Washington.. Beim Super Bowl zwischen den Denver Broncos und Seattle Seahawks könnte Superstar-Quarterback Peyton Manning Geschichte schreiben. Der 37-Jährige stand kurz vor der Sportinvalidität und kann jetzt als erster mit einem zweiten Team den Vince-Lombardi-Pokal gewinnen.

Wer den Sheriff umhaut, kommt ins Gefängnis. Ist im Leben so, im American Football nicht. Nicht am Sonntagabend im MetLife-Stadion von East Rutherford in New Jersey. Wer hier den Sheriff umhaut, kann den prestigeträchtigsten Titel im US-Profi-Sport gewinnen: Super Bowl.

Vorausgesetzt, er trägt das Trikot der Seattle Seahawks. Sheriff ist der Spitzname von Peyton Manning. Quarterback der Denver Broncos. Gehirn und verlängerter Arm seiner Mannschaft. 37 Jahre alt. Skandalfrei. Vater von Zwillingen. Bekannt wie ein bunter Hund. Und die heißeste Sport-Story im Land. Besser: Sport-Rückkehrer-Story.

Peyton Manning drohte die Sport-Invalidität

In 13 Spielzeiten bei den Indiana Colts, eine davon endete 2007 mit dem Titel, versäumte er nicht eine Partie. Plötzlich drohte die Sport-Invalidität. Sein Arbeitgeber setzte ihm im Frühjahr 2012 den Stuhl vor die Tür. Da steht er immer noch. Nur Peyton Manning ist weg. Er thront auf dem Mount Everest seines Könnens.

In der regulären Saison hat der auf dem Grün wie ein Spielertrainer-Feldherr agierende Athlet den Statistik-Irrgarten mit zwei Bestmarken bereichert. 55 Touchdown-Pässe und 5477 Yards Raumgewinn. Niemand hat mehr in den Büchern stehen. Zum fünften Mal wählt ihn die National Football League (NFL) in dieser Woche zum wertvollsten Spieler.

Denver Broncos haben beste Offensive, Seattle Seahawks beste Defensive

Am Sonntag kann sich Manning unsterblich werfen. Wenn er seinen Passempfängern Wes Welker, Eric Decker, Demaryius Thomas und Julius Thomas das Plastik-Ei endzonengerecht serviert. Siegt Denver, die beste Offensive, gegen Seattle, die beste Verteidigung, wäre Manning der erste Quarterback, der mit zwei verschiedenen Vereinen den Vince-Lombardi-Pokal in Empfang nehmen darf.

In Dove Valley, auf dem Trainingsgelände der Broncos, und am 72 000 Besucher fassenden Mile High Sports Authority Field in der Stadt wünschten in der vergangenen Woche trotz Eis und Schnee dem Mann mit der Trikotnummer 18 den Erfolg. „Man kann mit ihm reden. Er ist normal geblieben“, sagt Bill Paxton aus dem Vorort Lakewood, ein verwundeter Irak-Veteran und Fan, „und ich weiß zu schätzen, wie hart er gearbeitet haben muss, um wieder zurück zu kommen auf dieses Niveau.“ Für Woody Paige, Kolumnist der Denver Post, steht fest: „Geht der Pokal nach Denver, ist Peyton der beste Spieler aller Zeiten.“ Und John Elway hätte alles richtig gemacht.

Manning ein Quarterback der alten Schule

Ohne den Blondschopf, der auf Mannings Position 1998 und 1999 für die vorläufig letzten Superbowl-Titel der Broncos sorgte und seit 2012 nicht mehr allein Steakhäuser führt, sondern auch die sportliche Abteilung seines alten Klubs, wäre die „Traumgeschichte“ (CNN) kaum möglich gewesen.

Elway, der in Colorado kurz hinter dem lieben Gott kommt, lockte den nach langer Reha physisch wieder hergestellten Mann aus New Orleans zu den Broncos. Versorgte ihn mit einem 100 Millionen Dollar-Vertrag über fünf Jahre, bastelte ihm die passenden Vorderreihen zusammen. Und rief das durch die Leidensgeschichte angekratzte Urvertrauen in die Gaben wach, die Peyton wie Bruder Eli von Papa Archie geerbt haben muss, der ebenfalls eine NFL-Karriere vorzuweisen hat: scharfen Verstand, Entschlusskraft und einen Arm, der in Hochform wie ein präzises Zustellzentrum arbeitet, dass den Adressaten blind findet.

Und das, obwohl Manning alte Schule ist. Moderne Quarterbacks wie Colin Kaepernick (San Francisco 49ers) und Mannings Gegenüber am Sonntag, Russell Wilson, überrennen zur Not selbst die Defensiv-Linien. Peyton orchestriert Spielzüge aus dem „Pocket“ heraus, einem menschlichen Schutzwall aus fünf Muskel-Gebirgen. Damit keiner den Sheriff umhaut.