München. Vor dem Finale um die Meisterschaft am Samstagmittag gab Trainer Niko Kovac vom FC Bayern München einen Einblick in die verletzte Seele.
Als es zu Beginn der Pressekonferenz am Donnerstag um die Debatte über seine offene Zukunft ging, um all die ziemlich distanzierten bis teils beschädigenden Aussagen von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Hasan Salihamidzic, da bezeichnete Niko Kovac diese noch als „Nebensächlichkeiten“, die ihn vor dem Meisterschaftsfinale am Samstag gegen Eintracht Frankfurt „wirklich nicht interessieren“. Später aber, als das Thema mit der Bitte um sein Saisonfazit indirekt erneut an ihn herangetragen wurde, gab der Trainer des FC Bayern ziemlich tiefe Einblicke.
Ein „sehr lehrreiches“ erstes Jahr
„Es war sehr aufschlussreich, sehr lehrreich“, sagte der 47-Jährige über sein erstes Amtsjahr in München, das er nun mit dem Meistertitel und eine Woche später mit dem Pokalsieg abschließen könnte, trotz zwischenzeitlicher Herbstkrise und viel Gegenwind, auch von innen. Er habe gemerkt, „wie schwierig es ist, Mensch zu bleiben. Der Mensch ist schon eine sehr, sehr schwierige Spezies“, sagte Kovac. Ob er das konkretisieren könne? „Ich glaube, Sie können sich einen Reim darauf machen“, antwortete Kovac, ehe er grundsätzlich wurde. „Wenn man miteinander spricht, darf eine gewisse Ebene nie unterschritten werden“, befand er. Man könne kritisch sein, „aber alles muss ein gewisses Niveau haben“.
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Das war seiner Meinung nach offensichtlich nicht immer der Fall. Mal von Spielerseite, mal von der Klubführung, mal von den Medien, so klang es jedenfalls. Seinen Vertrag bis 2021 möchte er dennoch erfüllen. Rummenigge und Salihamidzic hatten zuletzt mehrmals offen gelassen, ob der Kroate in der kommenden Saison noch Trainer des FC Bayern ist.
Kovac: "Wir müssen mehr den Menschen sehen"
Kovac gab dem Fragesteller dann noch ein Beispiel. „Wenn ich Ihnen jetzt eine kleben würde, dann hätten Sie kurzzeitig Schmerzen, und es würde vorübergehen. Aber wissen Sie, was das Schlimme ist: die Seele“, sagte Kovac emotional. Er verwies auf die zunehmenden Depressionen in der Gesellschaft und erinnerte auch an den Umgang mit psychischen Erkrankungen im Fußball. Nach dem Bekanntwerden solcher Fälle werde ein besserer Umgang beschworen, doch nur 14 Tage später kehrten die alten Verhaltensmuster zurück.
Er sei kein „Moralapostel“, sondern schlicht so erzogen, dass man vernünftig und empathisch miteinander umgehen müsse, in allen Lebensbereichen. Sein Appell: „Wir müssen mehr den Menschen sehen und nicht immer nur drüberfahren und draufhauen. Und noch mehr und noch mehr.“ Es klang, als spreche er dabei auch über den Umgang mit ihm. Jedenfalls sprach er nicht über Nebensächlichkeiten.
Möglicherweise hatte der gebürtige Berliner bei seinen Ausführungen auch im Sinn, dass dies seine letzte Pressekonferenz vor einem Ligaspiel an der Säbener Straße gewesen sein könnte. Nicht nur für diese Saison, sondern für immer.
Es sind schale Aussichten, die Kovac ins Meisterschaftsfinale begleiten, in das seine Mannschaft zwar mit zwei Punkten und 17 Toren Vorsprung auf den Tabellenzweiten Borussia Dortmund zieht. Ein Remis gegen Eintracht Frankfurt würde also reichen. Doch für Kovac könnte der wahrscheinliche Gewinn des Titels nicht genug sein, noch nicht einmal des Doubles, falls am 25. Mai der Pokalsieg gegen RB Leipzig folgen sollte.
Liverpool-Spiel bleibt unvergessen
Da hilft es auch nur bedingt, dass Präsident Uli Hoeneß den maßgeblich von ihm installierten Trainer öffentlich stärkt und im Double-Fall eine „Eins minus“ als Saisonnote verteilen würde.
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Aber es gibt eben auch noch die für die Bayern so immens wichtige Champions League. Den Achtelfinal-K.o. gegen Liverpool haben die Bosse nicht vergessen. „Dass wir gegen Liverpool nicht nach vorne, ja, mutlos gespielt haben, das war der Fehler“, befand Sportdirektor Salihamdzic über das 1:3 im Rückspiel. Unterlegt von einem Hinweis, der einem Schuldspruch gleichkam: „Der Trainer gibt die Richtung vor. Die Mannschaft setzt um, was der Trainer ihr sagt.“