Besancon. . Der Weltmeister verliert nach seinem Platten beim Prolog auch beim Zeitfahren viel Zeit durch eine Panne. Der Brite Bradley Wiggins siegt und steht vor dem Gesamterfolg.

Das könnte schon die Entscheidung bei der 99. Tour de France gewesen sein. Das britische Team Sky setzte seine Superperfomance mit einem Doppelsieg im Zeitfahren durch den Gesamtführenden Bradley Wiggins und seinen Adjutanten Christopher Froome fort. Sie entthronten den König des Zeitfahrens, Fabian Cancellara, und belegen jetzt die Plätze eins und drei im Gesamtklassement.

Ein Pechvogel war erneut Tony Martin. Da quälte sich der 27-jährige Polizist nach Kahnbeinbruch durchs windige Nordfrankreich, die hügligen Vogesen und das Schweizer Jura, immer in der Hoffnung, beim Zeitfahren in Besancon den großen Coup zu landen – und dann passierte das: Nach fünf von 41,5 km schon schlingerte das Hinterrad. Der Reifen platzte. Das Laufrad musste gewechselt werden. Im Ziel saß Martin auf dem Boden. Schweiß und Öl flossen seinen Körper herunter. Es hätten gut auch Tränen sein können. Und er wiederholte die Aussagen, die er nach einem Defekt schon beim Prolog in Lüttich in Mikrofone und Notizblocks diktiert hatte: „Ich bin so enttäuscht. Die Panne hat mich aus dem Rhythmus gebracht. Die Motivation ging auch weg.“

Fast eine Minute Zeitverlust durch Platten

Zwar setzte Martin noch die temporäre Bestzeit. Doch mit 30 Sekunden Zeitverlust durch die Panne, wie er selbst einschätzte, und vielleicht noch 20 weiteren Sekunden, bevor er wieder in den Rhythmus kam und etwas Zuversicht wiederfand, war früh abzusehen, dass er sich allenfalls ein paar Stunden Wartezeit im Käfig für den Zwischenbesten gesichert hatte, am Ende aber jemand anderes triumphieren würde.

So kam es dann auch. Fabian Cancellara, der Sieger des Prologs von Lüttich, war 1:19 Minuten schneller im Ziel als Martin und wurde damit Dritter. Was Martin, der am Ende des Tages mit einem Rückstand von 2:16 Minuten auf dem zwölften Platz landete, ohne Panne hätte leisten können, demonstrierte dessen Omega-Teamkollege Sylvain Chavanel. Nur 27 Sekunden lag der französische Zeitfahrmeister im Ziel hinter Cancellara. „Tony ist der bessere von uns beiden. Es ist schade, was ihm passiert ist“, sagte er und klatschte den Deutschen ab, der gerade aus dem Teamcaravan stieg und zu seiner Mutter und seinem Bruder ging. Der familiäre Beistand tat Martin sichtlich gut.

Tony Martin steigt wohl aus

Die Quälerei bei dieser Tour ist für ihn aller Wahrscheinlichkeit nach zu Ende. „Wir werden uns am Ruhetag im Team besprechen und dann entscheiden, wie es weitergeht“, sagte er. Er deutete aber schon einen Ausstieg mit Blick auf die Olympischen Spiele an. „Bislang war es kein Problem. Es könnte aber dazu werden, wenn ich weitermache und die großen Berge mehr oder weniger nur im Sitzen fahre“, bilanzierte er. Vor allem hat er Angst, sich muskuläre Probleme im Rücken einzuhandeln. Die Hand hielt beim Zeitfahren, auch ohne die goldene Manschette.

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Dann schlug die Stunde von Team Sky. Wiggins-Helfer Christopher Froome pulverisierte erst alle Bestzeiten von Cancellara. Der Boss selbst holte schon auf den ersten 10 km eine knappe Minute auf Evans, seinen härtesten Konkurrenten im Gesamtklassement, heraus, dann stellte er auch die teaminterne Hierarchie her. Nichts wurde aus der Hoffnung vom BMC-Manager Jim Ochowicz. Der hatte auf einen knappen Rückstand seines Kapitäns Evans auf den Briten spekuliert. „Und mit knapp meine ich deutlich weniger als eine Minute“, sagte er forsch.

Am Ende waren es fast zwei Minuten. Nach noch nicht einmal der Hälfte der Tour stellt sich die Frage: Wer nur kann diesen Bradley Wiggins schlagen? Und wie soll er es anstellen? Die von vielen Kontrahenten artikulierte Hoffnung auf eine schwache dritte Woche des Briten klingt derzeit wie das Pfeifen im Walde.