Essen. . Die Fußballspiele in der Bundesliga und 2. Liga standen unter dem Eindruck der Attentate von Paris und des abgesagten Spiels gegen die Niederlande.

„Tore statt Terror“ stand auf manch einem T-Shirt, das Kölner Fußballfans beim Heimspiel gegen Mainz 05 trugen. Die Attentate von Paris sowie das abgesagte Länderspiel der Nationalmannschaft gegen die Niederlande in Hannover hielten die Anhänger nicht davon ab, in den Fußballstadien am Wochenende optisch und akustisch Farbe zu bekennen. Nicht nur für ihre Lieblingsvereine.

Blickpunkt Schalke

Nie zuvor war es in Gelsenkirchens Arena so still wie während der Schweigeminute vor dem Bundesligaspiel gegen Bayern München. Selbst ein Hüsteln wäre zu hören gewesen. Als die 60 Sekunden vorbei waren, schalteten viele Schalker Fans allerdings sofort in den Beleidigungsgang um: Manuel Neuer war wieder da – und seine ehemaligen Anhänger teilten dem Bayern-Torwart lautstark mit, was sie nach wie vor von ihm halten.

Die meisten Zuschauer waren früh angereist: Schon zweieinhalb Stunden vor Spielbeginn floss der Verkehr auf der Zufahrtsstraße von der Autobahn zur Arena nur zäh. Vor der Einfahrt auf den Parkplatz 4, auf dem unter der Woche der ausgerollte Arena-Rasen liegt, wurden die Kofferräume der Autos und die Taschen der Fahrer kon­trolliert. Allerdings nicht konsequent: Bei den Taschen galt ein Blick ins Mittelfach als ausreichend, und abgetastet wurden Stadionbesucher in diesem Bereich auch nicht.

Blickpunkt Hamburg

H. P. Baxxter verlieh der Bundesliga-Normalität am Freitagabend eine Stimme. Hans Peter Geerdes, wie der Frontmann der Techno-Clique mit bürgerlichem Namen heißt, hat irgendwann mit seinen Kumpanen den Song „One“ aufgenommen. Der Refrain wird im Volksparkstadion gespielt, wenn der HSV ein Tor erzielt. Also dröhnte unweigerlich ein langgezogenes „Yeah! Always Hardcore“ über die Lautsprecher, nachdem Pierre-Michel Lasogga gegen Borussia Dortmund einen Foulelfmeter zum 1:0 verwandelt hatte. Gut, nur wenige Stadionlieder sind noch gewöhnungsbedürftiger als jene von Scooter. Und okay, auch in Gladbach müssen Fans ein von dieser Band verbrochenes „Döp Döp Döp“ über sich ergehen lassen. Dennoch: Die Dudelei auf den Rängen wirkte in der 19. Minute wie ein Brustlöser. Sie stellte klar, dass es in den Stadien wieder um den Sport geht und nicht um die Angst vor Anschlägen.

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„Es war schwierig, den Fokus auf den Fußball zu bekommen“, sagte Ilkay Gündogan nach der 1:3-Pleite. Der Nationalspieler hatte zuvor Paris und Hannover hautnah miterlebt. So richtig wird der 25-Jährige erst im Ligaalltag angekommen sein, wenn er nach Dortmunder Toren im heimischen Tempel wieder „Olé, hier kommt der BVB“ zu hören bekommt. Allemal schöner als das Scooter-Bumm-Bumm.

Blickpunkt Mönchengladbach

Gegen den Terror arbeitete Borussias Ibrahima Traoré aktiv an. Der für Guinea kickende, aber in Frankreich aufgewachsene 27-Jährige hatte seine Familie kurzerhand aus Paris an den Niederrhein geholt. Seine Mutter Maniera, die Schwester, zwei Brüder und zwei Cousins sahen auch Traorés 1:0-Treffer gegen Hannover. „Paris ist meine Stadt, dort bin ich aufgewachsen – nur zehn Minuten von den Attentatsorten entfernt. Meine Familie wohnt noch dort“, erklärte der Offensivspieler. Vorerst bleiben die Angehörigen in Deutschland. „Mir ist es lieber so. Dann muss ich mir keine Sorgen machen“, betonte Traoré vor dem Champions-League-Heimspiel am Mittwochabend gegen den FC Sevilla.

Blickpunkt Köln

In der Domstadt wurden vor dem Heimspiel gegen Mainz elektronische Scanner eingesetzt. In erster Linie, um Rucksäcke und Taschen zu durchleuchten. Trotz des langweiligen 0:0 hob FC-Trainer Peter Stöger hervor: „Die Stimmung war positiv. Das ist der Weg, an dem wir uns orientieren sollten.“

Blickpunkt Frankfurt

Die Arena unweit des Flughafens wurde wenige Stunden vor dem Leverkusen-Match mit Hilfe von Sprengstoffspürhunden der Polizei vollständig durchkämmt. Gefunden wurde zum Glück allerdings nichts.

Blickpunkt Wolfsburg

An der Volkswagen-Arena am Mittellandkanal war die Polizeipräsenz beim Spiel gegen Werder Bremen sogar mit Maschinenpistolen auffällig. Autos, die auf den VIP-Parkplatz fuhren, wurden gründlich durchsucht.

Blickpunkt Stuttgart

Das sportliche 0:4-Desaster des VfB im schwäbischen Duell mit dem FC Augsburg startete aufgrund intensiver Kontrollen mit einer Viertelstunde Verspätung.

Blickpunkt Düsseldorf

Vor dem Zweitliga-Duell der Fortuna mit dem MSV Duisburg am Freitagabend bildeten sich an den Arenakassen lange Schlangen. In den Katakomben allerdings blieben die Einlasskontrollen äußerst lasch. Reporter gelangten ungehindert mit nicht durchsuchter Laptop-Tasche bis zur Duisburger Umkleidekabine. Die 44 zusätzlichen Ordner konzentrierten sich auf den VIP-Bereich. Dass MSV-Fans entgegen der Bitte im Vorfeld Bengalos gezündet hatten, kommentierte Klub-Sprecher Martin Haltermann so: „Das ist ein No-Go, unabhängig von der Situation. Bis auf eine Handvoll haben unsere 8000 Fans aber ein gutes Gespür gezeigt.“