Montreal. . Die ehemalige Nationalspielerin muss ihre Karriere beenden, weil das Knie kaputt ist. Bei der WM glänzt sie trotzdem - als TV-Expertin.

Silvia Neid hatte vorher gesagt, dass sie das grelle Scheinwerferlicht in dem abgedunkelten Pressesaal zu sehr blenden würde, um die Protagonisten auf den dunklen Klappstühlen zu erkennen. So hatte die Bundestrainerin zunächst nicht gesehen, dass sich am Tag vor dem WM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Frankreich in die dritte Reihe auch Kim Kulig gesetzt hatte, die aber nach der offiziellen Pressekonferenz noch im Raume blieb. So kam es zur zufälligen Begegnung. „Kim!“ rief Neid hocherfreut, um nach einer herzlichen Umarmung mal ein bisschen zu plauschen. Solche Begebenheiten spielen sich immer wieder bei dieser Frauenfußball-WM ab; ganz egal, ob in Ottawa, Winnipeg, Vancouver oder nun Montreal.

"Bin bei den deutschen Spielen immer noch sehr aufgeregt"

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Irgendwie gehört die 25-Jährige gefühlt also doch noch dazu, obwohl sie in einer völlig anderen Rolle auf der Bildfläche auftaucht. Als Expertin für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) tourt Kulig durch Kanada, gibt an der Seite von Moderator Sven Voss Kommentare und Einschätzungen ab. „Es ist super interessant und macht totalen Spaß. Ich habe gemerkt, dass es hinter der Kamera genauso gutes Teamwork braucht wie auf dem Platz“, erzählt sie, ertappt sich allerdings dabei, „dass ich bei den deutschen Spielen immer noch sehr aufgeregt bin.“

Doch als sie sich kürzlich in Winnipeg auf der TV-Plattform am Rande des Gruppenspiels China gegen Neuseeland in einer Sendepause fleißig Notizen zu den taktischen Formationen beider Teams machte, da konnte jeder merken: Da hat jemand die neue Aufgabe angenommen, die zunächst als Phase des Sich-Ausprobierens angelegt war.

Längerfristige Partnerschaft

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Beide Seiten können sich mittlerweile vorstellen, die Zusammenarbeit fortzusetzen. „Zuhause bekomme ich jedenfalls von meinen Freunden viel positive Resonanz“, erzählt Kulig lachend. Und ihre Gemütslage schlägt nicht mehr sofort um, wenn sie an das zurückdenkt, was sich vor vier Jahren bei einem WM-Viertelfinale ereignete. „Ich habe das inzwischen gut verarbeitet, aber an den Moment werde ich mich immer erinnern, weil der 9. Juli 2011 mein Leben verändert hat.“

Früh riss ihr damals im vermaledeiten Spiel gegen Japan (0:1 nach Verlängerung) das Kreuzband, dem viele Komplikationen und mehrere Operationen folgten. Aber es ging nichts mehr. Ihr Vertrag beim 1. FFC Frankfurt läuft am 30. Juni aus, dann wird das Karriereende verkündet. „Ich muss es akzeptieren, mein Fußballerdasein ist weit weg“, sagt sie Ein Gutes hat ihr Seitenwechsel ja: Sie ist beim WM-Finale dabei. Das ZDF überträgt – mit Kim Kulig.