Paris.. Mit zwölf Matchbällen kommt Tommy Haas im Duell gegen den US-Amerikaner John Isner nicht ins Ziel. Aber die Nummer 13 bringt ihm Glück: 7:5, 7:6, 4:6, 6:7, 10:8 gewinnt er nach viereinhalb Stunden und steht nun im Achtelfinale von Paris.

Atemlos verfolgte die Welt des Tennis die Geschichte der 13 Matchbälle. Jener zwölf, von denen ihn keiner zum Sieg geführt hatte, weil der lange Kerl auf der anderen Seite des Netzes mit der Präzision einer Ballmaschine aufgeschlagen hatte. Und jenes einen, mit dem Tommy Haas nach viereinhalb Stunden im Licht der untergehenden Sonne das Ziel erreichte und in Paris in fünf Sätzen gewann.

Beängstigend ruhig hatte er auf die ersten zwölf Matchbälle reagiert. Kein Lamento, kein Fluch, nicht mal ein Kopfschütteln. Haas, Meister der engagierten Selbstgespräche, war sprachlos. Eine Viertelstunde später, nachdem er zu Beginn des fünften Satzes in Rückstand geraten war, saß er wieder regungslos da, und spätestens in diesem Moment deutete vieles darauf hin, dass es nichts mehr werden würde mit einem Sieg gegen den langen John Isner.

Unfassbar, wie der US-Amerikaner die Matchbälle abgewehrt hatte. Nummer eins: Serve & Volley, zwei: Ass, drei: Ass mit dem zweiten Aufschlag, vier: Volley, fünf: Schmetterball, sechs und sieben: Service-Winner, acht: Ass, neun: Service-Winner, zehn: Ass, elf: Doppelfehler von Haas, zwölf: Fehler von Haas. Der sagte später: „Da kam eine Granate nach der anderen. Ich hab’ einfach nicht gewusst, wo ich mich hinstellen soll.“

Eines der aufregendsten Spiele seiner Karriere

Und dann auch noch dieser Doppelfehler. Da hatte er nach den neun Matchbällen beim Stand von 6:5, die Isner jeweils mit eigenem Aufschlag abgewehrt hatte, im Tiebreak endlich die Chance, die Sache selbst zu entscheiden. Aber er überlegte zu lange, wie und wohin er aufschlagen wollte. „Tu’s nicht“, dachte er in einem Moment, „mach’s doch, du Depp“ im nächsten – und so landete der Ball neben der Linie.

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Haas wirkte nach dem Marathon-Match relativ frisch, aber die Aura des Sieges überdeckt manchmal die Spuren der Erschöpfung. Mit dem 13. Matchball hatte er das verrückte Spiel schließlich nach mehr als viereinhalb Stunden gewonnen (7:5, 7:6, 4:6, 6:7, 10:8). Hinterher meinte er, es sei zu früh, um alles richtig einordnen zu können. Aber dieses Spiel gehöre ohne Frage zu den aufregendsten seiner Karriere.

Kohlschreiber zitterte mit

Philipp Kohlschreiber hatte das Drama in der Warteschleife in den Katakomben des Stade Roland Garros verfolgt. Seine Partie gegen Viktor Hanescu hätte nach der von Haas an gleicher Stelle beginnen sollen. „Ich hab’ mitgezittert“, meinte er. Als klar war, dass Haas und Isner einen fünften Satz spielen würden, wurden Kohlschreiber und Hanescu auf einen anderen Platz geschickt, wo der Augsburger 6:0, 7:6, 6:1 gewann.

Im Achtelfinale wird Kohlschreiber gegen die Nummer eins des Tennis spielen, Novak Djokovic. Dem geht es dieser Tage nicht besonders gut; nach dem Sieg gegen Grigor Dimitrov hatte er in der Kabine vom Tod seiner ersten Trainerin Jelena Gencic erfahren, die ihn bei der letzten Begegnung noch aufgefordert hatte, beim nächsten Mal möge er ihr doch bitte den Siegerpokal aus Paris mitbringen.

Nun gegen Michail Juschni

Für Tommy Haas geht es nun gegen Michail Juschni weiter, und er war schon bald nach dem „Drama-Match“, wie er es nannte, in Gedanken bei diesem Spiel. Natürlich steht die Chance, mit einem Sieg gegen den routinierten Russen im zarten Alter von 35 Jahren zum ersten Mal im Viertelfinale der French Open zu landen, in verheißungsvoll großen Buchstaben in den roten Sand geschrieben.

Orientiert man sich an den Zahlen, dann könnte es in diesem Stadium des Turniers schwierigere Aufgaben geben, als gegen die Nummer 31 der Weltrangliste spielen zu müssen. Aber Haas’ letzte von bisher vier Niederlagen in sieben Spielen gegen den Russen liegt erst ein paar Wochen zurück. Deshalb sagt er: „Ich werde mir was überlegen müssen.“ Es wäre eine Hilfe, das Ziel vielleicht mit dem dritten oder vierten Matchball zu erreichen.