Essen. Sechs Trainer debütieren in der Bundesliga. Über das harte Geschäft wird geklagt - doch die Gründe für die Wechsel sind verschieden.

Marco Roses Puls wird vermutlich rasen, wenn er in knapp drei Wochen vor dem Anpfiff durch den Spielertunnel des Gladbachers Stadions geht. Der Trainer erlebt dann nicht nur sein Bundesliga-Debüt für Borussia Mönchengladbach. Er kommt sogar zum ersten Mal überhaupt in den Genuss, eine Partie in der höchsten deutschen Spielklasse als Trainer zu verfolgen.

Ein bemerkenswertes Doppeldebüt, das in der kommenden Spielzeit aber gar nicht selten vorkommt.

Denn Rose könnte auch mal rüberschielen in die andere Coaching Zone. Da müsste der Puls bei David Wagner ebenfalls ungekannte Höhen erreichen, denn auch er erlebt gleichzeitig seine Premiere als Schalke- und Bundesligatrainer. Gleiches gilt beim Start für Ante Covic (Hertha BSC), Alfred Schreuder (TSG Hoffenheim), Achim Beierlorzer (1. FC Köln) und Oliver Glasner (VfL Wolfsburg). Das Trainerkarussell rattert häufig schnell. Doch in diesem Sommer ist selbst erfahrenen Kirmesgängern schwindelig geworden.

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Nagelsmann wechselte ligaintern

Sieben Klubs haben einen neuen Trainer. Julian Nagelsmann wechselte ligaintern von Hoffenheim zu RB Leipzig, hinzu kommen die sechs bereits genannten Doppeldebütanten. Außerdem gibt es noch Urs Fischer (Union Berlin) und Steffen Baumgart (SC Paderborn), die zwar schon länger bei ihren Vereinen arbeiten, aber ebenfalls zum ersten Mal eine Mannschaft in Liga eins anleiten. Zum Vergleich: Vor der vergangenen Spielzeit starteten nur vier Mannschaften mit einem neuen Trainer und nur Nürnbergs Michael Köllner und Frankfurts Adi Hütter hatten keine Bundesliga-Erfahrung.

Nun ist die Trainerwelt neu wie nie. Woran liegt das? „Das Geschäft ist schnelllebig. Für Spieler, aber vor allem für die Trainer“, meint Hannes Bongartz, der die Wendungen des Jobs nur allzu gut kennt. 1995 stieg er mit dem MSV Duisburg in die 2. Bundesliga ab, musste ein Jahr später gehen. Bei Borussia Mönchengladbach endete die Zusammenarbeit nach nur 17 Spielen. „Das tat weh“, klagt der 67-Jährige.

Dieter Hecking, der mittlerweile beim Zweitligisten Hamburger SV arbeitet, wurde zuletzt noch wesentlich deutlicher. „Uns Trainer braucht wohl keiner mehr. Man sollte auch mit uns respektvoll umgehen. So darf es auf keinen Fall weitergehen“, schimpfte er, nachdem er in Gladbach trotz der Europapokal-Qualifikation gehen musste.

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Power-Fußball, Stabilität und Ruhe

Dabei zeigt schon das Beispiel Dieter Hecking, dass die Gründe für einen Trainerwechsel nach wie vor verschieden sind. In Mönchengladbach etwa erhoffen sie sich mit Marco Rose neue Impulse und einen Power-Fußball, den RB Salzburg unter dem 42-Jährigen gespielt hat. Auf Schalke wiederum soll unter David Wagner (47) nach der katastrophalen vergangenen Saison wieder Ruhe einkehren. Bei Hertha BSC hat Pal Dardai hingeschmissen, deswegen übernimmt nun Ante Covic (43), der bislang in der Hertha-Jugend gearbeitet hat. In Köln hoffen sie mit Achim Beierlorzer (62) vom Zweitligisten Jahn Regensburg endlich auf Stabilität in der Bundesliga. Oliver Glasner (44) hat zuvor in Österreich gearbeitet und muss nun in Wolfsburg den erfolgreichen Bruno Labbadia ersetzen, der seinen Vertrag nicht verlängert hat. Und die TSG Hoffenheim wurde durch den Abgang von Julian Nagelsmann gezwungen, in Alfred Schreuder (46) aus der Jugend von Ajax Amsterdam einen Ersatzmann zu finden.

Auffällig ist, dass es „in der Bundesliga nichts Ungewöhnliches mehr ist, einen eher unbekannten Trainer zu präsentieren und es gibt genügend Beispiele dafür, dass das funktionieren kann“, sagt Daniel Niedzkowski, Chef der Trainerausbildung des Deutschen Fußball-Bundes. Dadurch werden immer wieder neue Gesichter in die Bundesliga-Welt gespült.

Ob sie sich aber etablieren, darüber entscheidet nach wie vor vor allem eine Sache: Erfolg.