Weißenfels. . Der Rückfall in überwunden geglaubte Zeiten dauerte fast drei Viertel an. Doch aus dem tiefen Loch, das sich die Bundesliga-Basketballer von Phoenix Hagen weitgehend orientierungslos anrennend gegraben hatten, hätten sie fast noch einen Ausweg gefunden.

Die beeindruckende Hagener Aufholjagd nach 23-Punkte-Rückstand stoppte der Mitteldeutsche BC bei seinem 76:70 (39:33)-Sieg in der Schlussphase auch mit tätiger Mithilfe des Referee-Trios. „Gefühlt haben wir am Ende zehn Pfiffe gegen uns bekommen, warum auch immer“, formulierte Phoenix-Coach Ingo Freyer vorsichtig. Wohlweislich hinzufügend, dass er damit natürlich keineswegs die Schiedsrichter kritisieren wolle: „Schade, sonst hätten wir hier noch gewonnen.“

Die Schlussphase entscheidet bei knappen Partien über Sieg oder Niederlage, auf das letzte Viertel wollte Silvano Poropat das Geschehen in der Stadthalle Weißenfels indes nicht reduziert wissen. „Absolut verdient“ sei der Sieg der Gastgeber, beharrte der MBC-Coach: „35 Minuten waren wir die bessere Mannschaft, haben viel richtig gemacht.“ Womit Poropat tendenziell keineswegs falsch lag. Doch die Phase, in der die Gäste dominierten, dauerte durchaus etwas länger - und hätte fast gereicht, um die Partie zu kippen. Wenn, ja wenn nicht eine Serie zumindest umstrittener Entscheidungen in den letzten vier Minuten nach dem 66:63 die – vom zwischenzeitlich hohen Rückstand nicht zu erschütternde - Moral der Hagener endgültig gebrochen hätte. „Im Schlussviertel waren wir mental stärker, da hätten wir den Sieg verdient gehabt“, befand Freyer, „aber so hatten wir keine Chance.“

MBC dominiert am Brett

Dass er mit der Gesamtleistung seiner Mannschaft, die ohne den erkrankten Nikita Khartchenkov antreten musste, keineswegs zufrieden war, daran ließ Freyer indes auch keinen Zweifel. Und das galt von Beginn an. Mit dem lange verletzten Michael Cuffee anstelle von Josh Parker im Team dominierte der MBC vom Hochball weg. Schnell lagen die Gastgeber nach schönen Passstafetten mit 8:0 vorn, schon nach 72 Sekunden sah sich Freyer zur ersten Auszeit gezwungen. Doch die Hagener Wurfquote blieb ebenso schwach wie die Reboundarbeit, am Ende hatte der MBC das Duell an den Brettern mit 51:35 gewonnen. „So viele Rebounds hatten wir noch nie“, staunte der Ex-Hagener Malte Schwarz später.

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Erst nach der ersten Viertelpause griffen die Hagener etwas energischer zu, verkürzten dank Henry Dugat nach dem 22:14 auf 22:20 (13.). Den MBC zwang man nun zu mehr Fehlern im Spielaufbau, doch etliche eigene gute Chancen ließen die Gäste liegen. So stellten Hrvoje Kovacevic und Marcus Hatten mit Treffern aus der Distanz den alten Abstand wieder her (37:29, 18.). Dabei blieb es nicht, nach dem Seitenwechsel ließen sich die Gäste erst richtig überrennen. Gerade Cuffee war nun nicht mehr zu stoppen, erzielte die ersten neun Punkte. Und erst nach dem 52:33 (24.) gelang Dugat endlich der erste Phoenix-Korb in Halbzeit zwei. Was am konfusen Anrennen der Hagener nichts änderte, immer wieder liefen etwa David Bell, Ole Wendt und Larry Gordon ungestüm in die Blocks der Gastgeber-Center Djordje Pantelic und Martins Meiers. Überlegt spielte jetzt nur der MBC. Beim 62:39 durch Angelo Caloiaro (28.) war der höchste Vorsprung erreicht, für die Gäste sah es böse aus. Sie traten lange so auf, als ob es die Playoff-Pause nicht gegeben hätte. „Gerade im dritten Viertel waren wir ganz schwach, davon war ich sehr enttäuscht“, räumte Freyer ein.

Phoenix darf man nie abschreiben

Aber dieses Phoenix-Team darf man auch nie abschreiben. Als alles verloren schien, steigerten die Gäste die Defensiv-Intensität. Der MBC zeigte plötzlich Wirkung, die Ballverluste häuften sich und ermöglichten Hagener Tempospiel. Und als dann auch wenigstens Bell aus der Distanz traf, war Phoenix beim 66:63 (36.) durch Gordons Dreipunktspiel plötzlich wieder dran. Und noch mehr wäre möglich gewesen, wenn etwa die Behinderung Dugats durch Hatten auf dem Weg zum Fastbreak-Dunking geahndet worden wäre.

Trotzdem blieb es nun eng, jeder Ball war hart umkämpft. Bis zu Dugats 70:67 87 Sekunden vor dem Ende durfte Phoenix hoffen, dann entschieden die Schiedsrichter zwei umstritten Szenen gegen Keith Ramsey, ein Korberfolg fand keine Anerkennung. Die Gastgeber nutzten es von der Freiwurflinie zum Sieg, während Dugat und Mark Dorris mit dem jeweils fünften Vergehen vom Parkett mussten. Insgesamt waren gegen die Hagener weit mehr Fouls (25:16) gepfiffen worden, deutlich seltener durften sie an die Freiwurflinie (13:25). Über jede einzelne Entscheidung hätte man diskutieren können, räumte Routinier Bernd Kruel später ein: „Aber die Summe der Pfiffe macht’s.“ So sahen sich die Gäste um den Lohn für eine furiose Aufholjagd gebracht, an die kaum jemand noch geglaubt hätte.

Statistiken

Mitteldeutscher BC: Schwarz (0, 0/5 Dreier), Hatten (17, 1/6 Dreier, 6 Assists, 4 Ballverluste), Kovacevic (12, 2/4 Dreier), Pantelic (8, 16 Rebounds, 4 Assists, 3 Blocks), Cuffee (16, 2/5 Dreier, 4 Ballverluste), Leutloff (2), Hain, Caloiaro (16, 11 Rebounds), Meiers (5, 3 Blocks).

Phoenix Hagen: Bell (16, 3/8 Dreier, 3 Ballverluste), Dugat (18, 0/2 Dreier), Bleck, Kruel, Wendt, Gordon (14, 1/5 Dreier, 5 Steals), Gregory (8, 6 Rebounds), Dorris (10, 0/2 Dreier), Ramsey (4, 12 Rebounds).

Spielviertel: 20:12, 19:21, 25:15, 12:22.

Teamstatistik: 40:38 % Wurfquote, 6/23:4/17 Dreier, 16/25:12/13 Freiwürfe, 51:35 Rebounds, 16:5 Assists, 18:12 Ballverluste, 3:9 Steals, 8:3 Blocks.

Zuschauer: 2450