Gelsenkirchen. Mitten in der sportlichen Krise präsentierte Schalkes Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers die Zahlen. Keine guten.
Angenehme Medientermine gibt es für die Verantwortlichen des FC Schalke 04 gerade nicht. Nicht für Trainer Kees van Wonderen, der am Montagvormittag über die sportliche Krise vor der anstehenden Pokal-Reise nach Augsburg (Dienstag, 18 Uhr/Sky) reden musste - und auch nicht für Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers, die den Rumpfgeschäftsbericht für das erste Halbjahr 2024 veröffentlichte. Schalkes finanzielle Lage ist schlecht, sogar bedrohlich. Die Gesamtverbindlichkeiten betragen 162 Millionen Euro, das negative Eigenkapital 104 Millionen Euro. Signifikant verbessert hat sich die Lage des Klubs nicht. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Bilanz.
Wie ist die Halbjahresbilanz zu bewerten?
Die Gesamtverbindlichkeiten sind zwar leicht auf 162,7 Millionen Euro gesunken, die Nettofinanzverbindlichkeiten auf 114,7 Millionen Euro - aber das sind immer noch dramatische Zahlen, die sich allein mit Einnahmen aus der 2. Bundesliga nicht schnell verbessern lassen. Das negative Eigenkapital beträgt 103,9 Millionen Euro. „Das ist weiterhin eines unserer Fokusthemen“, sagte Rühl-Hamers. Denn: Gelingt es Schalke nicht, unter die 100-Mio-Grenze zu kommen, könnte das bittere Folgen haben.
Besteht die Gefahr, dass Punkte abgezogen werden?
Ein Punktabzug für die Saison 2025/2026 droht, wenn die Schalker die sogenannte Eigenkapitalauflage nicht erfüllen. Als Zweitligist müssen die Schalker das negative Eigenkapital um fünf Prozent reduzieren - im Kalenderjahr mit Stichtag 31. Dezember. Es geht um eine Summe in Höhe von etwa 5,5 Millionen Euro. Rühl-Hamers ist optimistisch, dass Schalke den Punktabzug vermeiden kann. „Auf Basis der aktuellen Planungen gehen wir davon aus, die vorgeschriebene Verbesserung des Eigenkapitals im Kalenderjahr 2024 zu erreichen“, sagt sie. Das liegt vor allem am Verkauf von Assan Ouédraogo (wechselte nach Leipzig) und durch Sondereffekte wie beispielsweise die zahlreichen Konzerte im Sommer. Zudem können bis 31. Dezember noch die Einnahmen aus dem Weihnachtsgeschäft berücksichtigt werden.
Warum fällt ein Vergleich zu vorherigen Zahlen schwer?
Aus zwei Gründen. In der aktuellen Bilanz steht dem ersten Halbjahr 2024 das ganze Jahr 2023 gegenüber. Zweitens: Auch ein Halbjahresvergleich wäre nicht sinnvoll - im ersten Halbjahr 2023 spielte S04 in der Bundesliga.
Wie will Schalke kurz-, mittel- und langfristig die Schulden reduzieren?
Erstens: Besonders wichtig ist die Rückkehr in die Bundesliga, da damit erhöhte TV- und Sponsoringeinnahmen verbunden sind. Laut Bilanz soll der Aufstieg innerhalb der kommenden drei Jahre gelingen, intern sprach Sportchef Ben Manga von der kommenden Saison 2025/2026. Zweitens: Die Fördergenossenschaft soll eine zweistellige Millionen-Summe einbringen, um Zinsen und Tilgungsraten zu reduzieren. Drittens: Ben Manga und die sportliche Leitung sollen Talente entwickeln und mit dieser Kaderwertstrategie hohe Transfereinnahmen generieren. Gelingen aber die ersten drei Punkte nicht, würde die Politik der kleinen Schritte - wie es sie aktuell gibt - noch viele Jahre dauern.
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Was soll mit den möglichen Einnahmen der Fördergenossenschaft geschehen?
Die Schalker wollen vor allem die Finanzverbindlichkeiten reduzieren. Dabei geht es zunächst um die Ablösung des sogenannten Corona-Darlehens aus dem Jahr 2020. Mit Hilfe einer Landesbürgschaft erhielt Schalke 35 Millionen Euro - das bedeutete seinerzeit die Rettung. Schalke hat bereits einiges davon abbezahlt, allerdings steht eine niedrige zweistellige Millionen-Summe noch aus. Kann Schalke die Summe ablösen, entfallen Tilgungsraten und Zinsen.
Ist Schalke noch zu groß?
Rühl-Hamers verneint das. Nach ihrer Auskunft sind auf der Geschäftsstelle „knapp über 200 Mitarbeitende“ beschäftigt, mehr als 50 weniger als vor der Pandemie. Die laufenden Kosten seien im Vergleich zu vor der Corona-Pandemie um rund 10 Millionen Euro gesunken.
Was würde der Einzug ins Pokal-Achtelfinale bringen?
Sollte Schalke die Überraschung schaffen und in Augsburg gewinnen, betrüge die TV-Geld-Prämie 837.813 Euro. Hinzu kämen die Hälfte der Ticketeinnahmen des Achtelfinalspiels. Geld, das nicht im Etat vorgesehen wäre und als Gewinn verbucht werden könnte.
Wäre Schalke auf einen Abstieg in die 3. Liga vorbereitet?
Davon ist in der Bilanz nicht die Rede, aber Rühl-Hamers weiß inzwischen, was nötig wäre, um die Lizenz zu bekommen - sie musste die Planungen bereits im Frühjahr durchspielen. Am Ende der Bilanz stehen - wie schon in den Vorjahren - bedrohliche Zeilen. Eine Ausgliederung ist nicht ausgeschlossen. „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der FC Schalke 04 zukünftig als wirtschaftlicher Verein qualifiziert werden könnte.“ Sollten die „bestehenden Finanzierungsstrukturen nicht fortgeführt werden können“, würde der Vorstand beabsichtigen, „zusätzliche liquiditätsgenerierende Maßnahmen zu ergreifen, wie die Verwertung von Rechten.“
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