Washington. . Johnny Manziel ist ein schmächtiges Bürschchen, stammt aus einer Öl-Dynastie und soll die Cleveland Browns in dieser Football-Saison nach vorne bringen. Das diesjährige Finale um den Superbowl findet im mild temperierten Glendale/Arizona statt.

Große Klappe - aber was dahinter? Seit Johnny Manziel beim Testspiel der gegnerischen Bank aus Washington von Sticheleien genervt den verbotenen Finger zeigte, was ihm 12 000 Dollar Strafe und von Trainer Mike Pettine die einstweilige Versetzung ins zweite Glied einbrachte, fragen sich Football-Fans, ob sie auf das richtige Pferd gesetzt haben. Der mit seinen 1,83 Metern und 95 Kilogramm im Feld der Drei-Zentner-Kolosse bemitleidenswert schmächtig aussehende Spross aus reichem Öl-Dynastie-Haus ist zum Start der neuen Saison der „National Football League“ (NFL) in Amerika Gesprächsthema Nr. 1. Sein Trikot ist das meistverkaufte, seine Autogrammkarten sind die begehrtesten.

Was gewiss auch an den „Straßenfußballer“-Qualitäten des 21-jährigen Quarterbacks liegt, der nach einer Karriere an der Universität Texas A & M mit der Heisman-Trophy für den besten Spieler ausgezeichnet wurde, bevor ihm die Cleveland Browns den ersten Profi-Vertrag gaben. Aber noch mehr an seinem illustren Bekanntenkreis, ausgeprägter Geschäftstüchtigkeit (Spitzname: Johnny Cash) und einem Lifestyle an der Nahtstelle zwischen Sport und Schickimicki. Manziel zählt Basketball-Gigant LeBron James zu seinen Kumpeln. Der aus Miami an seine alte Wirkungsstätte bei den Cleveland Cavaliers zurückgekehrte „Auserwählte“ soll den millionenschweren Werbevertrag eingefädelt haben, den Manziel mit einem Sportschuh-Hersteller abschloss. Ohne einen Touchdown-Pass in der NFL geschafft zu haben.

Der neue NFL-Hoffnungsträger mag die Show-Sternchen der Nachtklubs

Wenn Manziel nicht gerade seinen Wurfarm trainierte, ging er zuletzt oft auf die Rolle, war mit Show-Sternchen in Nachtklubs zu sehen, nicht selten angeschickert, und ließ danach seine Anhänger in den sozialen Netzwerken in Wort und Bild an spätpubertären Eskapaden teilhaben. Geht gar nicht, haben ihm die Browns bedeutet: Johnny, be good - oder „be gone“. Besser dich - oder Ofen aus.

Dennoch überschlagen sich die Berichterstatter mit Vorschuss-Lob und 1 a-Prognosen. Rookie des Jahres, bester Nachwuchs-Spieler. Garant für eine Playoff-Teilnahme der Browns. Manziel gilt über die Autobauer-Stadt am Erie-See hinaus als Hoffnungsträger. Verständlich. Zwar ist die NFL nach Zuschauerzahlen im Stadion und an den Fernsehgeräten mit zehn Milliarden Dollar Jahresumsatz weiter die Kraftzentrale im US-Profisport, weit vor Basketball und Baseball. Allerdings hat die von Chef Roger Goodell straff geführte Liga notorisch mit Skandalen und Skandälchen zu kämpfen, die am Image kratzen.

Kopfverletzungsanfälligkeit - Sammelklage eingereicht

Starspielern wie Ray Rice rutschte zuhause die Hand aus. Was dessen Frau einen Arztbesuch eintrug und erneut das Thema häusliche Gewalt in NFL-Familien auf die Tagesordnung schob. Michael Sam, der erste offen homosexuell lebende Athlet im rauen Männersport, ist von seinem Kurzzeit-Arbeitgeber St. Louis Rams ausgemustert worden. Und die milliardenschweren Redskins in Washington weigern sich weiter hartnäckig, ihren von Präsident Obama und diversen Indianerstämmen für beleidigend gehaltenen Vereinsnamen („Rothäute“) abzulegen.

Dazu kommt die ewige Kopfverletzungsanfälligkeit. Noch ist die Sammelklage, die 4500 ehemalige Profis und deren Familien gegen die NFL eingereicht hatten, nicht verdaut. Ihr Vorwurf, die Liga habe die Gesundheit der Spieler vernachlässigt, Verletzungen bagatellisiert, anstatt das Regelwerk drastisch zu verschärfen, endete mit einem Vergleich, der den Betroffenen 765 Millionen Dollar Entschädigung zusicherte, knapp 570 Millionen Euro. Eine Summe, die ihre Wirkung nicht verfehlte. Präsident Obama sagte, hätte er Söhne, würde er sie nicht auf den Football-Platz lassen. Zu gefährlich. Viele Eltern schicken seither ihre Kinder zu Sportarten, die weniger auf Knochen und Hirn gehen.

Super Bowl im Februar im mild temperierten Arizona

Möglichst lange gesund zu bleiben, wird auch in dieser Saison wieder über den Erfolg mitentscheiden. Viel wird dem Vorjahressieger Seattle Seahawks um Quarterback Russell Wilson zugetraut, der im letzten Finale beim 43:8-Sieg Peyton Manning von den Denver Broncos in den Schatten stellte. Das Team von der Westküste hat mit Marshawn Lynch und dem ebenso starken wie wortgewaltigen Richard Sherman zwei Ausnahme-Spieler im Aufgebot. Beim Kick-Off zur Saison am Donnerstag bekamen das die Green Bay Packers bereits zu spüren - 36:16.

Falls die Seahawks wieder ins Finale kommen sollte, hat sich eine Sorge allerdings erledigt. Minus-Temperaturen wie beim letzten Mal in New Jersey sind am 1. Februar 2015 nicht zu befürchten. Der Kampf um die Super Bowl findet im mild temperierten Glendale/Arizona statt. Könnte für den Texaner Johnny Manziel ein zusätzlicher Ansporn sein.