Leipzig. Bayerns Salihamidzic macht seine Bilanz von der Meisterschaft abhängig. Gegen Frankfurt geht es um den Titel - und um die Zukunft des Trainers.
Bevor Uli Hoeneß seine ganz eigenen Weisheiten hinausposaunte, kramte er sein Smartphone hervor, das ihm nun als Beweismittel dienen sollte. Darauf präsentierte er den wartenden Journalisten in den Tiefen des Leipziger Stadions die Szene, die den vorzeitigen Titelgewinn des FC Bayern wohl verhindert hatte.
Denn eigentlich hatte Leon Goretzka beim 0:0 gegen RB Leipzig am Samstag in der 50. Minute den Ball auf artistische Art und Weise ins Netz gedroschen. Eigentlich hatten sich die Münchener vor Freude schon übereinander geschmissen. Doch Videoschiedsrichter Marco Fritz bemerkte nach rund zwei Minuten, dass Robert Lewandowski bei der Entstehung des durchaus titelwürdigen Treffers hauchzart im Abseits gestanden hatte – mit der Fußspitze. Vielleicht wenige Zentimeter. Vielleicht einige Millimeter. Aber nicht weit genug für den Präsidenten des FC Bayern.
Psychospielchen von Hoeneß
Wie ein Anwalt, der seinen schuldigen Mandanten hinausboxen möchte, verbog Hoeneß nach der Partie munter die Wahrheit. Die Abseits-Entscheidung sei „der Witz des Jahres“ gewesen, verkündete er. „Weil das keine klare Fehlentscheidung war. Es war gleiche Höhe, Millimeter sind kein Vorteil.“ Nun gut.
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Möglicherweise versuchte Hoeneß ganz bewusst, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, um seiner Mannschaft ein wenig Druck zu nehmen. Mit psychologischen Spielchen kennt sich der 67-Jährige aus. Blöd nur, dass der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Hasan Salihamidzic fast zeitgleich die Trainer-Diskussion befeuerten, was eher kontraproduktiv war (doch dazu später mehr).
Keine Zweifel an der Meisterschaft
So oder so wird die Anspannung in dieser Woche steigen. Schließlich haben die Bayern in Leipzig ihre erste Titelchance verstreichen lassen. Weil Goretzkas Tor aberkannt wurde. Aber auch, weil es den Münchenern in der Offensive an Inspiration fehlte. Der Tabellenführer hat nun zwei Punkte Vorsprung auf Borussia Dortmund, zudem die deutlich bessere Tordifferenz. Ein Unentschieden am kommenden Samstag im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt sollte also genügen, um die siebte Deutsche Meisterschaft nacheinander zu feiern.
Wirkliche Zweifel daran, dass dies auch gelingen wird, ließen die Bayern nicht durchblicken. Stattdessen schwärmten sie von ihrer Leistung gegen den Tabellendritten, für den es im Grunde um nichts mehr ging. „Leider haben wir uns nicht belohnt“, sagte Niko Kovac. „Aber das haben wir uns für nächste Woche aufgehoben. Da werden wir es besser machen.“
Ex-Real-Trainer Lopetegui schon im Gespräch
Der Bayern-Trainer wird bei dieser Partie viele seiner ehemaligen Spieler wiedertreffen. Mit Frankfurt hat er in der vergangenen Saison sensationell das DFB-Pokalfinale gegen seinen aktuellen Klub gewonnen. Jetzt reist eine noch stärkere Eintracht in den Süden Deutschlands, die außerdem noch um die Champions League kämpft. Es gehört zu den Kuriositäten dieser turbulenten Spielzeit, dass die Frankfurter erneut einen Bayern-Titel verhindern könnten.
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Vermutlich würden sie damit auch das Aus von Kovac besiegeln, nachdem der erst im Sommer nach München gezogen war. Mittlerweile erscheint es sogar schon als fraglich, ob der 47-Jährige bei einem möglichen Double-Gewinn noch weiterarbeiten darf. Rummenigge vermied jedenfalls erneut ein Bekenntnis zum Trainer. Auch Salihamidzic kam wenige Stunden später im Sportstudio des ZDF gehörig ins Schwitzen, als es um die Zukunft von Kovac ging. Am Ende rang er sich nur zu einem „Wir werden sehen“ durch, was auf Fußball-Deutsch so viel heißt wie „Es wird eng“. Julen Lopetegui, Ex-Trainer von Real Madrid, soll ein Nachfolgekandidat sein. Gespräche habe es aber noch nicht gegeben, sagte der Sportdirektor.
Frankfurt mit dem Messer zwischen den Zähnen
Ohnehin zählen nun die Gegenwart und die nähere Zukunft für die Bayern, am Samstag geht es gegen Frankfurt schließlich noch um die Meisterschaft. „Wir wollen das Ding unbedingt“, sagte Thomas Müller. Auch Leon Goretzka, immerhin der Zwei-Minuten-Meister-Torschütze, verkündete: „Jetzt kommt Frankfurt, die haben immer das Messer zwischen den Zähnen – aber genauso werden wir auch spielen.“
Und wenn nicht? „Wenn wir Deutscher Meister werden, wird es eine Zwei plus. Wenn nicht, war das eine Scheiß-Saison“, meinte Salihamidzic. Der Druck steigt.