Leverkusen. Wieder Pyro-Randale in der Bundesliga: Beim Spiel von Bayer Leverkusen gegen Eintracht Frankfurt zündeten Eintracht-Fans Pyros und Silvesterraketen. Bayer-Chef Wolfgang Holzhäuser will die Strafe, die der Verein zahlen muss, künftig auf die Tickets für Gästefans aufschlagen.
Stadionverbot, lebenslänglich, mindestens - das ist die Standardforderung, wenn Clubverantwortliche nach einem angemessenen Umgang mit Pyro-Randalierern gefragt werden. Ob das umsetzbar ist, spielt keine Rolle. Schließlich verfügen längst nicht alle Vereine über die notwendige Technik, um Täter zu identifizieren. Und selbst wenn es dank hochauflösenden Kameras gelingt, den Tätern ein Gesicht zu geben, müssen diesen Gesichtern noch Namen zugeordnet werden - was längst nicht immer klappt.
Bayer Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, sonst auch ein Freund drastischer Bestrafungen der Einzeltäter, hat eine neue Sanktionsform ins Spiel gebracht, nachdem Eintracht-Frankfurt-Fans beim Spiel in Leverkusen (3:1) Pyros und Silvesterraketen gezündet haben: Holzhäuser fordert, die meist fünfstellige Strafe, die die Deutsche Fußball-Liga (DFL) den Vereinen auferlegt, auf die Ticketpreise umzulegen.
Im konkreten Fall bedeutet das: Wenn Eintracht Frankfurt nächstes Mal zum Auswärtsspiel nach Leverkusen reist, müssen die Fans wohl einen höheren Eintrittspreis zahlen. Denkbar sei, so Holzhäuser, eine Erhöhung um drei bis fünf Euro pro Gästeticket.
Zweifel an der Umsetzbarkeit des Holzhäuser-Plans
Willi Lemke, Aufsichtsratsvorsitzender bei Werder Bremen, hält dies für eine "kreative Idee", aber auch für rechtlich problematisch und ungerecht. "Da waren ein paar, die die Raketen abgefeuert haben, aber auch 4000 andere Fans aus Frankfurt, die so auch bestraft würden", sagte er am Sonntag im "Doppelpass" des Fernsehsenders Sport1. "Nach unserem Rechtssystem ist das nicht möglich."
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Auch bei der DFL scheint man von Holzhäusers Plan nicht vollständig begeistert zu sein. DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig erklärte: "Die DFL hält am eingeschlagenen Weg von Austausch und Dialog mit den Fan-Organisationen fest." Vereine und Verbände seien sich aber darüber einig, dass die täterorientierte Bestrafung im Vordergrund stehen muss."
Fans lehnen Holzhäusers Vorstoß als "Kollektivstrafe" ab
Noch deutlicher werden die Fans: "Solche Kollektivbestrafungen lehnen wir ab", sagte Marco Blumberg, Leiter der BVB-Fanabteilung, "das passt juristisch nicht." Lieber sollten die Vereine alles daran setzen, die Täter zu identifizieren und dann zivilrechtlich Ansprüche gegen Einzelne geltend machen.
Neue Pyrovorfälle überraschen Fan-Forscher Pilz
Die erneute Pyro-Randale während eines Bundesliga-Spiels ist ein Rückschlag für Vereine und DFL. Sie hatten erst im Dezember ein vieldiskutiertes Sicherheitskonzept verabschiedet, in dem eine einheitliche Linie im Umgang mit Problem-Fans festgelegt worden ist. Der Text war entschärft worden, nachdem Fans in vielen Stadien gegen die strengen Regeln protestiert hatten.
Dass trotz Einigung nun doch wieder Pyros im Stadion gezündet wurden, verwundert nicht nur die Vereine, sondern auch ausgewiesene Experten. "Mich hat in der Tat überrascht, dass es wieder zu Pyrovorfällen gekommen ist", sagt der Fan-Forscher und Sportsoziologe Gunter Pilz. Dennoch bleibt er vorsichtig optimistisch: "Wenn man sich auch von den jüngsten Vorfällen nicht beirren lässt, und Verein wie Fans drauf auch eindeutig reagieren, könnte ein Ende des Eiszeit in Sicht sein."
DFB ermittelt gegen Eintracht-Frankfurt-Fans
Der DFB hat unterdessen Ermittlungen gegen Fans von Eintracht Frankfurt eingeleitet, die für die Pyro-Zündeleien verantwortlich sein sollen. "Wir hoffen, dass mit Hilfe der Polizei und der Vereine die Täter identifiziert werden können und auch gezielt gegen einzelne Chaoten vorgegangen werden kann", sagte DFB-Mediendirektor Ralf Köttker.
Dem Verein droht eine hohe Geldstrafe und ein Geisterspiel, weil die Eintracht-Fans schon mehrfach negativ aufgefallen sind. Ein Punktabzug kommt für das Sportgericht aber nicht infrage. Man wolle mit einem Urteil wegen Zuschauerausschreitungen nicht in den sportlichen Wettbewerb eingreifen, sagte Hans E. Lorenz, Vorsitzender des Sportgerichts beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), dem "Kicker". (mit dpa und sid)