Essen. Uli Hoeneß leitet beim FC Bayern noch immer die Abteilung Attacke. Seine Spitzen? Gemein – aber auch ein Zeichen des Respekts.

Eigentlich ist beim FC Bayern München in diesen Tagen alles in Ordnung. Der Rekordmeister steht in dieser Saison wieder da, wo er nach eigener Einschätzung hingehört, an der Tabellenspitze, auch in der Champions League läuft es. Im Kader herrscht Ruhe, Vincent Kompany, der junge neue Trainer hat alle Zweifel zur Seite schieben können

Und dennoch.

Spitzen aus Bayern vor dem Spitzenspiel gegen den BVB

Uli Hoeneß, einst nicht nur mächtigster Manager im deutschen Fußball und bei der Abteilung Attacke des FC Bayern meist im vordersten Schützengraben, hat wieder ausgeteilt: „Was ich zusagen kann, ist die Deutsche Meisterschaft“, so die vollmundigen Worte des Bayern-Patrons in dieser Woche. Sie waren als Spitze gegen den Gegner der Bayern am Wochenende, Borussia Dortmund zu verstehen. Das wurde klar, auch ohne, dass er im Folgenden den BVB explizit erwähnte: „Wir stehen zum heutigen Zeitpunkt wunderbar da. Wir sind Tabellenführer. Und unsere einzigen richtigen Konkurrenten Bayer Leverkusen und RB Leipzig liegen weit hinter uns.“

Das kann man als Angriff lesen – oder auch als Zeichen des Respektes. Wer sich in der Abteilung Attacke an der Spitze sieht, beherrscht auch die psychologische Kriegsführung perfekt. Ziel der verbalen Angriffe auf Höhe der Gürtellinie sind eigentlich immer Herausforderungen, Emporkömmlinge, die dem Rekordmeister den Platz an der Sonne streitig machen wollten.

Der ehemalige Werder-Manager Willi Lemke
Der ehemalige Werder-Manager Willi Lemke © dpa | Ingo Wagner

Jahrelanger Kleinkrieg mit Werder-Manager Willi Lemke

Das erfuhr zunächst Willi Lemke, einst Manager bei Werder Bremen – und zudem noch ein Linker, ein Sozialdemokrat. Den nannte Hoeneß öffentlich einen „Volksverhetzer“.

Zielscheibe Christoph Daum

Ähnlich ging wenige Jahre später weiter, als sich Leverkusen dranmachte, den großen FC Bayern zu ärgern. Weil es immerhin zum Titel Vizekusen reichte, arbeitete Hoeneß sich vor allem an Trainer Christoph Daum ab, der seinerseits kein Kind von Traurigkeit war. Er trieb es soweit, dass Hoeneß ultimativ ausholte. Mit dem Satz „Der DFB kann doch keine Aktion ‚Keine Macht den Drogen‘ starten und Herr Daum hat vielleicht damit etwas zu tun“, nahm er dem Leverkusener die Aussicht auf das Amt des Bundestrainers und den Job im Verein.

Christoph Daum bei seiner Pressekonferenz, nachdem Uli Hoeneß seine Dopingvorwürfe öffentlich gemacht hatte.
Christoph Daum bei seiner Pressekonferenz, nachdem Uli Hoeneß seine Dopingvorwürfe öffentlich gemacht hatte. © Jürgen Fromme /firo Sportphoto | firo Sportphoto/Jürgen Fromme

Auch der BVB bekam war gelegentlich Ziel der verbalen Angriffe aus dem Süden, vor allem dann, wenn er erfolgereich ist. „Bei aller Liebe, was die Dortmunder im Moment haben, sie haben, glaube ich, etwas hungrigere Spieler, aber sie haben keine Weltklassespieler.“ Das sagte Hoeneß im April 2012, dem Meisterschaftsjahr, nach einer Niederlage der Bayern.

Uli Hoeneß liebt das Scharmützel

Watzke müsse aufpassen, zog Hoeneß dann gleich noch den Vergleich zu Werder Bremens Aufsichtsratsvorsitzenden, „dass er nicht der zweite Willi Lemke wird, der erzählt, hier die reichen, da die armen“. „Wir haben viel höhere Personalkosten“, sagte Hoeneß zwar, „aber dafür haben wir auch viel höhere Einnahmen, und dafür haben wir hart gearbeitet.“

Bei anderer Gelegenheit ätzte Hoeneß: „Ich habe 5000 BVB-Aktien. Meine Rendite ist minus 50 Prozent. Trotzdem werde ich die Aktien nicht verkaufen. Das ist der Beweis, dass ich kein guter Kaufmann bin.“

Wie sehr er das Scharmützel liebt, zeigt auch folgende Aussage: „Wir sollten die Rivalität zu den Dortmundern erhalten. Ich werde bestimmt nicht mit Herrn Watzke Arm in Arm durch die Welt laufen.“

Der BVB schießt nicht zurück

Giftig wurde Hoeneß, da bestimmten im Vordergrund längst andere, die Geschicke des Klubs, auch im vergangenen Jahr, einem Seuchenjahr aus Sicht der Bayern – sie schlossen die Saison als Dritter ab – im Februar Richtung Ruhrgebiet: „Watzke hat jetzt einen kleinen Vorsprung. Wie immer im Leben ist Dortmund aber anschließend Zweiter.“

Uli Hoeneß und BVB-Boss Hans-Joachim Watzke als Sitznachbarn auf der Tribüne.
Uli Hoeneß und BVB-Boss Hans-Joachim Watzke als Sitznachbarn auf der Tribüne. © firo Sportphoto | firo/Sebastian El-Saqqa

Und der BVB? Der schießt nicht zurück: Aus Sicht von Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ist das Duell mit dem FC Bayern München das Nonplusultra in der Bundesliga. „Das ist das Spiel mit den beiden Klubs, die mit Abstand die meiste Strahlkraft in Deutschland haben. Und wer das nicht erkennt, der sollte mal zum Augenarzt gehen.“

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