Leverkusen. . Werder Bremen verliert bei Bayer Leverkusen mit 0:1 und steckt tiefer denn je im Abstiegskampf. Aber die Fans feiern Trainer Thomas Schaaf sogar noch lange nach Spielschluss. Das beeindruckt auch den Vorstand. „Es wäre Nonsens, jetzt den Trainer zu wechseln“, sagte Sportvorstand Thomas Eichin.
Im Gang neben seinem Vip-Bereich hat der Sportverein Bayer 04 Leverkusen ein Trikot von Werder Bremen hinter Glas ausgehängt. Das Hemd ist ein Originalstück, es stammt aus dem DFB-Pokalfinale von 2009 und trägt alle Autogramme des Siegers. Auch das des Mannes, der das entscheidende 1:0 für Werder schoss. Mesut Özil hat sich seitdem zu einem Stern des Weltfußballs entwickelt, er leuchtet aus Madrid herüber und längst überstrahlt er seine alte Bremer Heimat. Dort drohen im Jahr 2013 sogar die Bundesliga-Lichter auszugehen. Umso bemerkenswerter ist das, was nach dem Bremer 0:1 bei Bayer 04 Leverkusen passierte.
„Nonsens, den Trainer zu wechseln“
Das Spiel war seit einer halben Stunde schon wieder Geschichte, es war gesagt worden, was zu sagen und mit Blick auf die Tabelle festgehalten worden, was festzuhalten war: Die Niederlage – ein wenig unglücklich zustande gekommen, gleichwohl verdient – hatte die Lage der Bremer im Tabellenkeller zugespitzt, weil gleichzeitig die unverdrossen kämpfenden Augsburger wieder mal einen Sieg gelandet hatten.
Elf Punkte Vorsprung hat Bremen seit der Winterpause gegenüber dem FCA verspielt, nach zehn sieglosen Spielen in Serie zittert sich das Team mit seinen 32 Punkten den letzten drei Spielen entgegen, im Nacken dieses Team aus dem Süden, das bravourös kämpft, das gelegentlich siegt und es deshalb jetzt auf 30 Zähler bringt. Werder droht die Relegation, Werder droht der direkte Abstieg, alles ist plötzlich möglich, und deshalb hat Werder Angst.
Und deshalb diskutiert Werder über den Job von Trainer Schaaf.
Doch dann kam diese halbe Stunde nach Spielschluss. Zur Pause hatten die 2500 Bremer im Stadion begonnen, ihre Elf anzufeuern. Sie hielten das durch, ohne bis zum Schlusspfiff eine Sekunde Pause zu machen, und als das Spiel beendet war, sangen sie einfach weiter. So entstehen große Dinge, der mitreißende Hit „Sing, Sing, Sing“, das Glanzstück der Swing-Ära, entstand, weil der Schlagzeuger Gene Krupa eines Tages nach dem Ende des Stücks einfach weiter spielte, bis die Band wieder einfiel und so etwas Neues von großer Kraft schuf.
So etwas ähnliches gelang den Bremer Fans, sie besangen ihr Team und ihren Trainer Thomas Schaaf nach Spielschluss einfach weiter, ohne Pause, zehn Minuten lang, zwanzig und dreißig. Dann kamen eine verwunderte Mannschaft und ein beeindruckter Trainer aus der Kabine und bedankten sich. Den so besonnenen und gerne ein wenig knorrigen Schaaf hat das nicht kalt gelassen, er sprach später von einem „großartigen und einzigartigen“ Moment, und das will bei einem wie ihm viel heißen.
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Umstrittener Elfmeter
Es ist durchaus möglich, dass der Bremer Anhang die Stimmung bei den Entscheidern maßgeblich beeinflusst hat. „Es wäre Nonsens, jetzt den Trainer zu wechseln“, sagte Sportvorstand Thomas Eichin. Schaaf wird also am Samstag gegen Hoffenheim auf der Bank sitzen, es ist für Werder und für ihn eine enorm wichtige Partie. Vielleicht übersteht Schaaf sogar noch ein siegloses Spiel, er ist in Bremen eine Institution, und der Auftritt der Fans ist in Zeiten, in denen woanders wohl der Mannschaftsbus an der abfahrt gehindert worden wäre, ein Indiz dafür, dass man nicht vergessen will, was Schaaf in 14 alles in allem erfolgreichen Jahren geleistet hat.
Wenn es nur sportlich besser liefe. Auf dem Platz lieferte Bremen die Argumente pro Schaaf, die es im Moment liefern kann. Sie sind begrenzt, die Elf kämpfte, stand sogar hinten solide und verlor durch Stefan Kießlings umstrittenen Elfmeter etwas unglücklich. Aber sie besaß nie eine echte Chance, in Leverkusen zu punkten.
Das war mal anders. Doch der Glanz von 2009 ist verblasst, Mesut Özil ein ferner Stern am Himmel. So fern, er wird nicht einmal den Gesang der Fans gehört haben.