Essen. Der “zwölfte Mann“ kam bei den Dienstagspartien der ersten und zweiten Liga mit Verspätung ins Spiel. Die ersten 12:12 Minuten schwiegen die Fans, um gegen das DFL-Sicherheitspapier zu protestieren - und ernteten damit viel Aufmerksamkeit von Spielern und Trainern.

Stille als lauter Protest: Mit ihrem bedrückenden Stimmungsboykott von 12 Minuten und 12 Sekunden haben sich die Fußball-Fans in der ersten und zweiten Liga für alle "unüberhörbar" gegen das umstrittene Sicherheitskonzept zur Wehr gesetzt.

Beim Auftakt der Aktion mit dem Motto "Ohne Stimme - keine Stimmung", die die Stadion-Atmosphäre auch an den kommenden zwei Spieltagen prägen wird, erfreuten sich die Anhänger über viel Solidarität von den Rängen, sodass die Verbände weiter unter Zugzwang geraten sind. Die Spieler und Trainer agierten derweil zwischen Verständnis und Verwirrung.

"Ich habe mich erst gewundert, weil ich nicht wusste, worum es geht. Das musste ich mir erstmal auf der Bank erklären lassen. Ich dachte zuerst, sie protestieren, weil wir in Düsseldorf so schlecht gespielt haben", sagte Hamburgs Trainer Thorsten Fink.

Spätestens seit Dienstagabend dürften aber alle wissen, worum es geht. "Der Protest soll den Vereinen vor Augen führen, wie die Situation sein würde, wenn wir nicht da wären", sagte Philipp Markhardt, Sprecher der verantwortlichen Fan-Initiative "12:12".

Nur in Hannover wurde kurz gejubelt

In allen acht Partien der ersten und zweiten Liga verzichtete das Gros der Fans zunächst auf Gesänge und Choreographien, erst nach Ablauf von 12:12 Minuten wurde es laut in den Arenen.

Einzig in Hannover unterbrachen die 96-Anhänger nach dem 1:0 durch Mame Diouf in der vierten Minute kurz ihr Schweigen. Besondere Gänsehaut verbreitete die Stille in der mit über 80.000 Besuchern gefüllten Dortmunder Arena. Die berüchtigte Südtribüne bekam für ihre Protestaktion aber viel Applaus von den Besuchern auf den teureren Plätzen auf den Geraden.

Kehl sprach von komischem Gefühl

BVB-Kapitän Sebastian Kehl sprach hinterher von einem "komischen Gefühl" und meinte: "Sie wollten mit dieser symbolischen Zeit 12:12 ein Zeichen setzen. Das haben nicht nur unsere Fans getan, sondern sehr viele in der Bundesliga. Es ist ein Zeichen der Fans zum DFL-Papier."

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Das umstrittene Konzept, über das am 12. Dezember in Frankfurt/Main die 36 Profiklubs in ihrer Mitgliederversammlung abstimmen werden, bedrohe nach Ansicht vieler organisierter Gruppen die Fankultur in Deutschland. Als Entgegenkommen der Deutschen Fußball Liga (DFL) soll das Konzept im Vorfeld allen Fans zugänglich gemacht werden. Im Laufe des Donnerstags sollen laut DFL die entsprechenden Anträge des Ligavorstandes auf der Internetseite bundesliga.de online gestellt werden.

Kluft zwischen Anhängern und Verbänden

Das alleine wird sicher nicht ausreichen, um die Kluft zwischen Anhängern und Verbänden zu überwinden. "Auf jeden Fall haben DFL und DFB jetzt mitbekommen, dass selbst rivalisierende Fangruppen in dieser Sache an einem Strang ziehen. Das wird die Herren sicher beeindruckt haben", sagte Ben Praße von der Initiative "Unsere Kurve".

Die Sorge wäre zumindest nicht unbegründet. Für den Fall, dass auch das überarbeitete Sicherheitskonzept bei den Fanorganisatoren auf Ablehnung stößt, droht der Stimmungsboykott zum Dauerthema zu werden. "Sollten wir unsere Ziele bis zum 12. Dezember nicht erreichen, könnte es weitergehen", kündigte Markhardt an. (sid)