Paris. . Der deutsche Routinier Tommy Haas fertigt im Achtelfinale der French Open Michail Juschni in drei Sätzen ab und erreicht zum ersten Mal in seiner Karriere das Viertelfinale der French Open. Dort trifft er nun auf den Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic - doch den hat er in diesem Jahr schon einmal geschlagen.
Irgendwie, so sagt Tommy Haas, komme es ihm vor, als surfe er auf einer langen, nicht enden wollenden Welle. Und noch ist der Strand nicht in Sicht. Der Schwung führte ihn zum ersten Mal in seiner Karriere ins Viertelfinale der French Open, in dem er am Mittwoch gegen keinen Geringeren als die Nummer eins des Tennis spielen wird, Novak Djokovic.
Man kann immer wieder nur staunen beim Blick auf die Dimensionen dieser Geschichte. Nummer 112 der Weltrangliste vor Beginn der French Open vor einem Jahr, Qualifikation gespielt, dritte Runde erreicht, danach auf Nummer 87 vorgerückt. Nach dem Titel bei den Gerry Weber Open in Halle Nummer 49, seit Februar 2013 wieder Mitglied der Top 20 – und nun noch ein Stück näher an die Top Ten herangepirscht. Vor ein paar Tagen hatte Tommy Haas gesagt, das interessiere ihn nicht so sehr, umso mehr kann er mit der Tatsache anfangen, nach einem souveränen Sieg gegen Michail Juschni (6:1, 6:1, 6:3) im Viertelfinale der French Open gelandet zu sein.
Damit ist die Viertelfinal-Sammlung bei den Grand-Slam-Turnieren komplett, nachdem Haas in Melbourne (1999, 2002, ‘07), Wimbledon (2009) und New York (2004, ‘06, ‘07) vorgelegt hatte. Das schafften im deutschen Männertennis vor ihm, wen wundert’s, nur die Herren Becker und Stich. „Ich habe nie gedacht, dass dies noch einmal möglich ist“, sagte Haas später. Sicher gefällt ihm diese lorbeergrüne Statistik auch deshalb, weil darin ausnahmsweise kein Hinweis auf sein Alter vorkommt.
Haas, der älteste Spieler eines Grand-Slam-Viertelfinals seit Agassi
In den meisten anderen dagegen schon, unter anderem beim offiziellen Hinweis, Haas sei der älteste Viertelfinal-Teilnehmer von Paris seit 1971, oder der Älteste in einem Grand-Slam-Viertelfinale seit Andre Agassi bei den US Open 2005. „Ich kann es ja nicht ändern. Ich bin so alt, aber ich beschäftige mich nicht so viel damit“, entgegnet Haas dann. „Aber anscheinend ist das für viele wie ein Wunder, obwohl ja auch Andre Agassi mit 35, 36 noch unmenschliches Tennis gespielt hat. Auch dadurch hatte ich immer im Hinterkopf: Das kann ich auch schaffen.“
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Im Gegensatz zum Sieg gegen Isner, für den er mehr Matchbälle gebraucht hatte (13) als je ein Spieler in der Zeit des Profitennis, kam Haas ohne größere Aufregung durch die Partie gegen den Russen auf dem Court Suzanne Lenglen. Die französische Diva war in den Zwanziger Jahren für ihren eigenwilligen Geschmack bei der Auswahl ihrer Tenniskleidung bekannt gewesen – sozusagen eine frühe Schwester im Geiste von Tommy Haas. Der hatte an diesem Tag allerdings keine große Wahl, denn der Wäscheservice im Stade Roland Garros hatte es nicht geschafft, seine T-Shirts und Hosen rechtzeitig zum Spielbeginn um elf Uhr zu liefern.
Haas-Gegner Juschni landet mit Wutaktion auf Youtube
Doch in der 1b-Variante machte Haas von Anfang bis Ende eine gute Figur – mit Ausnahme allenfalls des ersten Aufschlagspiels, das er mit einem Doppelfehler begann und verlor. Aber beim Rest passte alles, unterstützt allerdings von Juschni, der nicht seinen besten Tag erwischt hatte und hinterher meinte, er habe Haas zu viele Chancen gegeben, gut zu spielen. Dennoch war es eine seiner Aktionen, die noch während des Spiels auf Youtube landete. Beim Seitenwechsel beim Stand von 0:3 im zweiten Satz versuchte er seinen Frust loszuwerden und drosch seinen Schläger mit einer Vehemenz und Entschlossenheit auf die Rückenlehne seiner Bank, die jedem Drummer einer Punkrockband gefallen hätte.
Haas war zufrieden mit sich und dem Spiel, und jetzt scharrt er in gewisser Weise schon im roten Sand in Erwartung der Partie gegen Novak Djokovic.
Djokovic nach Sieg gegen Kohlschreiber nächster Haas-Gegner
Der hatte zu Beginn der Achtelfinal-Begegnung am Montag gegen den stark spielenden Philipp Kohlschreiber Schwierigkeiten. Doch je länger die Partie dauerte, desto mehr Kontrolle erarbeitete er sich, frühe Breaks in den Sätzen zwei, drei und vier waren dabei eine Hilfe. Am Ende wehrte Kohlschreiber drei Matchbälle ab, darunter einen mit einem Zauberball, aber es reichte nicht mehr, um Djokovics Sieg zu verhindern. Er habe gut angefangen, meinte Kohlschreiber hinterher, leider habe der andere aber mit fortschreitender Dauer des Spiels die wichtigen Punkte gemacht und sei dann immer stärker geworden.
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Der Serbe sagte, auf das Viertelfinale angesprochen, er habe großen Respekt vor der Partie gegen Haas. Er weiß ziemlich gut, was ihn erwarten wird, denn die letzte gemeinsame Begegnung wird er nicht vergessen haben. Es war Ende März in Miami, der Sieger spielte wie aus einem Guss, und er hieß nicht Novak Djokovic.