafft haben”, hätte seinen Chef ein wenig aufmuntern müssen. Löw schien nachdenklich nach dem Erlebnis von Hamburg, diesem nicht lustvollen Spiel seiner Mannschaft, die allein das Schlimmste vermied, und nach der für ihn vielleicht seltsamen Reaktion der Fans. Er wolle sich jetzt, erklärte der Bundestrainer, „ein wenig geistig regenerieren”.