Essen. War was? Fünf Sprinter aus Jamaika vor der Leichtathletik-WM in Berlin bei der Doping-Kontrolle erwischt? Alle gesperrt? Davon zwei Klub-Kollegen von 100-m-Weltrekordler Usain Bolt? So war es tatsächlich. Doch jetzt ist alles ganz anders.

Die fünf jamaikanischen Sprinter, die mit positiven Dopingproben aufgefallen sind, dürfen in Berlin starten.

Jamaikas Anti-Doping-Kommission JADOC fand nämlich alles gar nicht so schlimm und hat die fünf Sprinter gestern freigesprochen. Begründung: Man könne den Sprintern nicht nachweisen, dass sie das im Körper nachgewiesene Stimulanz-Mittel Methylxanthin wissentlich eingenommen hätten.

Die Anhörung der Verteidiger soll acht Stunden gedauert haben. Eine Bestätigung aus Jamaika gab es bis gestern dafür allerdings nicht. Nur den Fakt: Freispruch! Damit darf auch Yohan Blake in Berlin starten. Der 100-m-Sprinter trainiert gemeinsam mit Bolt und ist mit einer Zeit von 9,93 Sekunden Fünfter der Weltjahresbestenliste.

Bolt selbst hatte schon vor einer Woche zu Fragen nach Doping nur mit dem Kopf geschüttelt. „Ich kann dazu nichts sagen”, meinte er in einem Fernseh-Interview. „Ich weiß nur, dass ich selbst absolut sauber bin.”

Rund um die WM wird es 1500 Dopingkontrollen geben. Trotz dieser hohen Zahl weiß Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes: „Natürlich gibt es keine Garantie für saubere Wettkämpfe.” Dies müsse man – leider – in aller Nüchternheit feststellen.

Dabei sind fast 30 Top-Athleten erst gar nicht in Berlin dabei. Sie wurden mit positiven Doping-Proben erwischt und verbüßen ihre Sperren. Prominente Beispiele:

100-m-Olympiasieger Justin Gatlin (USA), der bei der WM in Helsinki vor vier Jahren noch Doppelweltmeister wurde.

Rashid Ramzi (Bahrain), der in Peking Olympiasieger über 1500 Meter wurde, bis seine positive Probe bekannt wurde. Dazu war er in Helsinki Doppelweltmeister über 800 und 1500 Meter.

Olga Jegorowa, russische Ex-Weltmeisterin über die 5000 Meter.

Aber es gibt noch eine ganz andere Liste: Nämlich die Liste derjenigen, die nach Doping-Vergehen gesperrt wurden und nach ihrer Strafe bei der WM wieder dabei sind.

Dabei sollten die Deutschen nicht permanent auf die Starter aus dem Ausland verweisen, sondern müssen sich auch an die eigene Nase fassen. Die deutsche 400-m-Läuferin Florence Ekpo-Umoh, die in Berlin in der Staffel startet, wurde 2003 mit dem Steroid Stanozolol erwischt und gesperrt. Zudem haben prominente Trainer eine Doping-Vergangenheit. Dieter Kollark, Coach von Diskus-Weltmeisterin Franka Dietzsch, und Werner Goldmann, der den Diskus-Riesen Robert Harting betreut, waren in der damaligen DDR ins flächendeckende Dopingsystem eingebunden.

Prominente Starter, die nach Doping-Vergehen in Berlin wieder am Start sind, kommen aus Großbritannien. Christine Ohuruogo, 400-m-Olympiasiegerin aus London, hatte im Jahr 2006 drei Doping-Tests verpasst und dafür eine einjährige Sperre erhalten. Nur einen Monat nach Ablauf der Sperre stürmte sie 2007 in Osaka zum WM-Titel. In England hat man ihr alles verziehen und glaubt ihr die Geschichte vom dreimaligen Missverständnis rund um die Kontrollen: Sie ist das Gesicht für die Olympischen Spiele 2012 in London.

Die merkwürdige Rolle

von Dwain Chambers

Auch Dwain Chambers ist in Berlin in einer merkwürdigen Rolle. Die Direktoren der großen Leichtathletik-Meetings haben den Sprinter, der seinen Europameistertitel von München nach einer positiven Kontrolle abgeben musste, auf ihrer schwarzen Liste und verpflichten ihn nicht mehr. Doch der Verband kann wenig gegen ihn unternehmen: Nachdem er die WM-Norm geschafft hat, mussten die Briten Chambers für Berlin nominieren.