Helsinki. . Ein Auf und Ab für die deutschen Leichtathleten am dritten EM-Tag in Helsinki: Zwei Goldmedaillen gab es für David Storl und Nadine Kleinert im Kugelstoßen, Christina Obergföll holte Silber im Speerwurf. Hammerwerferin Betty Heidler war zuvor nach zwei ungültigen Versuchen gescheitert.

Erst Debakel mit dem Hammer, dann Gold-Dublette mit der Kugel: Deutschland Leichtathleten erlebten am dritten EM-Tag von Helsinki nach dem Fehlschlag von Weltrekordlerin Betty Heidler ein Wechselbad der Gefühle. Weltmeister David Storl gewann mit 21,58 sein zweites großes Gold, Kugelstoß-Kollegin Nadine Kleinert mit 36 das erste der Karriere (19,15). Es war Titel Nummer drei für das deutsche Team nach dem Zehnkampf-Sieg von Pascal Behrenbruch. Ein viertes Gold verpasste Christina Obergföll mit dem Speer. Mit 65,12 m gab es Silber und mit 63,69 Bronze für Titelverteidigerin Linda Stahl.

"Bei Olympia in London wird es schwerer, das steht fest. Dort will ich 22 Meter stoßen und mal sehen, wozu das reicht', meinte David Storl nach dem programmierten Sieg mit der drittgrößten Weite der Karriere. Nur beim WM-Gold 2011 in Daegu (21,78) und Silber bei der Hallen-WM im März (21,88) flog seine Kugel weiter als im dritten Versuch des Finals. Dass Polens Weltmeister Tomasz Majewski (in diesem Jahr 21,60) und einige andere Medaillenkandidaten fehlten, störte Storl nicht. "Ich mag gerne starke Konkurrenz, aber was soll ich machen, wenn ihnen die Olympiavorbereitung wichtiger ist?"

Obergföll nach Silber etwas enttäuscht

Nadine Kleinert meinte freudestrahlend: "Ich musste 36 Jahre alt werden für das erste Gold. Jetzt habe ich alle Medaillen gewonnen, die man gewinnen kann. Dass ein paar Rivalinnen fehlten und es keine große Weite wurde, ist mir soooo egal. Nur der Titel zählt." Mit Blick auf London verspürte sie deutlich Rückenwind. "Nun kann ich mit stolzgeschwellter Brust zu Olympia, dort habe ich den 50. Einsatz in der Nationalmannschaft", meinte die deutsche Team-Kapitänin. Ihre Magdeburger Klubkameradin Josephine Terlecki wurde mit 18,33 m Vierte, Christina Schwanitz (LV Erzgebirge) Fünfte.

"Irgend eine schnappt mir immer das Gold vor der Nase weg. Vor zwei Jahren war es Linda Stahl, jetzt Vira Rebryk", konstatierte Christina Obergföll nach dem Siegwurf der Ukrainerin (66,86) im fünften Versuch etwas enttäuscht. Auch diesmal konnte die Offenburgerin die Chance nicht nutzen, die angesichts der Abstinenz von Olympiasiegerin Barbora Spotakova (Tschechien) und Weltmeisterin Maria Abakumowa (Russland) größer war denn je.

In Helsinki lag die 31-Jährige vor Linda Stahl, die ihr bei der letzten EM 2010 den EM-Titel vor der Nase weggeschnappt hatte. Die Leverkusenerin kam gerade noch rechtzeitig in Fom. "Linda hat bessere Trainingswerte als 2010, aber konnte es bisher einfach nicht umsetzen", erklärte Trainer Helge Zöllkau, der 2009 in Berlin schon Steffi Nerius zu WM-Gold geführt hatte.

Hammerwerferin Heidler war fassungslos

Begonnen hatte der dritte EM-Tag als schwarzer Freitag. Dem EM-Verzicht von Hochspringerin Ariane Friedrich und Rang sechs von Titelverteidigerin Verena Sailer im 100-m-Finale folgte bei der Hammerwurf-Pleite von Betty Heidler der nächste Schock für das deutsche Team. Nach zwei ungültigen Versuchen scheiterte die Weltrekordlerin (79,42 m) mit für sie lächerlichen 65,06 m als 17. am Einzug ins Finale. Weltmeister Robert Harting zog mit 65,49 m nicht ganz so souverän wie erhofft in den Diskus-Endkampf am Samstag ein. Positivpunkt: Weitspringer Sebastian Bayer trumpfte mit 8,34 m auf - wenn auch mit zu viel Wind, und meinte: "Ich hoffe die Weite im Finale zu bestätigen oder sogar zu verbessern."

Betty Heidler war stumm und fassungslos, Trainer Michael Deyhle verstand die Welt nicht mehr. "Psychoterror, Katastrophe, Kindergartenfehler" sprudelte es aus dem Mund des konsternierten Coaches. Nach zwei ungültigen Versuchen bot sie eine lächerliche Weite. Deyhle: "Vor Olympia ist es schlimm, sich so eine Ohrfeige abzuholen. Wir müssen jetzt trotzdem positiv an die Aufarbeitung gehen."

Harting als Drittbester ins Finale eingezogen

Wenig später fand die 28-Jährige wieder ihre Sprache. "Ich glaube, ich komme nicht mehr nach Helsinki, das ist mir hier jetzt schon zum zweiten Mal passiert", erinnerte Betty Heidler an ihre drei ungültigen Versuchen in der WM-Qualifikation 2005. "Ich bin die Würfe falsch angegangen, habe oben zu viel getan und unten zu wenig. Das mache ich bei Olympia anders. Verunsichert bin ich vor London jetzt nicht", versuchte sie den Journalisten klar zu machen.

Robert Harting präsentierte sich etwas unzufrieden, nachdem er nur als Drittbester der Qualifikation das Finale erreicht hatte. Im zweiten Versuch wollte er auf Weite gehen. "Das hat nicht ganz geklappt, aber ich weiß auch, woran es liegt: Ich habe schlecht geschlafen, der Ring ist etwas stumpf. Und an der Beinarbeit fehlt es nach dem intensiven Krafttraining gestern. "Für das Finale gibt er sich selbst die Devise aus: 'Über 68 Meter werfen und gewinnen. Und in fünfeinhalb Wochen bei Olympia in London noch einmal."