Bochum. Im Fall Goretzka ist wieder eine Lösung in Sicht. Bochum und Schalke stehen vor der Wiederaufnahme von Verhandlungen über einen Transfer des Ausnahmetalents. Indes ist am Donnerstag Leon Goretzkas Zivilkllage beim Bochumer Arbeitsgericht eingegangen.

In das schier endlose Transfergerangel um Ausnahmetalent Leon Goretzka kommt wieder Bewegung. Goretzkas (Noch-)Arbeitgeber VfL Bochum und der Revierrivale Schalke 04 stehen unmittelbar vor der Rückkehr an den Verhandlungstisch.

"Wir geben uns derzeit größte Mühe, dazu beizutragen, dass es zu keinerlei Rechtsstreit in dieser Sache kommt", sagte Schalkes Sportvorstand Horst Heldt dem SID am Freitag, und auch sein Bochumer Amtskollege Christian Hochstätter signalisierte Verhandlungsbereitschaft. Man habe eine Schlichtung durch die Deutsche Fußball Liga (DFL) "angeregt", sagte er dem SID: "Wir sind kompromissbereit, aber nicht zu den Konditionen, die Schalke bisher aufruft." Auch er hofft 'im Interesse aller, dass dieser Fall nicht vor Gericht landet'.

Kurzzeitig schien es am Freitag, als könnten sich beide Seiten schon geeinigt haben. Goretzka, so bestätigte Hochstätter, werde am Sonntag nicht mit dem Team ins Trainingslager nach Willingen reisen. Doch erledingt hat sich die Personalie noch nicht, denn Hochstätter beeilte sich zu betonen: "Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Leon hat nächste Woche in der Schule zwei wichtige Prüfungen. Da besteht Anwesenheitspflicht."

Goretzka lässt seinen Worten Taten folgen

Dass Goretzkas Liebe zum VfL, dessen Spiele er schon als Kind im Stadion verfolgt und bei dem er alle Jugendmannschaften durchlaufen hat, bis auf Tiefkühlniveau erkaltet ist, bekam der Klub am Freitag quasi schriftlich. Die Zivilklage des 18-Jährigen liegt dem Arbeitsgericht Bochum seit Donnerstagnachmittag vor. Mögliche Hoffnungen in der VfL-Chefetage, Goretzka könnte doch nur Worte als Druckmittel nutzen und nicht Taten, waren damit verflogen.

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"Das ändert gar nichts", sagte Hochstätter allerdings, als er am Freitagmittag erstmals von der Existenz der Klage erfuhr. Bislang lag dem Klub nur eine "Absichtserklärung" von Goretzkas Anwälten vor. Doch der Junioren-Nationalspieler meint es ernst. Goretzka will unbedingt sein unbestritten riesiges Talent künftig nicht mehr in der 2. Liga, sondern im Oberhaus und in der Champions League unter Beweis stellen.

Worum es genau geht in dem Streit, wissen nur wenige Eingeweihte, denn die entscheidenden Vertragsdetails sind nach wie vor unter Verschluss. Schalke geht von der Existenz einer Ausstiegsklausel in Höhe von 2,8 Millionen Euro aus, Bochum von der Gültigkeit seines noch bis 2016 laufenden Arbeitspapiers unabhängig von jeglicher angeblich fixierter Ablösesumme. Der Rest bewegt sich im Bereich von Spekulationen.

Angeblich soll es eine Ausstiegsklausel geben, die aber nach Auffassung des VfL ihre Gültigkeit verloren hat, weil gegen eine ebenfalls vertraglich fixierte Schweigeklausel verstoßen worden sein soll. Ob die Haltung der Bochumer nur den verzweifelten Versuch darstellt, eine im vergangenen Jahr bei der vorzeitigen Vertragsverlängerung mit Goretzka erstaunlich niedrig angesetzte Ausstiegssumme zu korrigieren, ist unbekannt.

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Ertrag aus Goretzka-Transfer könnte sich auf lange Sicht verdoppeln

Der Spieler selbst äußert sich zu seinem Fall nicht. Anfragen nach den Trainingseinheiten, die er mit dem Bochumer Team mittlerweile so absolviert, als sei nichts gewesen, beantwortet er mit einem Kopfschütteln. Ihm dürfte Hoffnung machen, dass wirklich alle Beteiligten von seinem Wechsel profitieren würden - selbst der VfL, der auch knappe drei Millionen Euro angesichts einer sehr angespannten Kassenlage gut gebrauchen könnte. Und nach SID-Informationen könnte sich diese Summe, sollte es zu einer Einigung mit Schalke auf Grundlage des alten VfL-Vertrages kommen, über Erfolgsklauseln und Beteiligungen an einem möglichen Weiterverkauf langfristig mehr als verdoppeln.

Und Schalke? Was Goretzka so wertvoll macht, hat er in nur 32 Einsätzen für den VfL in der abgelaufenen Zweitliga-Saison eindrucksvoll bewiesen. Zu den durchaus bei mehreren deutschen Top-Talenten vorhandenen Qualitäten - gute Technik, hervorragendes Spielverständnis, riesiger Lerneifer - gesellt sich bei Goretzka eine Begabung, die ihn in seiner Alterklasse wohl einmalig macht: Er besitzt eine enorme körperliche Präsenz. Peter Neururer bezeichnet Goretzka als "Jahrhunderttalent". Der VfL-Coach, der gerne mal übertreibt, könnte mit dieser Einschätzung tatsächlich richtig liegen. (sid)