Leverkusen. . Nach der pyrobedingten Unterbrechung im Spiel zwischen Leverkusen und Frankfurt (3:1) erwägt Bayer 04-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, höhere Kosten für Sicherheitsausgaben und Verbands-Strafen auf Ticketpreise umzulegen. Das DFB-Sicherheitskonzept bezeichnet er als „heißen Luftballon“.
Wieder einmal geriet das Sportliche in den Hintergrund, wieder einmal suchten sich Fußballanhänger die Bundesliga-Bühne aus, um Unruhe zu stiften. Die Debatte um die Sicherheit in deutschen Stadien hält an und ist nach dem 18. Spieltag um Gesprächsstoff reicher. Schiedsrichter Wolfgang Stark (Ergolding) musste die Begegnung zwischen Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt nach einer Viertelstunde unterbrechen, nachdem nicht nur Bengalos und Böller aufs Spielfeld geworfen, sondern auch Silvesterraketen aus dem Gästeblock in die Höhe abgefeuert wurden.
Auch in der zweiten Hälfte knallte es vor der SGE-Kurve: Eigentlich wollten zahlreiche Heimfans den 3:1-Sieg ihrer „Werkself“ feiern, doch bereits nach einer Stunde Spielzeit lichteten sich nach und nach die Reihen, die sich neben dem Gästeblock befanden. Zu unsicher, zu unberechenbar empfanden zahlreiche Anhänger die Lage in der BayArena.
Auch in der Mixed Zone beherrschte nach Abpfiff nur ein Thema die Gespräche zwischen den Funktionären. Für Wolfgang Holzhäuser handelt es sich bei den Störenfrieden zwar ganz klar um eine Minderheit, doch der Bayer04-Geschäftsführer erwägt, höhere Kosten für Sicherheitsausgaben und DFB-Strafen auf Ticketpreise umzulegen.
Herr Holzhäuser, wie wichtig war der 3:1-Sieg Ihrer Mannschaft gegen die Eintracht?
Wolfgang Holzhäuser: Frankfurt hat ein gutes Spiel gemacht bis zum 1:0. Wir hatten unterm Strich vielleicht die reifere Spielanlage. Wir haben nämlich als es drauf ankam, die Chancen genutzt. Nach dem 2:0 hätten wir einige Konter besser ausspielen können. Eintracht Frankfurt lag mit dem 3:0 zwischendurch sicherlich etwas zu hoch zurück. Frankfurt hat eine gute Spielanlage, aber das war nicht zwingend. Ingesamt war der Sieg verdient.
Zu den negativen Begleiterscheinungen, der Spielunterbrechung. Es gab „12:12“, das neue Sicherheitskonzept – wie fühlt man sich heute als Mitbeteiligter?
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Holzhäuser: Mitinitiator des Konzeptes war ich nicht. Das ganze Konzept, das ist ein heißer Luftballon, weil dort Dinge gesagt werden, die selbstverständlich sind. Mich stört es immer wieder, dass ein Großteil, ich sage einmal 90 Prozent der Zuschauer - selbst die Fangruppen von Eintracht Frankfurt – friedliebend sind. Die wollen das gar nicht. Eine kleine Minderheit zeichnet ein Bild, das der Allgemeinheit nicht gerecht wird. Aber wir müssen irgendwie damit fertig werden. Es zeigt sich wieder einmal mehr – und dabei bleibe ich: Mit Leuten, die so etwas machen, gibt es keinen Dialog. Wer mir sagt, wir sprechen nur mit euch, wenn ihr Pyro zulasst, und die andere Seite sagt, wir lassen Pyro nicht zu, gibt es keinen Raum für einen Dialog. Wichtig ist, dass wir hinter den Unbeteiligten die Verursacher erwischen. Vor dem Gästeblock haben wir praktisch während der ersten Aktion per Video zwei Personen identifiziert. Wir wissen, wer es war und versuchen jetzt, den Namen festzustellen. Auch zu den Böller-Vorfällen gibt es den ein oder anderen, den wir erwischt haben. Wie man da jetzt vorgeht, weiß ich nicht. Ich sehe nicht ein, dass ich eine wahrscheinlich sechsstellige Strafe selbst bezahle. Ich werde mit der DFL sprechen, ob man in diesem Fall die Kosten, die auf uns zukommen, für Eintracht Frankfurt, auf die Zuschauer umlegt.
Werden sie auch mit dem eigenen Sicherheitsdienst sprechen?
Holzhäuser: Was wollen sie mit dem eigenen Sicherheitsdienst machen? Wenn der Sicherheitsdienst die Hand zu fest an den Körper legt, sind die Leute sofort erschrocken und sprechen von irgendwelchen Grundgesetzbestimmungen. Tut mir leid, ich halte das für lächerlich! Ich bleibe auch dabei, dass man die Möglichkeit haben muss, jemanden ganz zu untersuchen, wenn der konkrete Verdacht besteht, dass Gegenstände ins Stadion gebracht werden, die man gesetzeswidrig verwenden will. Aber nochmals: Wir hatten heute nicht den geringsten Ansatz dafür. Der Ordnungsdienst, das habe ich mir angeschaut, hat sehr gut gearbeitet. Sie können nicht all diese kleinen bleistiftdicken Dinger erwischen. Das ist ganz schwierig und wird nicht vermeidbar sein. Das ist traurig, ganz traurig. Aber wir sollten hier nicht vergessen, dass ist eine Promillegröße, die so etwas macht. Ansonsten sind friedliebende Leute im Stadion. Die wollen nichts anderes, als Fußball schauen.
Sie leiten einen Verein, der in der Vergangenheit schon einmal verstärkte Kontrollen eingeführt hat. Fühlen sie sich bestätigt?
Holzhäuser: Ach, das wäre jetzt zu banal und auch nicht fair, wenn man so etwas sagen würde. Damals hatten wir Hinweise aus der Frankfurter Ultraszene, dass über Frauen und Kinder Gegenstände ins Stadion geschleppt werden sollen. Diesen Hinweis hatten wir diesmal überhaupt nicht. Man muss mit diesem Instrument der Körperkontrolle sehr sehr distanziert umgehen. Das ist mein Job, das hier vorsichtig zu machen. Aber ich wiederhole mich: Wir haben nicht nur das Recht auf Körperkontrolle, sondern auch die Pflicht auf Körperkontrolle. Denn, wenn ich nicht untersuche und es passiert etwas, hafte ich persönlich dafür. Deshalb sind wir verpflichtet, so etwas zu tun.
Es gab diesmal keine Körperkontrollen?
Holzhäuser: Körperkontrollen ja, aber keine über das übliche Maß hinaus.
Herr Holzhäuser, wenn das Sicherheitskonzept denn greift...
Holzhäuser: ...welches Konzept denn? Wenn Fanbeauftrage Protokolle schreiben für Sicherheitsbesprechungen?
Die Möglichkeit der Reduzierung der Auswärtskontingente.
Holzhäuser: Ich könnte mich mit dem Gedanken anfreunden, die entstandenen Kosten und Strafen auf den Zuschauer umzulegen. Dann muss man eben drei Euro beim nächsten Mal mehr bezahlen – und wenn es dann glimpflich ausgeht, dann ist der Preis beim nächsten Mal wieder normal. So geht es nicht weiter. Man muss sich in der Tat Gedanken darüber machen, ob man Ausnahmen zulässt wie große Fahnen, worin Gegenstände versteckt werden. Es ist sehr bedauerlich, dass einige wenige Leute - lassen wir es mal 15 bis20 sein - hier Eintracht Frankfurt insgesamt in Verruf bringen. Das ist traurig.
Könnten sie sich mit dem Gedanken anfreunden, das nächste Heimspiel gegen Frankfurt ohne Eintracht-Fans austragen zu lassen?
Holzhäuser: Es ist nicht meine Aufgabe, das zu beurteilen. Grundsätzlich muss man versuchen zu verhindern, dass einige Wenige den Fußball in Misskredit bringen. Das ist die Zielrichtung. Wenn man Zuschauer aussperrt, wird man das Ziel damit nicht erreichen. (aufgezeichnet von Francois Duchateau)