Hamburg. . Paukenschlag am Millerntor: Der FC St. Pauli hat sich von Coach Frontzeck getrennt. Er wollte eine sofortige Vertragsverlängerung, die Hamburger ließen sich nicht unter Druck setzen. Sportchef Azzouzi sah keine Grundlage zur Zusammenarbeit mehr.

Beim FC St. Pauli ist die "heile Welt" auf einen Schlag in Unordnung geraten. Trotz des Mut machenden Saisonstarts mit Tabellenplatz acht und des erfolgreich eingeleiteten Umbruchs im Team gab der Fußball-Zweitligist am Mittwoch überraschend die sofortige Trennung von Trainer Michael Frontzeck bekannt.

"Wir sahen uns zu dem drastischen Schritt gezwungen, da uns Frontzeck mit der Forderung einer sofortigen Vertragsverlängerung unter Druck gesetzt hat. Der FC St. Pauli wird aber nie einem Ultimatum nachgeben", betonte Clubchef Stefan Orth bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz im Millerntor-Stadion.

In einer Nachtsitzung trafen das Präsidium und Sportdirektor Rachid Azzouzi die Entscheidung zur Beurlaubung "einstimmig" (Orth). Und konfrontierten den Coach am Morgen damit. "Es war überraschend - nicht nur für mich, sondern auch für die Leute, die mit mir zusammenarbeiten, und für die Mannschaft.

Aber es ist halt manchmal so", sagte Frontzeck der Nachrichtenagentur dpa. Er hatte am 3. Oktober 2012 den Posten von André Schubert übernommen, mit dem Kiez-Club den Klassenverbleib geschafft und im Sommer den Umbruch in Angriff genommen.

Frontzeck hat "auch uns überrascht"

"Der Klassenverbleib war zu großen Teilen Michaels Verdienst. Wir waren auch jetzt auf einem wirklich guten Weg. Aber der Trainer hat auch uns überrascht", sagte Azzouzi. Denn anders als bisher geplant erst im Winter wollte Frontzeck eine zeitnahe Vertragsentscheidung.

"Er hat gesagt, wenn wir jetzt nicht verlängern, dann macht er hier im Sommer nicht weiter. Da wollten wir einen klaren Schnitt", begründete Azzouzi die konsequente Entscheidung. Offenbar wollte man nicht denselben Fehler machen wie bei Vorgänger Schubert, mit dem die Zusammenarbeit trotz Meinungsverschiedenheiten und erheblicher Bedenken erst verlängert wurde, ehe man sich kurz drauf doch trennte.

Dass es zu Differenzen zwischen Coach und Vereinsführung gekommen sei, bestritten alle Beteiligten. "Es gab keine Auseinandersetzungen", betonte Orth, mit dem Frontzeck aber zumindest einmal öffentlich aneinandergeraten ist. Vor dem Auftaktspiel gegen 1860 München (1:0) hatte der Clubchef einen klaren Sieg angekündigt, für das Vorpreschen rüffelte ihn Frontzeck. Orth: "Danach haben wir das ausgeräumt."

Stanislawski wird prompt gehandelt

Der Verdacht, dass doch mehr gravierende Gründe als nur der von Frontzeck geforderte Vertrag den Ausschlag für die prompte Trennung gegeben hat, liegt dennoch nah. Denn erst Ende Oktober hatte Orth bei der Bekanntgabe des Konzernabschlusses für das Geschäftsjahr 2012/13 kritisch angemerkt, dass das Ende der Zusammenarbeit mit Andre Schubert einen weit höheren Jahresüberschuss als die 950 000 Euro nach Steuern verhindert habe. Nun schlägt die Trennung von Frontzeck ins Kontor.

Als sein Nachfolger wird bereits dessen Vor-Vorgänger Holger Stanislawski gehandelt. Der Ur-St.-Paulianer war in mehreren Funktionen fast 20 Jahre für den Kiez-Club tätig und ist derzeit arbeitslos. "Ich bitte um Verständnis, dass wir zu Namen nichts sagen. Wir müssen das jetzt erst mal sacken lassen", sagte Azzouzi. Gegen Cottbus am Montag trägt Co-Trainer Roland Vrabec die Verantwortung, anschließend ist auch in Liga 2 Länderspiel-Pause. (dpa)