Berlin. Die jamaikanischen Sprinter Asafa Powell, Shelly-Ann Fraser sowie vier weitere Athleten dürfen in Berlin nun doch an den Start gehen. Jamaika zog den WM-Ausschluss zurück.
Dem angekündigten Rauswurf folgte die Rolle rückwärts: Nach einem wilden Possenspiel ist Jamaikas Sprintteam für die Leichtathletik-WM in Berlin 72 Stunden vor dem ersten Startschuss wieder komplett. Ein Sextett mit den Top-Stars Asafa Powell, Ex-100-m-Weltrekordler und Staffel-Olympiasieger, 100-m-Olympiasiegerin Shelly-Ann Fraser sowie Melaine Walker, Olympiasiegerin über 400 m Hürden, darf starten. Jamaikas Verband JAAA ruderte am Abend kleinlaut zurück, nachdem es Druck vom Weltverband IAAF gegeben hatte.
"Die Athleten hatten gegen unsere Regeln verstoßen, indem sie nicht zum Vorbereitungstrainingslager kamen. Deshalb haben wir gehandelt", erläuterte Howard Aris, Präsident des Jamaikanischen Verbandes JAAA auf einer Pressekonferenz. Sein Verband hatte am Morgen die IAAF per Brief um die Streichung der sechs Namen gebeten. Doch der Weltverband intervenierte.
"Wir wollten die Qualität der WM verteidigen", sagte IAAF-Generalsekretär Pierre Weiss. "Das war eine überflüssige Aktion der jamaikanischen Delegation. Wir mögen das gar nicht. Uns wäre es lieber, wir würden über den Sport reden können."
Sextett schwänzte Vorbereitungslehrgang
Asafa Powell als Betroffener hatte die Hoffnung nie aufgegeben: "Ich weiß nicht, was hier vor sich geht, und habe kein schlechtes Gewissen. Ich warte ab, was passiert", meinte er, bevor am Abend die erlösende Nachricht folgte.
Neben den drei Top-Stars gehörten auch Kaliese Spencer (400 m Hürden), die 400-m-Olympiazweite Sherika Williams und Hürdensprinterin Brigitte Foster Hylton zu den Betroffenen. Sie alle sind aus dem Verein Maximising Velocity Power (MVP) von Coach Stephen Francis und waren unerlaubter Weise nicht zum verbindlichen Vorbereitungslehrgang in Herzogenaurach erschienen. Stattdessen trainierten sie in Italien.
Am Dienstag trafen die Athleten dann in Berlin ein und bezogen ihr Quartier im Hotel "Berlin, Berlin". "Wir haben nicht gewusst, dass wir verpflichtet waren, ins Traininslager zu kommen", sagte Powell-Manager Paul Doyle.
Erbitterte Rivalität im jamaikanischen Sprint-Team
Doch hinter der Nicht-Teilnahme steckte mehr. Es ist ein Machtkampf innerhalb des jamaikanischen Sprints zwischen den beiden rivalisierenden Leichtathletik-Klubs des Landes. Der eine ist der Racers Track Club mit Weltrekordler und Sprint-Superstar Usain Bolt und dessen Trainer Glen Mills, der andere ist MVP.
Jamaikas Herb Elliot aus dem Medizinischen Komitee der IAAF schimpfte: "Ich weiß von nichts, aber eines ist sicher: Stephen Francis ist ein verdammter Lügner." Es ginge MVP doch immer nur ums Geld.
Theoretisch hätte die IAAF der Bitte nach Streichung der sechs Namen umgehend Folge leisten können. "Die JAAA ist autonom und kann machen, was sie will. Sie hat das Recht zu diesem Schritt", meinte der Tübinger Helmut Digel, Mitglied des IAAF-Councils.