Gelsenkirchen. Schalke 04 sucht einen neuen Sportchef. Der Aufsichtsrat der Königsblauen intensiviert die Suche nach einem neuen Mann.
Wenigstens am Samstagnachmittag hätte die Laune in der Veltins-Arena kaum besser sein können. Wegen einer Sponsorenaktion durften die Bezirksligisten SG Serkenrode/Fretter und SG Bödefeld/Henne-Rartal aus dem Sauerland ihr Punktspiel im großen Stadion austragen. Niemanden interessierte das Ergebnis, nur das Erlebnis. Gern würde auch der FC Schalke 04 wieder über Erlebnisse und Erfolge sprechen, die Realität sieht nach dem 0:3 (0:1) gegen den 1. FC Kaiserslautern am Freitag so aus: Schalke ist auf Platz 14 abgerutscht, steht nur einen Punkt vor einem direkten Abstiegsplatz. Der drittgrößte Fußballverein Deutschlands: mal wieder im freien Fall.
Die chronische Instabilität des FC Schalke ist – mal wieder – zu einer Gefahr geworden. Für Trainer Kees van Wonderen, dessen Trendwende (ein Sieg, zwei Unentschieden aus drei Spielen in Folge) nur ein fußballerisch selten überzeugendes Zwischenhoch war. „Er ist sehr fleißig“, sagte Kapitän Kenan Karaman über den 55 Jahre alten Trainer, der unter den S04-Fans noch nicht viele Anhänger hat. Ist er noch der Richtige? Diese Frage, sagte Karaman, würde ihn überfordern. Sie müssten andere beantworten.
Etliche Fehlentscheidungen von Schalke-Boss Matthias Tillmann
Vor allem der Mann, auf den sich die Kritik aktuell konzentriert – auf Schalke wechselt so etwas ja schnell. Matthias Tillmann, seit 1. Januar Vorstandsvorsitzender der Königsblauen, fehlen seit Monaten die Erfolge. In den ersten Monaten trat der 40-Jährige als Sanierer auf, der das Schalker Organigramm verschlankte, einen Deal mit der Vermarktungsagentur Sportfive einging. Doch mit vollbrachtem Klassenerhalt begann Tillmanns Arbeit richtig. Seitdem muss er gestalten. Viel ist nicht gelungen. Für viele Fans ist Tillmann der Sündenbock.
Unter Tillmanns Federführung baute der Klub Profiteam und -staff großflächig um, schickte einige langjährige Schalker unsanft weg. Einige Prozesse vor dem Arbeitsgericht laufen noch. Tillmanns erster Hauptsponsor, Sun Minimeal, hat in Teilen ein umstrittenes Geschäftsmodell. Die Kritik daran hält an. Tillmanns neuer Kaderplaner Ben Manga, der ein Dutzend Mitarbeiter mitbrachte, durfte ein neues Team zusammenstellen. Und das funktioniert überhaupt nicht. Von den 15 Manga-Zugängen spielten gegen Kaiserslautern nur drei; und zwei davon – Janik Bachmann und Moussa Sylla – waren die schlechtesten. „Da waren wir zu mutig“, gestand Tillmann bei der Mitgliederversammlung. Bleibt Trainer van Wonderen: Der Rauswurf von Vorgänger Karel Geraerts geht auf Ben Manga zurück – Tillmann selbst führte aber gemeinsam mit Manga das entscheidende Gespräch mit van Wonderen, berichtete mit leuchtenden Augen davon, wie ihn der Trainer überzeugt habe. Nun leuchten keine Augen mehr. Der Verein entgleitet Tillmann.
War Tillmann in den ersten Monaten oft zu sehen – ob in Interviews, Kurzvideos oder persönlichen Terminen – sind seine Auftritte nun selten geworden, sie drehen sich meist um die Fördergenossenschaft, die 2025 an den Start geht. „Wir alle hatten gehofft, gegen Kaiserslautern den nächsten Schritt zu machen und nach drei ungeschlagenen Partien weiter in der Entwicklung zu sein“, sagte Tillmann dieser Zeitung am Sonntag. „Das Spiel hat uns deutlich gezeigt, dass wir als Mannschaft noch nicht die Konstanz erreicht haben, die notwendig ist. Es ist eine ernüchternde, aber gleichzeitig wichtige Erkenntnis, die uns zeigt, woran wir konkret arbeiten müssen. Die Realität ist, dass wir im Abstiegskampf stecken. Ziel muss es sein, aus dieser Niederlage die richtigen Schlüsse zu ziehen und gezielt die Bereiche anzugehen, in denen wir uns verbessern müssen.“ Abstiegskampf! Tillmann hatte vor der Saison das obere Tabellendrittel zum Ziel erklärt.
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Elf Monate nach dem Amtsantritt sah sich Tillmann bei der Mitgliederversammlung einigen Rücktrittsforderungen ausgesetzt. Daran denkt er aber nicht. Zu seiner Entlastung soll ein neuer Sportchef kommen, da Youri Mulder den Job interimistisch ausüben soll. An dieser Entscheidung ändert sich nichts, obwohl Mulder einen guten persönlichen Start hingelegt hat. Der Eurofighter will in seine Rolle als Aufsichtsrat zurückkehren.
Schalke tritt am Freitag beim Tabellenführer SC Paderborn an
Doch wer kommt? Der Aufsichtsrat hat nach Informationen dieser Zeitung eine Findungskommission eingerichtet, die den Jobmarkt sondiert, Kandidaten diskutiert, prüft, trifft und auswählt. Bis zu einem Ergebnis kann es noch dauern. Ob Tillmann ein Sportvorstand an die Seite gestellt wird oder der Sportdirektor-Job des rausgeworfenen Marc Wilmots eine Hierarchieebene tiefer neu besetzt wird: offen.
Die Schalker stehen vor der nächsten unruhigen Woche und vor einem Auswärtsspiel, in dem sie so sehr Außenseiter sind wie selten seit dem Abstieg 2023. Es geht zum formstarken Tabellenführer SC Paderborn (Freitag, 18.30 Uhr/Sky). Sie sollten sich den Spirit der SG Bödefeld/Henne-Rartal abschauen. Die gewannen das Bezirksligaspiel in der Arena mit 4:1.
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