Accra. . Kevin-Prince Boateng und seine Ghanaer wollen bei der Fußball-WM für eine Überraschung sorgen, Verbandschef Nyantakyi und Trainer Appiah geben sich extrem angriffslustig. Dabei wird es für den viermaligen Afrikameister schon schwer genug, die Gruppenphase zu überstehen

In Ghana lässt sich kaum jemand von der großen Außenseiterrolle des westafrikanischen Landes bei der Fußball-WM in Brasilien beeindrucken. "Ich kann Ihnen versprechen, dass Ghana die Gruppenphase überstehen und die Trophäe heben wird", sagte Verbandschef Kwesi Nyantakyi reichlich euphorisch einem heimischen Radiosender. Nationaltrainer James Kwesi Appiah zeigte sich zwar in vielen Interviews vor Turnierbeginn vergleichsweise zurückhaltend, urteilte aber jüngst im "11Freunde"-Magazin ebenfalls frech: "Ich denke, dass Ghana die Weltmeisterschaft gewinnen wird." Obendrein forderte selbst der Staatspräsident freiheraus den Titel.

Natürlich gilt der deutsche Gruppengegner dank seiner internationalen Stars nicht gerade als WM-Schwächling. Dass das Team um Schalkes Kevin-Prince Boateng tatsächlich am 13. Juli im Maracanã von Rio de Janeiro um den WM-Pokal spielt, ist aber doch abwegig. Das müsste eigentlich auch Nationalcoach Appiah bewusst sein. "Jeder Trainer hat ein Ziel und ich glaube an meine Spieler und meine Mannschaft. Aber ich kann nicht sagen, was wir erreichen", bemerkte der frühere Nationalspieler noch vor Wochen deutlich zurückhaltender: "Was ich versprachen kann ist, dass wir die Ghanaer nicht blamieren werden."

Mittelfeldprofi Boateng dürfte beim Unternehmen WM-Höhenflug entscheidende Bedeutung zukommen. Sein Draht zu Appiah ist eng, seine fußballerische Klasse unbestritten, seine Rolle im Team deshalb extrem wichtig. Darüber hinaus stehen in Ghanas WM-Kader auch weitere in der ganzen Fußballwelt angesehene Profis wie Kwadwo Asamoah (Juventus Turin) sowie Sulley Muntari und Michael Essien (beide AC Mailand) - zusammen sollen sie das Team in die K.o.-Runde führen.

Nur ein Boateng kommt weiter

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Boateng traut vor allem den Portugiesen viel zu, obwohl sich die Südeuropäer nur über den Umweg Relegation überhaupt für die WM qualifizieren konnten. "Für mich ist Portugal der Favorit in der Gruppe. Wenn Cristiano Ronaldo fit ist, werden sie schwer zu schlagen sein", mutmaßte der 27-Jährige. Dem deutschen Team um seinen Bruder Jérôme fehlten dagegen "die Typen in der Mannschaft, die alle mitreißen können", sagte er. Ghana werde mit der DFB-Auswahl um Platz zwei streiten: "Ich denke, dass nur ein Boateng weiterkommt."

Coach Appiah geriet im WM-Teamcamp im niederländischen Arnheim regelrecht ins Schwärmen. "Unsere Einheit ist fantastisch, die Disziplin ist riesengroß", beteuerte er: "Ich bin beeindruckt von der Leistung meiner Spieler. Alle sind aufmerksam. Jeder versucht zu tun, was er kann." Dass der Härtetest gegen die Niederlande im Vorfeld des Turniers mit 0:1 verloren ging, störte kaum einen. Mehr schmerzte schon der Verlust von Stamm-Innenverteidiger Jerry Akamink, der sich schwer am linken Sprunggelenk verletzte und jetzt ausfällt.

Dass die Ghanaer Qualität haben, haben sie schon in der jüngeren Vergangenheit bewiesen. Bei ihrer ersten WM vor acht Jahren traf der viermalige Afrikameister in der Vorrunde auf den späteren Weltmeister Italien und kam trotzdem bis ins Achtelfinale. Vier Jahre später in Südafrika wartete früh die deutsche Elf - doch von dem 0:1 ließen sich Boateng & Co. nicht beirren. Schluss war erst im Viertelfinale, als sich Uruguay im Elfmeterschießen glücklich durchsetzte. (dpa)