Belek. Christopher Antwi-Adjei wechselte im Sommer von Bochum nach Schalke. Ein Gespräch über den Wechsel, Enttäuschung und den neuen Klub.
Wer Christopher Antwi-Adjei begegnet, wird sich wundern. Mit seinem regulären Vornamen spricht den 30-Jährigen niemand an, er ist der Jimmy. „Schon in Jugendzeiten ist das entstanden“, sagt Antwi-Adjei, als er im Teamhotel des FC Schalke 04 im Trainingslager in Belek in einer Couchgarnitur Platz nimmt. Es beginnt ein Gespräch über Schalke, seinen Ex-Klub VfL Bochum und seinen Bruder.
Haben Sie Ihrem Zwillingsbruder Christian inzwischen ein Schalke-Trikot gekauft?
(schmunzelt) Ich habe ihm eins geschenkt. Auch wenn er Dortmund-Fan ist, hat er ja kein Problem damit, das Trikot seines Bruders anzunehmen.
Ein Dortmund- und ein Schalke-Fan unter einem Dach. Da gab es sicher viele Sticheleien.
Natürlich, aber auch Spaß. Es war immer ein gutes Miteinander, auch wenn wir nicht dieselben Vereine supportet haben. Wir sind eben mit Fußball groß geworden.
Schalke-Profi Antwi-Adjei über wilde Länderspielreise mit Ghana
Ihre Profikarriere begann erst im Alter von 23 Jahren, Sie haben kein Nachwuchsleistungszentrum durchlaufen. Ihr Weg ist eng mit Hagen und Sprockhövel verbunden. Was bedeuten diese Städte für Sie?
Hagen ist meine Heimatstadt. Ich bin dort aufgewachsen, meine ganze Familie wohnt noch dort, auch viele Freunde. Die TSG Sprockhövel ist ein ruhig geführter Verein, in dem ich meine ersten Schritte im Seniorenfußball gehen durfte. Dort wurde mir klar: Jetzt will ich mehr, jetzt will ich höher hinaus.
Und dann gab es ein Pokalspiel mit Sprockhövel gegen den SC Paderborn…
Wir hatten ein Westfalenpokalspiel gegen Paderborn und haben keine so schlechte Figur gemacht, auch wenn wir ausgeschieden sind. Ein, zwei Tage später klingelte mein Telefon, eine Nummer wurde angezeigt, die ich nicht kannte. Es war die von Markus Krösche, damals Sportchef in Paderborn. Ich musste nicht lange überlegen und habe sein Angebot angenommen. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, es ging in Paderborn bergauf mit zwei Aufstiegen in Folge von der Dritten in die Erste Liga. Ich hatte darauf geschielt, einmal in der Dritten Liga zu landen. Dann wurde es plötzlich die Bundesliga.
Doch nicht nur das. 2019 ging es zur Nationalmannschaft. Sie haben dreimal für Ghana gespielt.
Das war auch für mich komplett überraschend. Natürlich habe ich mir so etwas ausgemalt, wenn die Leistung passt. Irgendwann war es wirklich soweit.
Ihr erstes Länderspiel haben Sie auf der im Fußball unbekannten afrikanischen Inselgruppe Sao Tomé und Principe absolviert. Das klingt nach einer Abenteuerreise.
Diese Erfahrung werde ich nicht vergessen. Es war sehr heiß, trocken, der Platz war ein schlechter Kunstrasenplatz. Kicken und verteidigen konnte Sao Tomé, uns ist das Spiel sehr schwergefallen, wir haben nur 1:0 gewonnen.
Schalkes Antwi-Adjei über Bochum-Aus: „Ich war schockiert und enttäuscht“
Nach Ihrer Zeit in Paderborn standen Sie drei Jahre in Bochum unter Vertrag. Im Sommer haben Sie sich sehr lange Zeit gelassen mit der Entscheidung, für welchen Verein Sie spielen wollen. Wie haben Sie diese Zeit empfunden?
Es war nicht einfach, weil es so nicht geplant war. Eine Sommervorbereitung ist wichtig für einen Spieler und es war nicht mein Vorhaben, sie zu verpassen. Ich war zum ersten Mal so lange ohne Verein. Es gab einige Anfragen, aber das für mich richtige Angebot war nicht dabei. Ich bin froh, dass es am Ende Schalke geworden ist.
Sie hätten auch in Bochum bleiben können. Ihnen lag ein unterschriftsreifer Vertrag vor, Sie wären einer der Spitzenverdiener gewesen. Dann übernahm Trainer Peter Zeidler und das Angebot wurde zurückgezogen.
Die Vertragsgespräche liefen schon sehr lang, als Zeidler verpflichtet wurde. Er hat ein anderes System bevorzugt. Meine Position als Flügelspieler war nicht mehr vorgesehen. Mir wurde mitgeteilt, dass deshalb das Vertragsangebot zurückgezogen wird. Ich war schockiert und enttäuscht. Damit hatte ich nicht gerechnet.
Hat sich Ihr Verhältnis zum Profifußball dadurch verändert?
So etwas kann im Profifußball passieren. Mund abputzen, weiter geht’s.
Schalke ist der Herzensklub von Christopher Antwi-Adjei
Hegen Sie Groll gegenüber VfL oder Verantwortlichen?
(überlegt lange) Gegenüber dem VfL überhaupt nicht. Natürlich war ich sauer und enttäuscht, aber ich kenne noch einige Spieler, mit denen ich mich gut verstehe und drücke die Daumen, dass sie erfolgreich spielen.
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Nun spielen Sie für Ihren Herzensverein Schalke. Was bedeutet Ihnen das?
Das ist etwas ganz Tolles. Schalke ist nun mal ein großer Verein in Deutschland, sogar weltweit bekannt. Es ist eine Ehre für mich, immer wieder in der Arena auflaufen zu dürfen. Das erste Heimspiel war wirklich etwas Besonderes. Hier zu spielen, macht mich stolz.
Die Hinrunde lief für Sie nicht wie erhofft. Welche Schulnote würden Sie sich für Ihre ersten Monate auf Schalke geben?
Eine Schulnote gebe ich mir nicht. Ich bin zum einen erst später zur Mannschaft gekommen und hatte dann auch noch ein paar Ausfallzeiten. Es könnte besser laufen, aber ich bin glücklich, dass ich jetzt die Vorbereitung mitmachen kann, auch wenn sie nur zwei Wochen dauert im Winter.
„Auf Schalke ist alles noch größer“ als bei Bochum
In Bochum haben Sie unter Beweis gestellt, dass Sie mit Ihrer Schnelligkeit in der Bundesliga den Unterschied machen können. Wann sieht man diesen Unterschiedsspieler auch auf Schalke?
Ich hoffe, in der Rückrunde. Die Fans können einen Christopher Antwi-Adjei erwarten, der immer versucht, alles zu geben. Das Wichtigste ist, dass ich gesund bleibe.
Wenn Sie Bochum und Schalke vergleichen – wo liegen die Unterschiede?
Bochum ist ein toller Revierklub, ich habe die Zeit dort sehr genossen. Aber Schalke ist Schalke. Auf Schalke ist alles noch größer – vor allem die mediale Präsenz.
Frech gefragt: Gibt es denn in der kommenden Saison wieder ein Spiel zwischen Bochum und Schalke?
(schmunzelt) Das kann ich noch nicht beantworten. Könnte passieren, aber wir haben noch 17 Spiele, in der Bundesliga sind es sogar noch 19. Warten wir ab…
Sie haben Aufstiegserfahrung. Schalke liegt nur acht Punkte hinter dem dritten Platz. Wenn es so weitergeht wie in den letzten Hinrundenspielen, kann S04 noch einmal heranrücken.
Wir müssen den Anspruch haben, jedes Spiel gewinnen zu wollen. Wir haben eine gute Mannschaft, die das Potenzial hat, jeden Gegner zu ärgern. Vom Aufstieg will ich aber nicht reden, weil es keinen Anlass dafür gibt. Wir tun gut daran, von Spiel zu Spiel zu denken. Und deshalb ist für uns erstmal die Aufgabe in Braunschweig wichtig.
Schalke ist Schalke, wie Sie gesagt haben – die Fans können in beide Richtungen sehr emotional sein. Dürfen Sie denn träumen?
Wovon träumen? (schmunzelt)
Vom Aufstieg…
Träumen ist grundsätzlich immer erlaubt, aber die Frage ist doch, ob es jetzt richtig wäre. Ich träume erst einmal von drei Punkten in Braunschweig. Ans Saisonende denke ich nicht. Der Weg ist noch weit.
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