Belek. 1000 Kilometer fährt Mario zu jedem Schalke-Heimspiel. In den Trainingslagern ist er ein Urgestein. Er erzählt vom Bierchen mit Mulder und der Reaktion seiner Frau.
Mit Feingefühl richtet Mario Kammler die Fahne seines Fanclubs Königsblau Plauen im kleinen Trainingsstadion im türkischen Belek. Ordnung muss sein. Anschließend lehnt der 57-Jährige sich hinter der Fahne an die Brüstung und beobachtet die Trainingseinheit der Schalke-Profis. Dabei nippt Mario entspannt immer mal wieder an seiner Bierflasche.
Für Mario sind die Trainingslager-Reisen heilig. „Für Schalke geht fast mein ganzer Jahresurlaub drauf“, erzählt er. „Ich baue mein ganzes Leben um Schalke herum, da werden sogar Geburtstage verschoben. Und das seit fast 52 Jahren.“ Die Reise nach Belek ist schon sein 17. Winter-Trainingslager mit Schalke 04. 15-mal war er im Sommer dabei. Für ihn nicht der Rede wert. „Ach, es gibt doch so viele, die noch häufiger dabei waren.“
Marios Geschichte ist trotzdem besonders. Denn er stammt nicht etwa aus dem Ruhrgebiet, wo der Kern der Schalke-Fans lebt, sondern aus Plauen in Sachsen. Schon im Alter von sechs Jahren hat er sein Herz an die Königsblauen verloren. „Im Osten hatten wir alle einen Bundesliga-Verein und einen Klub aus der Oberliga, dem wir die Daumen drücken“, erzählt Mario. Seine Wahl fiel dabei auf Schalke.
Mario hat seine Frau im Schalke-Trainingslager dabei - dabei ist sie kein Fan
Klar ist aber: Wegen der innerdeutschen Grenze konnte er die Königsblauen ganz lange nur aus der Ferne verfolgen. Erst 1991 war er erstmals im Parkstadion, um Schalke 04 live zu sehen. „Ich weiß es noch ganz genau. Es war ein Spiel gegen Unterhaching und wir haben gewonnen.“ Für seine Reise-Leidenschaft war dieser erste Stadionbesuch in Gelsenkirchen der Startschuss.
Obwohl Mario zu jedem Heimspiel aus Plauen rund 500 Kilometer pro Strecke fahren muss, hat er eine Dauerkarte. Es gibt kaum ein Spiel, das der 57-Jährige verpasst. Auch auswärts ist er regelmäßig dabei. „Ich fahre im Schnitt zu 28 oder 29 Spielen pro Saison“, erklärt er. Bei seiner Ehefrau Kerstin kommt das nicht gut an, wie er mit einem Lachen verrät. „Meine Frau ist hell begeistert – im negativen Sinne.“
Kurios ist dabei: Obwohl seine Frau kein Schalke-Fan ist, reist sie regelmäßig mit ins Trainingslager – um Urlaub zu machen. „Auch hier in der Türkei ist sie dabei. Sie ist meist im Hotel, geht ein bisschen schwimmen, genießt das schöne Wetter.“ Die türkische Sonne bietet eine willkommene Abwechslung zum nasskalten Wetter in der Heimat.
Im Schalke-Trainingslager: Gemeinsames Bier mit Sportdirektor Youri Mulder
Untergebracht sind Mario und seine Frau im Schalker Mannschaftshotel Titanic – genau wie der Rest der Reisegruppe rund um Mario. Denn Nebeneffekt all der Trainingslager-Reisen sind etliche Freundschaften mit anderen Fans. „Wir sind inzwischen eine tolle Truppe, die sich in den Trainingslagern trifft.“ Im Schnitt sind 20 Leute pro Trainingslager dabei – aus ganz Deutschland: In Belek sind es beispielsweise Schalker aus Hattingen, Gelsenkirchen, Berlin und Sachsen.
Die Fan-Gruppe ist eine Konstante in den Trainingslagern. Im Kader der Profis gibt es davon nur wenige. Es sei schade, dass in den vergangenen Jahren so viele Spieler gekommen und gegangen sind. „Durch die ganzen Wechsel kennt man die Jungs gar nicht mehr persönlich“, sagt Mario. Kleine Highlights gibt es für Mario und seine königsblaue Reisegruppe aber auch 2025 noch. „Mit dem Youri haben wir bei uns im Hotel schon ein paar Bier getrunken“, erzählt er von einem gemeinsamen Abend mit Schalkes Sportdirektor Mulder.
Trainingslager ohne Schalke-Profis: Auch das hat Mario schon erlebt
Es sind die kleinen Freuden des zuletzt harten Fan-Daseins. Denn dass sich Schalke von einem Europapokal-Dauergast zu einem Zweitligisten entwickelt hat, trifft auch Mario. „Die letzten drei, vier Jahre hatten wir zu viel Chaos im Verein.“ Die zwei Abstiege und teilweise amateurhafte Außendarstellung seines Herzensklubs haben ihm wehgetan. Trotzdem stellt er klar: „An meiner Liebe zu Schalke ändert das nichts. Ich würde auch in der Oberliga noch hinfahren. Auch dann wäre die Bude noch voll, da bin ich sicher.“
Genau so sicher ist für Mario Kammler, dass er die Schalker auch weiterhin zu den Trainingslagern begleiten wird. Im Notfall würde er mit seiner Freundesgruppe auch ohne Mannschaft reisen – so wie im Januar 2022, als die Schalker ihr Trainingslager in der Türkei wegen der Corona-Pandemie wenige Tage vor dem Abflug noch abgesagt haben. Mario war trotzdem vor Ort und hatte eine gute Zeit. Trainingslager-Reisen sind ihm schließlich heilig.
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