Sepang. Nachdem Sebastian Vettel beim Großen Preis von Malaysia die Stallorder missachtet und Teamkollegen Mark Webber überholt hat, hagelt es weiter Kritik für den amtierenden Formel-1-Weltmeister. Die Stimmung bei Red Bull ist angespannt, denn es ist nicht der erste Vorfall zwischen den beiden Piloten.

Manchmal sagen Bilder mehr als Worte: Während sich Mark Webber nach dem umstrittenen, aber siegbringenden Überholmanöver von Sebastian Vettel beim Großen Preis von Malaysia in seinen Aussagen trotz großer Wut merklich zurückhielt, war seine Reaktion im Rennen zuvor eindeutig gewesen. Wie Bilder der Fernsehkamera am Red Bull des Australiers zeigen, reckte dieser Vettel nach dem Überholvorgang den Mittelfinger entgegen. Allerdings war der Heppenheimer zu diesem Zeitpunkt bereits enteilt und dürfte die Geste kaum im Rückspiegel gesehen haben.

Die Aussage als solche bleibt aber trotzdem bestehen und dürfte es nicht leichter machen, das Verhältnis der beiden Streithähne für die verbleibenden 17 Saisonrennen zu kitten. Vettel hatte sich nach dem Rennen für sein Verhalten entschuldigt. Ähnliches dürfte nach den TV-Bildern auch von Webber erwartet werden.

"Sie sind schon seit Jahren keine Busenfreunde"

Red-Bull-Teamchef Christian Horner verlangt von Formel-1-Weltmeister Vettel eine weitere Erklärung für den Verstoß gegen die Stallorder in Malaysia. "Sebastian weiß, dass es falsch war. Er hat sich entschuldigt, aber wir werden uns hinsetzen und darüber reden", sagte der Brite nach der Kontroverse im zweiten Saisonrennen. Vettel hatte entgegen der Absprache seinen Kollegen Mark Webber am Schluss noch überholt und gewonnen. "Er hat sich entschieden, das zu hören, was er hören will", erklärte Horner.

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Allerdings habe es beim Saisonfinale im Vorjahr eine ähnliche Situation mit umgekehrten Vorzeichen gegeben. In Brasilien habe Webber trotz Aufforderung gegen Vettel nicht zurückgesteckt, obwohl dieser um seinen dritten Titel kämpfte. "Sie sind schon seit Jahren keine Busenfreunde", meinte Horner.

Eine mögliche Aussprache zwischen allen Beteiligten könnte es Anfang April geben. Dann kehrt Webber von einem kurzen Heimaturlaub in Australien zu Simulator-Tests in die Teamfabrik im englischen Milton Keynes zurück. Vettel hatte nach dem Rennen seinen Fehler eingeräumt. Schon in den ersten Besprechungen mit den Ingenieuren sei dann ausführlich über den Vorfall diskutiert worden, sagte Horner.

Boris Becker stützt Vettel-Manöver

Rückendeckung hat Vettel indes von Boris Becker erhalten. "Habe gerade die Highlights vom Malaysian Grand Prix gesehen. Vettel hat getan, was ein dreimaliger Champion tun muss ... die Sache selbst in die Hand nehmen", twitterte der ehemalige Wimbledon-Sieger.

<blockquote class="twitter-tweet" lang="de"><p>Just watched the highlights of Malaysian Grand Prix!Vettel did what a 3times champ is supposed to do....take matters in ur own hand !</p>&mdash; Boris Becker (@TheBorisBecker) <a href="https://twitter.com/TheBorisBecker/status/315800998939607042">24. März 2013</a></blockquote>

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Vettel hatte seinen australischen Teamkollegen Mark Webber entgegen der Teamorder in der Schlussphase des Rennens angegriffen und überholt. Nach dem Rennen sah Vettel seinen Fehler ein und entschuldigte sich öffentlich bei Webber und dem gesamten Red-Bull-Team.

"Es gibt eine hitzige Diskussion über Vettel heute. Ja, er hat die Teamorder missachtet. Er hat sich entschuldigt und wusste, dass er etwas falsch gemacht hatte. Ende der Geschichte", schrieb Becker weiter. (dpa/sid)

Immer wieder Zoff zwischen Vettel und Webber 

Ziemlich beste Freunde werden Sebastian Vettel und sein Formel-1-Teamkollege Mark Webber wohl nicht mehr. Seit 2010 sind die beiden Red-Bull-Piloten immer wieder aneinandergeraten. Die Chronologie einer schwierigen Beziehung:

Türkei 2010: Der erste Eklat. In Runde 40 will Vettel am führenden Webber vorbei. In Kurve zwölf kommt es zum Crash. Vettel ist draußen, Webber rettet Platz drei. Nach dem Aussteigen zeigt Vettel den Vogel - und meint wohl seinen Teamkollegen. Beide schieben sich gegenseitig die Schuld am Unfall zu. Vier Tage später verkündet das Team nach einem "Friedensgipfel" per Pressemitteilung die Versöhnung.

Silverstone 2010: Der Frieden hält nicht lange. Webber beschwert sich öffentlich über eine Benachteiligung, weil er einen neuen Frontflügel an Vettel abtreten muss. Nach seinem Sieg legt der Australier am Boxenfunk nach. "Nicht schlecht für eine Nummer zwei, wie?", tönt Webber. Später stellt er seine Vertragsverlängerung infrage. Vettel ist irritiert. Die Teamführung beschwichtigt.

Brasilien 2010: Der in der WM besser platzierte Webber ist verärgert, dass Vettel das vorletzte Saisonrennen in Sao Paulo gewinnen darf. Er hatte auf Schützenhilfe des Deutschen und des Teams gehofft.

Abu Dhabi 2010: Vettels sensationeller Triumph lässt Webbers Traum vom Titel platzen. Das hinterlässt Wunden.

Silverstone 2011: Nach sechs Siegen in den ersten acht Rennen fährt Vettel klar auf Titelkurs. Auf den Schlussrunden beim britischen Grand Prix ignoriert Webber die Anweisungen des Teams und attackiert Vettel heftig. Teamchef Horner bittet zur Aussprache.

Brasilien 2012: Im Finalthriller ist Webber seinem Stallrivalen keine Hilfe - im Gegenteil. Am Start drängt er Vettel ab, der kollidiert wenig später mit Bruno Senna und fällt auf den letzten Platz zurück. Nur dank einer furiosen Aufholjagd wird Vettel zum dritten Mal Champion. "Mark war nicht optimal kooperativ", urteilt Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko.

Malaysia 2013: Der Burgfrieden ist zerstört. Vettel ignoriert einen Befehl von der Box und zwängt sich in der 46. Runde am führenden Webber vorbei. Der ist stocksauer, Teamchef Horner auch. "Ich habe einen großen Fehler gemacht", gesteht Vettel. (dpa)