München. Nach der Pleite gegen England hat die deutsche Nationalelf wieder zurück in die Spur gefunden. Beim 4:1 gegen Italien zeigte sie eine starke Leistung.
Damit hatte wirklich niemand gerechnet. Keine 20 Minuten war das Länderspiel zwischen Deutschland und Italien alt, da schwappte bereits die erste La-Ola-Welle durch die Allianz Arena. Dabei gab es zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts zu bejubeln. Die 62.653 Zuschauer im nicht ganz ausverkauften Münchner Stadion hatten sich die Diskussion um das Stimmungstief von Berlin drei Tage zuvor offenbar zu Herzen genommen. Als die Fans in der 65. Minute zur zweiten Welle ansetzten, hatten sie dann auch tatsächlich reichlich Grund zum Feiern. Nach einer überzeugenden Vorstellung führte der Weltmeister gegen Angstgegner Italien bereits mit 3:0. Toni Kroos (24.), Mario Götze (45.) und Jonas Hector (59.) hatten den Vorsprung herausgeschossen, Mesut Özil (75.) erhöhte später per Elfmeter. Stephan El Shaarawy traf zum Endstand (83.). Das 4:1 (2:0) war der erste deutsche Sieg gegen Italien seit 1995.
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Bundestrainer Joachim Löw hatte sich schon vor dem Anpfiff überlegt, wie er die Stimmungsdiskussion der heimischen Fans beendet. So setzte der 56-Jährige auf den bajuwarischen Publikumsliebling Thomas Müller als Ersatzkapitän für den kniemaladen Bastian Schweinsteiger und im Sturm auf Bayerns Sorgenkind Mario Götze. Da Lokalmatador Manuel Neuer wegen eines Magendarmvirus bereits am Vortag abgereist war und durch Barcelonas Marc André ter Stegen ersetzt wurde, beließ es Löw allerdings bei diesem schlanken Zwei-Mann-Bayern-Block. Merkwürdig: Neben Neuer fehlte gegen die Squadra Azzurra auch Turins Sami Khedira im Kader. Doch einen Grund für die vorzeitige Abreise des Wahl-Italieners wollte der DFB auf Nachfrage zunächst nicht angeben, später hieß es dann, der Mittelfeldmann habe aufgrund leichter Oberschenkelprobleme passen müssen.
DFB-Elf überzeugt mit kontrolliertem Auftritt
Spätestens mit dem Anpfiff stellte sich aber nicht die Frage nach dem „Wer?“ sondern nach dem „Wie?“. Denn überraschenderweise setzten sowohl Löw als auch sein italienischer Trainerkollege Antonio Conte auf ein klassisches 3-4-3-System. Die Lieblingstaktik des gerade verstorbenen Johan Cruyff, dem vor dem Spiel mit einer Schweigeminute gedacht wurde.
Mit der andächtigen Ruhe von den Rängen war es allerdings relativ schnell vorbei. Anders als in Berlin gegen England, als sich die DFB-Auswahl auf ein wildes Wettschießen eingelassen hatte, überzeugte der Weltmeister in München in der ersten Halbzeit durch einen kontrollierten und konzentrierten Auftritt. Löws neuformierte Dreierkette mit Mats Hummels, Shkodran Mustafi und Antonio Rüdiger ließ im ersten Durchgang nicht eine einzige Torchance zu, während sich auf der Gegenseite der 38 Jahre alte Torwartgreis Gianluigi Buffon wie ein junger Knabe austoben durfte.
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Nach 23 Minuten nutzte allerdings auch die geballte Erfahrung des Torhütermethusalems nichts, als Toni Kroos aus ähnlicher Distanz wie drei Tage zuvor gegen England abzog. Wieder Kroos, wieder ein überlegter Schuss, wieder ein Tor und wieder das frühe 1:0.
Mario Götze antwortet auf lautstarke Kritik
Doch bevor nun auch wieder die Diskussion über die angeblichen Stimmungsschwankungen des deutschen Publikums aufkommen konnte, machte die deutsche Mannschaft ganz einfach das, was man nun mal vom Weltmeister erwartet: sie legte nach. Und passend zum Münchner Tatort war es diesmal Bayerns Götze (1,76 Meter), der nach herrlicher Flanke vom Clubkollegen Müller zum verdienten 2:0 einköpfte (45.). Es war Götzes perfekte Antwort auf die lautstarke Kritik, die vor allem der Ex-Münchner ARD-Experte Mehmet Scholl vor dem Partie in nur einem Satz zusammenfasste: „Der Mario müsste viel, viel mehr trainieren.“
Dass Götze auch auf der Bank der Bayern nichts verlernt hat, bewies er in der 59. Minute. Per Hacke spielte er Doppelpass mit Julian Draxler, der im Strafraum frei vor Buffon wiederum auf Jonas Hecor quer legte. Der Kölner Linksverteidiger erzielte aus elf Metern sein erstes Länderspieltor. Es war ein Gesamtkunstwerk.
Damit aber noch nicht genug. 15 Minuten vor Schluss holte Buffon den Hoffenheimer Sebastian Rudy im Strafraum von den Beinen. Den fälligen Elfmeter verwandelte Mesut Özil, der auf der ungewohnten Position im defensiven Mittelfeld spielte, souverän im Winkel (75.). „Oh, wie ist das schön“, sangen die Münchner Fans nun und ließen sich die gute Laune auch nicht durch den italienischen Ehrentreffer durch Stephan El Shaarawy verderben (83.). Am Ende feierte Deutschland den höchsten Sieg gegen Italien seit 1939. Damit hatte an diesem Abend wirklich niemand gerechnet.
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