München. .
Die Spieler saßen schon längst wieder im Mannschaftsbus, als sich Schalke-Manager Horst Heldt doch noch in die Mixed Zone der Allianz-Arena traute. Lange hatte er nach der königsblauen 1:5-Klatsche beim FC Bayern gebraucht, um sich zu sammeln. Er bezeichnete die Leistung der Mannschaft als "peinlich" und verriet, über welchen Spieler er sich besonders geärgert hatte.
Wie fanden Sie die Leistung - beschämend, peinlich, oder fällt Ihnen ein anderes Wort ein?
Horst Heldt: Peinlich ist ein gutes Wort.
Haben Sie eine Erklärung für dieses erneute Debakel?
Heldt: Wir hatten zu wenig Spieler auf dem Platz, die sich gewehrt haben. Wir hatten zu viele Spieler auf dem Platz, die mutlos waren. Wir haben nach zweieinhalb Minuten schon den ersten Nackenschlag bekommen. Dann gingen sofort die Köpfe nach unten und in der ganzen ersten Halbzeit nicht mehr nach oben. Da wollte keiner den Ball haben. Von elf Spielern haben sich acht, neun dem Schicksal ergeben. In der zweiten Halbzeit war es ein wenig besser, das macht die Woche aber auch nicht schön. Elf Gegentore in zwei Spielen - das tut weh.
Wie wollen Sie die Mannschaft jetzt wieder aufrichten?
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Heldt: Das werden wir heute Abend noch beratschlagen. Leider ist es alles andere als hilfreich, dass in der nächsten Woche diehalbe Mannschaft mit der Nationalmannschaft unterwegs ist. Man muss immer versuchen, das Richtige zu machen und nicht irgendetwas Populistisches.
Es geht so oft auf und ab - wie können Sie die Spieler denn noch erreichen?
Heldt: Einfallen tut uns immer was. Am Ende kann man jeden Spieler greifen. Wir haben eine bittere Woche hinter uns, können unser Ziel aber noch erreichen. Trotzdem werden wir ein gesundes Maß finden. Was diese Woche stattgefunden hat, das bleibt sicherlich in der Erinnerung. Und eine neue Saison wird's auch irgendwann geben mit Entscheidungen. Das ist auch klar.
Entscheidungen - wie meinen Sie das? War dies etwa ein Schlüsselspiel in Ihrer Planung für die kommende Saison?
Heldt: Das meine ich so, wie ich das gesagt habe. Das lasse ich einfach so im Raum stehen.
Nach dem 1:6 gegen Real Madrid haben Sie die Führungsspieler wie Klaas-Jan Huntelaar oder Kevin-Prince Boateng besonders gefordert. Auch von ihnen kam nichts.
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Heldt: Ich brauche keinen herausarbeiten. In der ersten Hälfte hat nur Ralf Fährmann etwas gezeigt. Sonst haben es alle auf dem Feld nicht gebracht - ob jung, alt oder erfahren.
Vor der Szene, die zur Roten Karte für Kyriakos Papadopoulos führte, hat sich Boateng einen schlimmen Rückpass erlaubt und so den Konter der Bayern erst ermöglicht.
Heldt: Er darf den Ball da nicht zurückspielen. Das ist ein Fehler, aber nicht der einzige, der uns unterlaufen ist. Genauso unnötig waren die Fehler vor dem 1:0, 2:0, 3:0 oder 4:0.
Darf sich Boateng trotzdem besonders angesprochen fühlen?
Heldt: Es darf sich jeder angesprochen fühlen. Gegen diese Mannschaften reichen zwei, drei Führungsspieler nicht. Da müssen elf ihre Rolle ausfüllen. Wenn es nur zwei oder drei nicht machen, führt das zu Niederlagen.
Nicht nur Boateng, auch andere Spieler haben nach dem Madrid-Spiel ein anderes Gesicht angekündigt. Nun war die erste Halbzeit aber noch schlimmer. Wie passt das zusammen?
Heldt: Das lässt sich schwer erklären, kommt leider Gottes aber vor, nicht nur bei uns. Das ist mir auch passiert in meiner Karriere. Das hat mit Qualität zu tun. Qualität ist ein großes Wort, nicht nur, dass man gut Fußball spielen kann. Wir haben viel Qualität in zwei Spielen gesehen. Cristiano Ronaldo ist nicht so gut, weil er so geboren ist. Hinter seiner Körperstatur steckt viel Arbeit. Er hat so viel Dynamik, weil er außerhalb der Trainingszeiten in den Kraftraum geht, weil er Profi durch und durch ist. Im Sommer ist er auf irgendeiner Jacht, aber wenn er arbeitet, dann arbeitet er. Die Bayern-Spieler haben tagtäglich Druck, können sich nichts erlauben. Sonst werden sie ausgetauscht. Deswegen arbeiten sie intensiv. Das spiegelt sich auf dem Platz wieder, indem sie Passgenauigkeit und Passgeschwindigkeit haben. Sie wissen, was sie tun müssen, sie versuchen, jede Situation zu beherrschen.
Diesen Druck gibt es auf Schalke nicht?
Heldt: Nicht jede Mannschaft hat die Möglichkeit, so mit Druck zu arbeiten.
Aber die richtige Einstellung zu haben, das lässt sich lernen.
Heldt: Die richtige Einstellung zu haben, gehört auch zur Qualität dazu. Ich kann Sead Kolasinac zum Beispiel nicht absprechen, dass er nicht will. Der will immer. Heute hat er zu viel Respekt gehabt. Ist ja auch nachvollziehbar. Unser Ziel muss es sein, ihn dahin zu führen, den Respekt vor Leuten wie Robben zu verlieren und sich auf seine Qualitäten zu fokussieren.
Nach dem Abpfiff hat Jefferson Farfan mit einem Nationalteamkollegen Claudio Pizarro gescherzt. Was haben Sie gedacht, als Sie die Szene gesehen haben?
Heldt: Das behalte ich lieber für mich. Wenn ich 1:5 verliere, will ich eigentlich mit keinem reden.