Düsseldorf. . Vor seinem WM-Kampf gegen Alex Leapai will Wladimir Klitschko eigentlich gefühlvoll über die Ukraine sprechen – doch dann stürmt plötzlich Ex-Champ Shannon Briggs in den Saal und beleidigt die Boxer. Klitschko blieb gelassen und verhinderte eine Schlägerei.
Wladimir Klitschko, der 38-jährige Box-Weltmeister im Schwergewicht, hatte gerade begonnen, von seinen Gefühlen zum Machtkampf in der Ukraine zu erzählen, da stürmte ein großer Mann in den Konferenzsaal des Düsseldorfer Intercontinental Hotels. Wie ein Demagoge, der die Wichtigkeit seiner Botschaft durch immense Dezibelstärke vergrößern will, schrie der Hüne seine Worte heraus. Der ungebetene Gast war Shannon Briggs, ein früherer Weltmeister, der allerdings 2010 in Hamburg den Titelkampf gegen Wladimirs Bruder, Vitali Klitschko, klar nach Punkten verloren hatte und anschließend mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden musste.
Zunächst beleidigte Briggs den Australier Alex Leapei, der am Samstag (ab 22.10 Uhr/RTL) in der Oberhausener Arena gegen Wladimir Klitschko in den Ring steigen wird, als unwürdigen Herausforderer. Dann riss er sich sein Hemd vom Leib und brüllte den Titelträger an: „Ich bin der wahre Weltmeister, der Champion des Volkes. Warum kämpft er und nicht ich gegen dich?“ Während Leapei am liebsten die Kontroverse gleich im Hotel an der Düsseldorfer Kö mit den Fäusten ausgetragen hätte, blieb Klitschko gelassen, hielt Leapei zurück und antwortete dem Störenfried: „Beruhige dich, Junge, nimm Platz und entspann dich!“
Klitschko: "Ich bin sicher, dass es zu einem Happy End kommen wird."
Als der extra aus den USA angereiste 42-jährige Briggs mit seiner ebenso ungewöhnlichen wie aussichtslosen Bewerbung um einen Titelkampf gegen Klitschko fertig war und den Saal unter Getöse verlassen hatte, setzte Klitschko seine Ausführungen über seine Heimat Ukraine genau an dem Punkt fort, an dem er sie zehn Minuten zuvor unfreiwillig unterbrochen hatte. „Seit meinem letzten Kampf vor sechs Monaten ist in meiner Heimat viel passiert“, sagte Klitschko, „die Ukraine gehört zusammen. Ich bin sicher, dass es zu einem Happy End kommen wird.“ Täglich telefoniere er mit seinem Bruder Vitali, der seinen Weltmeister-Titel niedergelegt hat, um bei den nächsten Wahlen für das Amt des Bürgermeisters in Kiew zu kandidieren. Am Samstag werde Vitali in Oberhausen am Ring stehen, bestätigte Wladimir.
Die Klitschkos werden den Box-Kampf zur Verkündung ihrer politischen Botschaft nutzen. Vitalis Frau Natalia wird im Ring die Hymne der Ukraine singen. RTL-Sprecher Matthias Bolhöfer kündigte an, dass am Samstag „ein starkes emotionales Zeichen in die Welt gesendet werde“. Wladimir Klitschko wählte noch größere Worte und bezog sich auf den verstorbenen südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela: „Er hat mal gesagt, der Sport habe die Kraft, um die Welt zum Guten zu wenden. Ich will mit meinem Kampf der Ukraine das Gefühl der Einheit geben. Wir sind ein Land und eine Nation.“ In Russland wird der Kampf zwischen Klitschko und Leapei nicht zu sehen sein. Der Fight wird zwar in 150 Ländern übertragen, zum ersten Mal seit zehn Jahren jedoch nicht in Russland. „Das ist schade. Es lag nicht am Geld“, erklärte Bernd Bönte, der Manager der Klitschkos, und fügte hinzu: „Das sagt alles über die Pressefreiheit dort aus.“
"Dagegen ist Boxen Kindergarten"
In den vergangenen Wochen hat Klitschko den Spagat schaffen müssen, sich auf den WM-Kampf gegen Leapei vorzubereiten, obwohl es in seiner Heimat zu gewaltsamen Kämpfen kam. „Dagegen ist Boxen Kindergarten“, sagte Klitschko, „mein Kopf war oft in der Ukraine, während mein Körper in der Vorbereitung war. Ich habe jedoch alles getan, um hundertprozentig fit in den Ring zu steigen.“
Das hat auch sein Gegner getan. Der 34-jährige Leapei will am Samstag Box-Geschichte schreiben. „Ich will und werde meine Chance nutzen“, sagte er.