Zürich. Sepp Blatter hört auf. Im Februar. Sollte Uefa-Chef Michel Platini wirklich neuer Fifa-Präsident werden, hätte das Folgen für den deutschen Fußball.

Nach der Geldschein-Attacke im eigenen Fifa-Haus darf sich Joseph Blatter zumindest bei seinem ersten Auslandstrip seit dem Fifa-Erdbeben wieder wie unter Freunden fühlen. Frei von Sorgen um ein mögliches "Reise-Risiko" wegen der US-Ermittlungen in der Fifa-Korruptionsaffäre fliegt der scheidende Weltverbandschef zur Auslosung der WM-Qualifikation ins ihm wohlgesonnene Russland.

Während der 79-Jährige gestärkt durch den Punktsieg über die europäischen Widersacher in die siebenmonatige Endphase seiner skandalumwitterten Ära geht, debattiert die Fußball-Welt über das Personalkarussell, das auch den DFB erfassen könnte.

DFL-Boss Rauball fordert Platini zu raschem Entschluss auf

Im historischen Konstantinpalast von St. Petersburg wird Blatter, der zuletzt auf Reisen nach Kanada und Neuseeland verzichtet hatte und auch nicht die IOC-Session in Malaysia besucht, am Samstag auf Michel Platini treffen. Der Uefa-Präsident ist in seiner Funktion zugleich Vorsitzender des WM-Organisationskomitees. In den kommenden Wochen will der Franzose die Entscheidung verkünden, ob er für das Amt des Fifa-Chefs kandidiert.

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Reinhard Rauball forderte Platini zu einem raschen Entschluss auf. Es sei "nun unumgänglich, dass sich potenzielle Nachfolger für das Amt des Fifa-Präsidenten unter Verzicht auf Taktiererei eindeutig und zeitnah bekennen", betonte der Ligapräsident. "Das gilt auch für Michel Platini."

Ernstzunehmende Bewerber fehlen bislang

Auf dem Zürichberg hatte dieser die Dutzenden TV-Kameras ignoriert und war ohne Wort zu seinen Ambitionen verschwunden. Dass sich die Exekutive mit dem 26. Februar für ein deutlich späteres Datum für die Wahl des neuen Präsidenten entschieden hatte, als es Platini präferiert hatte, schmeckte ihm sichtlich überhaupt nicht.

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Sein Sprecher Pedro Pinto machte nach dem Abrauschen seines Chefs folgende Rechnung auf: Platini müsse abwägen zwischen seiner "Liebe" zur Uefa und dem Ruf der vermeintlich politischeren Aufgabe bei der Fifa. Bislang fehlt damit weiterhin noch die klare Bewerbungsabsicht eines ernstzunehmenden Anwärters.

Niersbach könnte Uefa-Präsident werden

Der frühere Fifa-Vize Chung Mong Joon erklärte am Montag zumindest, eine Kandidatur zu erwägen. "Blatter macht mit der Fifa seit 40 Jahren, was er will. Er sagt zwar, er verlässt sie, aber es scheint nicht so, als ob er es wirklich tut", kritisierte der Südkoreaner.

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Als Favorit auf die Nachfolge des Schweizers gilt derzeit aber Platini. Sollte sich der Uefa-Chef zu einer Bewerbung entschließen, wären auch Konsequenzen für den Deutschen Fußball-Bund absehbar. Selbst wenn Wolfgang Niersbach betonte, sich "sauwohl" als Chef in der Frankfurter DFB-Zentrale zu fühlen, schmeichelt ihm die Rolle als möglicher Kronprinz seines Kumpels Platini. Eigene Ambitionen würde der frühere Sportjournalist nicht einfach so verkünden. Beispielsweise beim Treffen der Uefa-Exekutive am 17./18. September in Malta könnte er sich bitten lassen, das Amt offiziell anzustreben.

Strafantrag gegen Brodkin

Eine Woche später steht der nächste Funktionärs-Showdown beim Fifa-Exko an, dann soll auch die neue Task Force "Reformen" erste Ergebnisse liefern. Weiterhin unklar ist, welche unabhängige Person an der Spitze des Gremiums stehen soll, das knapp zwei Monate nach der Festnahme von sieben Fußball-Funktionären in Zürich die Fifa aus den Negativschlagzeilen hieven soll. Kritiker bringen den ehemaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan dafür ins Spiel. "Da sind Namen im Gespräch, da könnte ich Ihnen noch zwei, drei andere sagen", kommentierte Niersbach die Spekulationen.

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Blatter werde in den angestrebten Reformprozess nicht eingebunden werden, erklärte der DFB-Chef. Ob der Schweizer wirklich kein gewichtiges Wort sprechen wird, muss sich aber erst noch zeigen. Zumindest auf die Störung seiner Pressekonferenz, bei der Blatter vom britischen Komiker Simon Brodkin mit Dollarscheinen beworfen wurde, reagierte die Fifa deutlich: Der Weltverband stellte nach Polizeiangaben Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs. (dpa)