Hagen. . Dieses Saisonfinale war bewegend und hoch emotional: Nach acht Wochen in der Klinik kam der schwer verletzte D.J. Covington mit aufs Parkett, bevor Phoenix Hagen die Crailsheim Merlins mit 94:83 bezwang. Center-Kollege Owen Klassen verlängerte seinen Vertrag beim Basketball-Bundesligisten.
Bewegende Momente hat diese Arena zuhauf erlebt, auch als sie noch schlicht Ischelandhalle hieß. Doch dieser Augenblick war in einem halben Jahrhundert Basketball-Bundesliga ein ganz besonderer. Zum Saisonfinale von Phoenix Hagen kam auch die Nummer 24 im Rollstuhl mit aufs Feld, der acht Wochen zuvor hier so schwer verletzte D.J. Covington - und wurde mit frenetischem Jubel und lang anhaltenden Gesängen begrüßt.
Und Gänsehaut und Tränen bei 3145 Besuchern in der ausverkauften Halle wiederholten sich, als der US-Amerikaner nach dem 94:83 (44:40)-Sieg gegen die Crailsheim Merlins per Megafon die finale Feier einer verrückten Saison anstimmte. Die Nachricht, dass Center-Kollege Owen Klassen seinen Vertrag bei Phoenix um ein Jahr verlängert hat, krönte einen hoch emotionalen Abend. „Es war grandios, dass D.J. hier sein konnte“, fand nicht nur Aufbauspieler Niklas Geske.
Es war das nahezu komplette Phoenix-Team der Saison, das sich fünf Minuten vor dem letzten Hochball 2015/16 auf dem Parkett versammelte. „Bis auf Tommy Smith“, konkretisierte Phoenix-Coach Ingo Freyer später. Lediglich der zwischenzeitliche Covington-Ersatz aus den ersten Spielen fehlte natürlich, neben D.J. schritt dagegen auch Fast-Namensvetter J.J. Mann, zu Wochenbeginn frisch am Sprunggelenk operiert, beim Einlauf im gelben Leibchen mit aufs Feld. Um eine Spielzeit mit unerwarteten Höhen und ähnlich vielen Rückschlägen geschlossen zu beenden. „Das war eine Saison, wie man sie auch nicht immer hat“, befand Freyer später nach einem „sehr, sehr emotionalen“ Abend: „Aber es ist ja immer etwas Besonderes, in diese Halle zu kommen.“
Phoenix Hagen besiegt Crailsheim
Phoenix mit unbändigem Siegeswillen
Den Schwung des Covington-Auftritts nutzten die Gastgeber, um auch zwei Tage nach der sportlichen Rettung schnell ihren unbedingten Siegeswillen deutlich zu machen. Nach dem 8:1 durch D.J.-Kumpel Brandon Jefferson (3. Minute) bat Crailsheims Coach Tuomas Iisalo zur ersten Auszeit, erst danach kamen die am Brett mit den 2,08-m-Centern Adam Chubb und Matt Stainbrook körperlich überlegenen Gäste besser ins Spiel. Beim 18:15 (7.) durch Jordan Callahans Dreier hatten sie aufgeschlossen, nun konnte sich Phoenix in der ersten Hälfte nicht mehr entscheidend absetzen. Nach dem 38:31 (17.) durch den stark verbesserten Ivan Elliott kam der Absteiger wieder bis auf 42:40 (20.) heran, eine spannende letzte Saisonhälfte zeichnete sich ab.
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Doch zum Ärger von Iisalo („Unser Start ins erste und dritte Viertel war katastrophal“) zogen die Gastgeber nach der Pause, die Covington mit Interviewrunde inklusive Ärzten und Korbwurf-Versuchen aus dem Rollstuhl heraus füllte, wieder davon. Mit stärkerer Defensive ließen sie bis zum 50:40 (24.) keinen Crailsheimer Punkt zu, bei Jeffersons 59:43 (25.) machte sich endgültig Feierstimmung auf den Rängen breit, die die Ankündigung auf Freibier und Freiwurst durch Hallensprecher Uwe Schröer noch beflügelte. Lediglich Gäste-Guard Antonio Graves setzte mit einigen Dreiern noch Nadelstiche, während die Gastgeber aus der Distanz unterdurchschnittlich trafen.
Bell trifft 18 von 18 Freiwürfen für Phoenix Hagen
Dafür zeigten sie sich enorm treffsicher bei den Freiwürfen, die ersten 22 Versuche verwandelten sie. Erst als Elliott die ersten beiden Würfe von der Linie verpasste und David Bell und Klassen mit dem jeweils vierten Foul zunächst auf die Bank mussten, wurde es noch einmal eng (34., 73:67). Doch Kapitän und Stammcenter kehrten bald zurück. Und die Gäste-Taktik, ausgerechnet Bell immer wieder zu foulen, erwies sich als grundfalsch. 18 Mal ging der 34-Jährige an die Linie, rekordverdächtige 18 Mal traf er auch. Und ließ Phoenix endgültig auf 84:71 (37.) wegziehen. „Wir haben Hagen 41 Freiwürfe zugestanden, das ist bei Werfern wie Bell und Jefferson ein großes Problem“, räumte Iisalo ein, dessen Team so auch im 17. Auswärtsspiel leer ausging.
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Für die Hagener dagegen war es der Auftakt für einen höchst stimmungsvollen Saisonausklang, zu dessen Auftakt die Fans auf dem Heuboden das große „Erstklassig“-Transparent aufzogen. „Wir genießen das jetzt in vollen Zügen“, befand Phoenix-Geschäftsführer Peter Brochhagen nach zuletzt schweren Wochen. Vor allem D.J. Covington war sichtbar glücklich, nach langen Wochen in der Klinik zumindest für kurze Zeit wieder auf vertrautem Basketball-Terrain zu sein. Und hob hervor: „Die Unterstützung, die ich bekommen habe, ist kaum in Worte zu fassen.“ Auch an diesem denkwürdigen Abend.
Phoenix Hagen - Crailsheim Merlins 94:83 (44:40)
Phoenix Hagen: Bell (26, 0/2 Dreier, 18/18 Freiwürfe, 8 Assists, 4 Ballverluste), Jefferson (20, 1/7 Dreier), Klassen (7, 8 Rebounds, 6 Assists), Elliott (18, 2/6 Dreier, 6 Rebounds), Jasinski, Hess (6), Grof (4), Krume, Geske (13, 1/1 Dreier, 5 Rebounds, 4 Assists), Zahner-Gothen, Keßen.
Crailsheim Merlins: Graves (27, 4/9 Dreier, 5 Ballverluste), Ely (11, 2/5 Dreier), Stainbrook (16, 6 Rebounds), Callahan (6, 10 Assists), Jost (12), Wysocki (0, 6 Rebounds), Schwartz (2), Chubb (8), Cizauskas (6, 7 Assists).
Spielviertel: 25:24, 19:16, 23:16, 27:27.
Teamstatistik: 45:46 % Wurfquote, 6/21:9/24 Dreier, 36/41:14/20 Freiwürfe, 39:34 Rebounds, 22:30 Assists, 8:6 Steals, 12:15 Ballverluste, 3:1 Blocks.
Zuschauer: 3145 (ausverkauft).
Stimmen
Ingo Freyer (Trainer Hagen): Mit 14 Siegen sind wir sehr, sehr zufrieden. Es ist ein gutes Gefühl, mit einem Sieg in die Sommerpause zu gehen. Owen Klassen ist ein noch junger Spieler, dessen Potenzial jeder sehen kann. Und er hat einen superguten Charakter, das ist seh wichtig. Um ihn, David Bell und Adam Hess können wir jetzt die neue Mannschaft bauen.
D.J. Covington (Spieler Hagen): Die Phoenix-Familie hat sich so gut um mich gekümmert. Ich kann mich glücklich schätzen, ein Teil dieser Familie zu sein.
Tuomas Iisalo (Trainer Crailsheim): Hagen hat trotz der vielen Verletzungen bis zum Ende gekämpft. Die Mannschaft spielt sehr attraktiv.. Von meiner Mannschaft bin ich enttäuscht.