Winterberg. . Weltmeister Maximilian Arndt hat auch den zweiten Viererbob-Weltcup in Winterberg gewonnen. Zuvor hatte Sandra Kiriasis die Sieglos-Serie der deutschen Frauen beendet - gemeinsam mit Anschieberin Franziska Fritz verwies sie die Amerikanerinnen Jamie Greubel/Aja Evans um eine Hundertstelsekunde auf Platz zwei.
Der Steilpass zur guten Laune schallt aus den Boxen des Zielbereichs der Bobbahn in Winterberg. „Heut’ ist so ein schöner Tag“ heißt es im Refrain des so genannten Flieger-Liedes, das die zahlreichen Zuschauer zum fröhlichen Hüpfen und wilden Fahnenschwenken animiert. Sandra Kiriasis verwandelt die musikalische Vorlage so souverän und schnell, wie sie wenige Augenblicke zuvor durch den Eiskanal raste. Auch sie hüpft und deutet mit Armen und Händen den Tanz zu diesem Partysong an – bevor sie gemeinsam mit ihrer Anschieberin Franziska Fritz wieder gebannt auf den kleinen Monitor blickt.
Auf Rang eins liegt die 39-jährige Grande Dame des Bobsports zu diesem Zeitpunkt beim Weltcup an der Kappe. Ihrem - immer noch - Heim-Weltcup: Für die abschließende Saison ihrer Karriere ist die Sportlerin ja zum Bob-Club Stuttgart Solitude gewechselt. Weil Kiriasis’ Mannschaftskollegin Anja Schneiderheinze im zweiten Lauf Zeit einbüßt und sich hinter ihr einsortiert, führt „das alte Mädchen“, wie sie sich selbst nennt.
Eine knappe Minute später jubelt die langjährige Pilotin der RSG Hochsauerland aber nicht, zappelt sie nicht wie aufgedreht vor der großen bunten Sponsorenwand herum. Sie umarmt Franziska Fritz einfach nur. Minutenlang. Und sie kämpft mit den Emotionen. Sie, diese sonst als kühl, fast arrogant geltende gebürtige Dresdnerin.
Wechsel nach Stuttgart
Mit dem Wimpernschlag von einer Hundertstel Sekunde Rückstand rast die Weltcup-Führende Elana Meyers (USA) über die Ziellinie, wird Zweite – und Sandra Kiriasis gewinnt mit der Gesamtzeit von 1:55.41 Minuten den Weltcup im Hochsauerland. „Das ist so genial“, sagt sie, stammelt sie, „das ist der Wahnsinn.“
Jahrelang war Winterberg die Heimat der weltbesten Bobpilotin, die in ihrer Karriere alles gewann, was es zu gewinnen gibt. Weil Kiriasis ihr Sportgerät nach den Olympischen Winterspielen in Sotschi endgültig in die Garage stellen wird, wechselte sie für den finalen Kick, so begründete sie ihren Schritt, nach Stuttgart. Sie traf damit eine überraschende Entscheidung, die im Sauerland nicht nur auf Verständnis stieß.
Trotzdem feiern die Fans an der Bobbahn „ihre“ Pilotin. Und die erklärt anschließend, dass ihr Sieg nicht nur deshalb Emotionen freisetzt, weil es der erste deutsche in dieser bislang podestfreien Weltcup-Saison ist. „Das Rennen war eine kleine Wundertüte, weil ich mit meinem alten Schlitten trainiert habe und vor dem Wettkampf doch wieder in den neuen gewechselt bin“, sagt sie.
Rückkehr zum alten Bob
Die Plätze 6, 13, 4 und 6 bei den Weltcups in Übersee stellten die ehrgeizige Pilotin, die ihre Karriere mit einer olympischen Medaille beenden möchte, nicht zufrieden. Also holte sie ihren Bob aus der vergangenen Saison wieder hervor, arbeitete zeitgleich aber weiter an dem für diese Saison neu konzipierten. „Ich muss mich ganz lieb bei ein paar Leuten bedanken, die jetzt zwei Tage lang an dem Bob herumgeschraubt haben“, sagt Kiriasis.
Bob- und Skeleton-Weltcup in Winterberg
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Der Geburtstags-Bob - Sandra Kiriasis ging am Samstag, Franziska Fritz am Freitag in ein neues Lebensjahr – startet auf Rang drei liegend in den zweiten Lauf. „Ich hatte nach dem zweiten erst kein gutes Gefühl“, sagt Kiriasis nach der Siegerehrung. „Bis zur Kurve acht war der Lauf zwar schön, aber dann hatten wir einen großen Fehler.“ Es reicht dennoch zum Sieg und zum Signal an die Konkurrenz: Mit dem „alten Mädchen“ ist auch bei den Olympischen Spielen in Sotschi zu rechnen. Ausgerechnet bei ihrer Abschiedsvorstellung in Winterberg sendet sie dieses aus.
„Mit so einem geilen Rennen kann ich mich hier ruhigen Gewissens verabschieden“, sagt sie. Denn ihre Zeit im Hochsauerland war „wirklich klasse“ – und bot mehr als einen schönen Tag.
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