Montreal. . Nadine Angerer (36) beschert der den deutschen Frauen mit ihrer Klasse und ihrer Elfmeterparade gegen Frankreich den Einzug ins WM-Halbfinale. Gegen die USA kommt es auch zum Duell mit Hope Solo
Manchmal hilft es, mit Nadine Angerer nur ein bisschen zu reden. Über das, was passiert ist. Und über das, was noch alles geschehen kann. Am Tag danach obliegt es Michael Fuchs, das aufgewühlte Innenleben der deutschen Nationaltorhüterin wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Meist geschieht das in der Vormittagseinheit nach einem Spiel. „Die gehört dann der ‚Natze‘ und mir“, erzählt der Torwarttrainer.
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Fuchs hat viel Erfahrung darin, wie einerseits bei der Elfmeterheldin des Viertelfinaldramas gegen Frankreich (5:4 n.E., 1:1 n.V.) die Entspannung eingeleitet und andererseits die Anspannung für das anstehende Halbfinale gegen die USA (Mittwoch, 1 Uhr MESZ) beibehalten wird. „Wir bekommen das gut hin und haben feste Rituale entwickelt“, erzählt der 45-Jährige, der im Hauptberuf an der Bertolt-Brecht-Schule in Nürnberg Englisch und Sport unterrichtet und sich für diese Frauen-WM hat freistellen lassen.
"Natze" gibt sich bescheiden
Am Samstag haben die beiden auf dem Trainingsgelände des Stade de Soccer von Montreal lange zusammengesessen, um über die Erlebnisse im Olympiastadion zu sprechen. Über die Aufforderung der Bundestrainerin Silvia Neid, bitte zwei Elfmeter abzuwehren; über den mit dem Knie parierten Strafstoß von der letzten französischen Schützin, der 21 Jahre jungen Claire Lavogez; über den anschließenden Jubelsturm, dem später ein typischer Angerer-Spruch folgte: „Eigentlich bin ich zu alt für so was.“
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Die Erklärung der 36-Jährigen? „Ich hatte das Gefühl, dass sie Angst hat.“ Ihr Rezept? „Ich versuche lange stehen zu bleiben.“ Natürlich gab ihr der Vertrauensmann allerlei Tipps („Er heißt nicht nur so, er ist ein Torwarttrainer-Fuchs!“), aber letztlich habe er nur gesagt: „‘Natze‘, verlasse dich auf deine Intuition. Ob ich einen halte, ist dann immer die Sache.“
Nun hat die 144-fache Nationaltorhüterin zum Karriereende doch noch altbekannte Qualitäten wiederholt. So wie 2007 in China, als die Brasilianerin Marta im WM-Finale vergab. So wie 2013 in Schweden, als die Norwegerinnen Trine Rønning und Solveig Gulbransen im EM-Endspiel verzweifelten. „Es ist Wahnsinn, wie sie sich fokussieren kann“, findet der Torwartcoach.
Angerer passt in kein Schema
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Dabei war klar, dass es eine Gratwanderung werden könnte, die durch die vielen Pausen und Reisen beeinträchtigte Angerer wieder auf Höchstniveau zu trimmen. Die spontane Art der in kein Schema zu pressenden Sportlerin führt dazu, dass die Schwankungsbreite im Formaufbau mitunter groß ist. Runter und rauf – und dann im richtigen Moment ganz oben, das zieht sich durch ihre gesamte Vita.
Für Fuchs ist die Spielvorbereitung auf die USA deshalb vergleichbar „mit einer Prüfung, bei der sich man noch mal den ganzen Stoff durchliest.“ Im konkreten Fall stand am Sonntag als Punkt eins im Training Flanken schlagen an, weil die recht einseitige amerikanische Angriffsvariante ja vorzugsweise lange Flugbälle in den Strafraum auf Wuchtbrumme Abby Wambach vorsieht. Punkt zwei betraf die Qualität von Tausendsassa Alex Morgan, gerne aus spitzem Winkel ansatzlos scharf zu schießen.
Und dann gibt es ja noch jemand, auf den bei diesem Duell zwangsläufig geblickt wird. Angerers Gegenüber Hope Solo, ebenso ein Charakterkopf zwischen den Pfosten, nur völlig unterschiedlich. Fuchs will bei der in diverse Skandale verwickelten US-Ikone nur die sportliche Leistung bewerten – und die ist bislang wie bei Angerer über jeden Zweifel erhaben. „Ich habe Respekt, wie sich beide Torhüterinnen in ihrem Alter in dieses Turnier gearbeitet haben. Wir sehen die Teams mit den besten Torhüterinnen.“