Essen. Hamburgs Zweitligaklubs dürfen dank 2G-Regelung wieder vor vollen Rängen spielen. Auch Vereine in NRW fordern eine zeitnahe Anpassung.
Die Neuigkeiten aus dem Hamburger Senat dürften in den Chefetagen der Fußball-Bundesligisten mit großem Interesse aufgenommen worden sein. Am Dienstag hatte Hamburgs Politik neue Corona-Regeln vorgestellt. Darin überraschend enthalten: der Wegfall der Kapazitätspflicht bei Sportveranstaltungen, sofern die Besucher geimpft oder genesen sind.
HSV und St. Pauli wieder vor vollen Rängen
Mit anderen Worten: Der Hamburger SV und der FC St. Pauli dürfen im Volksparkstadion (57.000 Plätze) und am Millerntor (29.546 Plätze) vor vollen Tribünen auflaufen. In seinem letzten Heimspiel am Sonntag gegen den 1. FC Nürnberg verzichtet der HSV noch aus organisatorischen Gründen auf Vollauslastung.
Die Entscheidung macht auch anderen Klubs Hoffnung. Derzeit dürfen sie bundesweit ihre Stadien in 1. und 2. Liga nur zu 50 Prozent auslasten, nach dem 3G-Prinzip sind maximal 25.000 geimpfte, genesene oder getestete Fans erlaubt. Hamburg hat als 2G-Teststadt eine Sonderrolle. Die Deutsche Fußball-Liga drängt auf eine Anpassung für alle.
Während im europäischen Ausland die Kapazitätszahlen teils bis hin zur Vollauslastung erhöht wurden, bestreitet die deutsche Politik einen konservativeren Weg – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aber hatte zuletzt immerhin vollere Stadien in Aussicht gestellt.
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Volle Stadien trotz Corona? Köln hat bei Ministerium angefragt
Insbesondere in den großen Stadien müssen derzeit am Wochenende noch etliche Plätze frei bleiben. Somit entgehen den Klubs wichtige Einnahmen. Der 1. FC Köln erwartet noch im Oktober 50.000 Fans in Müngersdorf. „Was in Hamburg und Schleswig-Holstein möglich ist, muss auch zeitnah für NRW gelten“, erklärte FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle.
Bereits Ende August hatte der Klub beim nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium um Erlaubnis für ein volles Stadion gebeten. Denn: Bei Konzerten mit 3G-Regelung in Fußballstadien oder in Hallen gibt es nämlich keine Kapazitätsobergrenze.
Die soll, wenn es nach den Fußball-Bossen geht, nun zumindest angepasst werden. „Wenn die überwiegende Mehrheit der Zuschauer geimpft oder die Kinder getestet sind, halte ich Fußballspiele vor gut gefüllten Häusern für ein verantwortbares Risiko“, hatte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zuletzt der Welt am Sonntag gesagt.
Schalkes Finanzchefin Christina Rühl-Hamers erklärte jüngst im Interview mit dieser Zeitung, dass man in Bezug auf die Zuschauer-Deckelung „nun über den nächsten Schritt nachdenken“ könne. Beim VfL Bochum hält man sich bedeckter und möchte sich weiterhin die Möglichkeit offenhalten, auch getestete Fans zuzulassen.
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Schon jetzt setzen einige Bundesligisten, darunter auch Borussia Dortmund, bei ihren Heimspielen überwiegend auf die 2G-Regel. Mainz 05 arbeitet mit einer 2G-Plus-Regelung, nach der Geimpfte und Genese im Stadion voneinander getrennt werden.
Als privater Veranstalter können die Vereine gemeinsam mit der DFL zwar jederzeit Hygienemaßnahmen verschärfen, was aber nicht – anders als in Hamburg – zu Erleichterungen bei den Schutzmaßnahmen führt. Es sei deshalb „müßig, sich eigene Modelle auszudenken“, meinte Christina Rühl-Hamers. Schalke 04 nutzt die 3G-Regelung.
Kritik an einer zu schnellen Auffüllung der Kapazität gibt es von Karl Lauterbach. Der Gesundheitspolitiker der SPD findet es „auch unter 2G-Bedingungen im Moment noch nicht sinnvoll, die Stadien ganz zu füllen“. Lauterbach sieht insbesondere vor dem Hintergrund des möglichen Nachlassens des Impfschutzes Risiken bei der Anreise, wenn sich Tausende Fans in öffentlichen Verkehrsmitteln tummeln. „Halbgefüllte Stadien sind kein Problem mit 2G“, stellte Lauterbach klar.
Der Essener Virologe Ulf Dittmer hatte im Juli einen Stufenplan für den nun angebrochenen Herbst empfohlen. „Wir sollten zunächst schauen, wie sich die Pandemie in Deutschland im Oktober und November entwickelt und dann die Stadien schrittweise füllen“, sagte Dittmer.
Corona-Verordnung gilt bis zum 8. Oktober
Gut möglich also, dass die Politik in Nordrhein-Westfalen demnächst eine Anpassung vornehmen wird. Die aktuelle Corona-Schutzverordnung gilt bis zum 8. Oktober. Der Druck von Vereinen, die mit Klagen drohen, und auch von organisierten Fan-Gruppen, die sich Perspektiven zur Vollauslastung wünschen, wird größer. Nicht erst seit dem Hamburger Vorstoß.