Paderborn. . Der SC Paderborn kann an diesem Wochenende den sensationellen Aufstieg in die erste Liga perfekt machen. Bei einem eigenen Sieg in Aue und einem Unentschieden des Verfolgers Greuther Fürth ginge es für die Ostwestfalen ins Fußball-Oberhaus. Doch dem kleinen Klub begegnen viele Vorurteile.

Es ist ein trüber, regnerischer Nachmittag in Paderborn. Was nicht sehr verheißungsvoll klingt, wird von zwei Kamerateams gefilmt. Das eine kommt vom ZDF, das andere ist vom WDR entsendet worden. Sie filmen: das Training der Fußballer des SC Paderborn.

Sie sind nicht allein. Am vergangenen Montag war ein Team des Bezahlsenders Sky nach Ostwestfalen gereist, um zu sehen, wie die Mannschaft trainiert. Es war der Tag nach dem Spiel gegen Sandhausen, weshalb die Profis erwartungsgemäß eine regenerative Laufeinheit absolvierten. Es sind die wohl belanglosesten Trainingsbilder, die Fußball-Mannschaften produzieren können. Aber die Kameras lieferten Live-Bilder.

„Das“, schmunzelt Paderborns Manager Michael Born, „gibt es eigentlich sonst nur bei Bayern München und Borussia Dortmund.“ Paderborn in einer Liga mit den europäischen Schwergewichten? Unsinn. Dabei könnte genau das schon an diesem Sonntag (15.30 Uhr, live bei uns im Ticker) Realität werden.

Der SCP rangiert in diesen Tagen auf dem zweiten Tabellenplatz der zweiten Bundesliga. Bei einem eigenen Sieg in Aue und einem Unentschieden des Verfolgers Greuther Fürth wäre schon einen Spieltag vor dem Saisonende eine der größten Sensationen der jüngeren nationalen Fußball-Geschichte perfekt: Paderborn wäre mit Mini-Etat, Mini-Stadion, Mini-Erwartungshaltung erstklassig.

„Die Euphorie in Paderborn ist riesengroß“, sagt der gebürtige Wittgensteiner Born. Unter der Last der Nachfrage für das letzte Saisonspiel gegen Aalen brachen zuletzt die Telefonleitungen zusammen. Jenseits der Stadtgrenzen allerdings rümpfen Traditionalisten die Nase, weil schillernde und traditionsreiche Klubs wie der Hamburger SV und Eintracht Braunschweig absteigen könnten, mit dem SCP aber ein Provinz-Standort erstmals Teil des Hochglanzprodukts Bundesliga wäre. „Wer nach 34 Spieltagen einen der ersten beiden Plätze belegt, ist berechtigt in der Bundesliga zu spielen“, verteidigt sich Born und sagt: „Paderborn wäre eine Bereicherung. Wenn es im Fußball noch möglich ist, mit unseren finanziellen Möglichkeiten in die Bundesliga einzuziehen, dann ist das eine absolut spannende Geschichte. Ich habe aber kein Problem damit, dass das nicht alle so sehen.“

Bielefeld ist der große Bruder

Arminia Bielefeld ist der eigentlich große Klub in Ostwestfalen. Das sagt schon viel. Paderborn (ca. 150 000 Einwohner) aber ist sportlich vorbeigezogen am bekannten Bruder. 15 000 Zuschauer fasst das selbst in dieser Saison nur selten ausverkaufte Paderborner Stadion, für jeden einzelnen von ihnen scheint vor dem Stadion ein Fahrradständer vorhanden zu sein. Manch ein Spieler kommt trotzdem zu Fuß zu den Spielen, die allerdings vor 22 Uhr beendet sein müssen, weil sich die Anwohnerschaft vom Lärm gestört fühlte und vor Gericht zog. Und als wäre dies alles nicht schon genug, fließt durch die Stadt auch noch der kürzeste Fluss Deutschlands.

Doch so geräuschlos wie die Pader daherschwappt ist in der scheinbar unendlichen Ruhe Ostwestfalens Beachtliches entstanden. „Außerhalb von Paderborn erleben wir die gängigen Vorurteile natürlich schon. Aber in der Branche erfahren wir sehr viel Akzeptanz für unsere Arbeit“, sagt Born.

Zusammen mit dem Präsidenten und Geldgeber Wilfried Finke bewies er stets erstaunliches Geschick bei der Besetzung des Trainerpostens: Jos Luhukay (Hertha BSC Berlin) arbeitet längst in der Bundesliga, Roger Schmidt, unter dem vor zwei Jahren der Bundesliga-Aufstieg am letzten Spieltag verpasst wurde, ab der kommenden Saison bei Bayer Leverkusen. Und auch der jetzige Trainer Andre Breitenreiter hat mit seinem attraktiven und erfolgreichen Stil Begehrlichkeiten geweckt. Er soll bei Eintracht Frankfurt im Gespräch sein, wo der Posten für die neue Saison noch vakant ist.

Geheime Planungen

„Es gibt keine Gespräche, kein Angebot. Ich denke, dass er auch über die Saison hinaus in Paderborn bleibt. Aber ich bin realistisch: Es gibt im Fußball immer Situationen, in denen es schwer ist, erfolgreiche Akteure in Paderborn zu halten.“ Situationen wie einen Aufstieg.

Hinter den Kulissen laufen bereits die geheimen Planungen für mögliche Feierlichkeiten. Der Aufstieg wäre eine Sensation, ein Fußball-Wunder. Oder, Herr Born? „Auf jeden Fall wäre er kein Zufall“, sagt er und wendet sich wieder dem Trainings-Geschehen im trüben Paderborn zu.