Leverkusen. Nach der pyrobedingten Unterbrechung im Bundesligaspiel zwischen Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt ist ein neuer Tiefpunkt der Sicherheitsdiskussion erreicht. Mit der Bestrafung durch Reduzierung der Kartenkontingente, Geisterspielen und der nächsten Stufe des Punktabzugs treffe man ausnahmslos die Falschen, meint Bayer 04-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser.

Herr Holzhäuser, die Ausschreitungen von Frankfurter Randalierern am Samstag in Leverkusen waren ein neuer Tiefpunkt in der Sicherheitsdiskussion, die eigentlich beendet schien. Hat Sie das Ausmaß überrascht?

Wolfgang Holzhäuser (Geschäftsführer Bayer Leverkusen): Das hat mich schon überrascht. Ich glaubte, dass durch den Dialog eine Entspannungssituation entstanden ist. Umso bedauerlicher ist es, wenn eine sehr kleine Gruppe das alles auf den Kopf stellt. Da sind Raketen direkt auf das Spielfeld neben die Spieler geflogen. Das sieht erst mal alles nicht dramatisch aus - kann aber auch mal einen Spieler treffen, das ist versuchte Körperverletzung.

Eintracht Frankfurt droht ein Geisterspiel, Leverkusen ebenfalls eine Geldstrafe.

Holzhäuser: Ich halte es für falsch, dass die Vereine für das Vergehen Einzelner in Haftung genommen werden - wobei es im Moment wenig Alternativen gibt. Wir sind uns einig, alle Anstrengungen zu verfolgen, um die Verursacher zu erwischen und nicht unbeteiligte Dritte zu bestrafen. Das Problem ist oft, die Identität der Leute festzustellen.

Der Deutsche Fußball-Bund hat deutlich gemacht, nur die Identifizierung der Täter könne drakonische Strafen noch abwenden.

Holzhäuser: Diese Dynamik der Bestrafung mit Reduzierung der Kartenkontingente, Geisterspielen und der nächsten Stufe des Punktabzugs - man trifft damit ausnahmslos die Falschen. Man hat vielleicht in der Vergangenheit etwas versäumt, präventiv die Verursacher zu erwischen, und zu wenig Kraft investiert. Aber es macht sich ein Sinneswandel breit.

Was hat sich geändert?

Holzhäuser: Die Rechtsprechung hat sich gewandelt. Die Gesamtschuld in der Haftung ist anerkannt. Früher konnte man auch einen einzelnen Täter nicht mit der vollen Strafe belangen - jetzt kann dieser für den gesamtem Betrag in Haftung genommen werden. Der muss dann für die anderen mitbezahlen.

In Leverkusen gibt es Überlegungen, die Strafe auf die Eintrittspreise für Gäste umzulegen. Warum?

Holzhäuser: Für den Fall, dass wir die Identität nicht feststellen können, bleibt uns nichts anderes übrig. Ich halte das für die bessere Maßnahme, als die Zuschauer auszusperren. Auch die Sportgerichte sollten das anerkennen, dass wir anstatt einer Platzsperre oder einer Kontingentierung lieber die Strafe umlegen - das ist die weniger eingreifende Möglichkeit, jemanden zu bestrafen, als das Stadion leer zu lassen. So wird dem Zuschauer die Wahl gelassen. Natürlich soll damit auch eine Selbstregulierung und Isolierung der Täter erreicht werden.

Falls dies keine Wirkung zeigt: Ist der erneute Einsatz von Ganzkörperkontrollen eine Option?

Holzhäuser: Als Veranstalter haben wir das Recht und bei begründetem Tatverdacht sogar die Pflicht, Ganzkörperkontrollen durchzuführen, weil wir im Schadensfall auch dafür haften. Aber das kann allein natürlich nicht dazu führen, dass man Personen willkürlich untersucht. Es kann aber durchaus sein, dass ein Besucher bei der Kontrolle den Eindruck erweckt, dass er etwas versteckt - das kann dann auch ein Tatverdacht sein. Deshalb brauchen wir bestens ausgebildete Ordner. (sid)