München. Der FC Bayern steht nach dem 5:1 gegen Lissabon vorzeitig im Achtelfinale der Champions League. Was das für Trainers Kovac bedeutet, ist offen.
Mit der Frage, ob er Angst habe, vor seinem womöglich letzten Spiel als Trainer des FC Bayern zu stehen, war Niko Kovac in die Verabredung mit Benfica Lissabon gezogen. Wenig tröstlich dürfte es für den 47 Jahre alten Kroaten gewesen sein, dass auch der Trainer der Gäste, Rui Vitória, um seinen Job fürchten muss. Umso mehr erfreute Kovac aber die Leistung seiner Mannschaft, von der kolportiert worden war, diese habe sich zumindest in Teilen gegen ihren Trainer ausgesprochen.
Arjen Robben eröffnet für den FC Bayern den Torreigen
Nun aber kam das 5:1 (3:0) samt vorzeitiger Qualifikation für das Achtelfinale der Champions League beinahe wie ein Signal der Spieler an die Vereinsführung daher, mit Kovac weiterarbeiten zu wollen. Ganz besonders galt das für Arjen Robben, der mit seinen beiden Schüssen in den Winkel (13./30.) rasch für einen beruhigenden 2:0-Vorsprung sorgte, ehe Robert Lewandowski noch vor der Pause per Kopf auf 3:0 erhöhte (36.). Direkt nach der Pause erzielte der eingewechselte Gedson Fernandes zwar den Anschluss (46.), doch Lewandowski stellte schnell den alten Abstand wieder her (51.). Franck Ribéry traf noch zum Endstand (76.).
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Am 12. Dezember im letzten Gruppenspiel bei Ajax Amsterdam geht es nun um den Gruppensieg, der im Achtelfinale das Heimrecht im Rückspiel garantieren würde. Ein Remis beim direkten Konkurrenten würde den Münchnern dafür schon genügen. Ob Kovac die Bayern dann noch anleitet, erscheint aber weiterhin fraglich. Zu sehr scheint er bereits angezählt, vor allem intern.
Das 20. Pflichtspiel von Kovac stand unter besonderen Vorzeichen, nachdem Präsident Uli Hoeneß nach dem 3:3 gegen Fortuna Düsseldorf am Samstag sehr deutlich anklingen gelassen hatte, dass eine baldige Beurlaubung des Trainers möglich sei. Hinzugekommen waren danach weitere Belege für die Aufregung im und um den Verein. So hatte Hoeneß der Vereinsikone Paul Breitner mitteilen lassen, dass dieser nicht mehr gern gesehen sei auf der Ehrentribüne. Breitner schickte daraufhin seine Ehrenkarten, die ihm als Ehrenspielführer auf Lebenszeit zustehen, an den FC Bayern zurück. Auslöser des Disputs unter den ehemaligen Freunden war Breitners öffentliche Kritik an Hoeneß nach der legendären Pressekonferenz im Oktober gewesen, auf der der Präsident unter anderem gegen den verkauften Außenverteidiger Juan Bernat verbal nachgetreten hatte, nachdem Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge die Unantastbarkeit der Würde des Menschen angeführt hatte.
FC Bayern musste kurzfristig auf Hummels verzichten
Kovac hatte derweil vor dem Anpfiff ganz andere Sorgen. Zu den ohnehin verletzten Kingsley Coman, Thiago Alcántara, Corentin Tolisso, James Rodríguez und Serge Gnabry kam der Ausfall von Mats Hummels wegen eines Infekts. Nicht ganz unrecht dürfte Kovac wegen der auch für ihn sehr angespannten Lage gekommen sein, dass sein Vorgänger Jupp Heynckes ihm in einem Interview mit der Westdeutschen Zeitung zur Seite sprang. „Niko Kovac hat's nicht einfach in München“, sagte Heynckes darin, „es gibt liebe Jungs dort und Diven, und dann sind da noch die schweren Verletzungen von wichtigen Spielern. Da türmt sich ein Berg von Problemen auf.“
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Gegen Benfica war davon allerdings wenig zu sehen. Ein Hauch alter Erfolgszeiten wehte sogar durch die Arena. Nicht nur wegen der Startformation, in der die langjährige Flügelzange Ribéry und Robben mal wieder gemeinsam stand. Vor allem erinnerten Robbens Soli an seine früher regelmäßig zu bestaunenden Solisteneinlagen. Vor dem 1:0 dribbelte er sich gar von der Eckfahne und mit ein bisschen Glück durch fünf Gegenspieler und schoss in gewohnter Manier mit links in den Winkel. Der frühen Führung durch Robbens Kleinkunstwerk folgten weitere Torannäherungen wie durch Lewandowskis Schlenzer (23.). Allerdings wirkten die Münchner, bei denen Joshua Kimmich als Sechser agierte, in der Defensive teils anfällig. Lissabon schlug daraus jedoch zunächst kein Kapital.
Erschwerend hinzu kam aus Sicht der Gäste, dass Robben einen Tag wie zu seinen Hochzeiten erwischt hatte. Thomas Müllers Steilpass nutzte er nach einer halben Stunde erneut dazu, seine besonderen Qualitäten vorzuführen. Diesmal wackelte er German Conti aus und traf wieder mit links in den Winkel. Und spätestens, als Lewandowski noch vor der Pause per Kopf auf 3:0 erhöhte, hatte der Dienstagabend einen Anstrich bekommen, der so gar nicht zur Krise der Bayern in der Bundesliga passen wollte. Doch was das 4:1 für Kovac und die sportliche Entwicklung der Mannschaft bedeutet, bleibt vorerst offen. Immerhin darf er hoffen, dass es nicht sein letztes Spiel war.
So spielten der FC Bayern und Benfica Lissabon
FC Bayern: Neuer - Rafinha, Süle, Boateng, Alaba - Kimmich - Müller (81. Jeong), Goretzka - Robben (72. Renato Sanches), Ribéry (78. Wagner) - Lewandowski. Trainer: Kovac
Benfica Lissabon: Vlachodimos - André Almeida, Ruben Dias, Conti, Grimaldo - Fejsa (76. Alfa Semedo) - Gabriel, Pizzi (46. Gedson) - Rafa Silva, Jonas (59. Seferovic), Cervi. Trainer: Rui Vitoria
Schiedsrichter: Orsato (Italien)
Tor: 1:0 Robben (13.), 2:0 Robben (31.), 3:0 Lewandowski (37.), 3:1 Gedson Fernandes (47.), 4:1 Lewandowski (52.), 5:1 Ribéry (77.).