Helsinki. . Die Psyche ist angeschlagen, der Körper streikt: Bei der nervenaufreibenden Jagd nach der Olympianorm hat eine Magen-Darm-Infektion den Hochsprung-Star Ariane Friedrich zum Auftakt der Leichtathletik-EM in Helsinki schon vor der Qualifikation gestoppt.

Manager und Trainer Günter Eisinger erklärte, die deutsche Rekordhalterin (2,06 Meter) wolle den Anlauf auf die für London geforderten 1,95 m am Sonntag beim Meeting in Eberstadt noch einmal starten: „Wir werden alles versuchen, die letzte Chance wahrzunehmen. Wir geben erst dann auf, wenn es keine Chance mehr gibt.“ Drei Tage später schließt der Deutsche Olympische Sportbund seine Olympianominierung ab.

Eisinger vom Geschehen überrascht

Eisinger, erst in der Nacht um 0:15 Uhr im deutschen Teamhotel eingetroffen und wenig später vom Geschehen überrascht: „Mit der Psyche, wie manche spekuliert haben, hat es definitiv absolut nichts zu tun.“ Die Vorzeichen für die EM seien für Ariane optimal gewesen: „Es sind die Gegnerinnen, die sie sich gewünscht hat. Das Wetter hätte gepasst. Sie war gestern absolut euphorisch, hatte ein hervorragendes Krafttraining absolviert. Deshalb ist es so bitter, dass sie heute nicht starten konnte.“

Auch Thomas Kurschilgen klagte. „Das ist großes Pech. Ariane hatte gestern ein gutes Abschlusstraining und wollte hier eine Medaille holen“, sagte der Sportdirekter im Deutschen Leichtathletik-Verband und meinte zudem: „Ich gehe nicht davon aus, dass es nervlich bedingt ist. Sie ist gewohnt, unter Druck zu springen. Es gibt keinen Anlass für Spekulationen.“

Roher Fisch zum Abendessen

Kurschilgen war in der Nacht von Friedrichs Zimmerkollegin Marie-Laurence Jungfleisch geweckt worden, die dann kein Auge mehr zubekam und am Morgen mit schwachen 1,87 Meter um einen Platz am Sprung ins Finale scheiterte. Sie mutmaßte nach dem starken Erbrechen der 28 Jahre alten Zimmerkollegin: „Ariane hat am Vorabend Sushi gegessen, vielleicht lag es daran.“ Laut Eisinger war dies bisher nie ein Problem: „Sie geht seit fünf Jahren vor jedem Wettkampf Sushi essen.“

Bereits um 7.30 Uhr fiel nach einer Untersuchung durch zwei Ärzte die Entscheidung über den Startverzicht. Eine Blutentnahme soll weiteren Aufschluss bringen. Kurschilgen: „Allen war klar, dass sie hier nicht springen kann. Sie wird sicher früher zurückfliegen.“

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„Ariane war richtig geknickt“

Hochsprung-Bundestrainerin Brigitte Kurschilgen, Ehefrau des Sportdirektors und frühere Weltklassespringerin, berichtete: „Als Ariane hörte, dass 1,90 m für das Finale gereicht hätten, war sie richtig geknickt. Wie es weiter geht, muss man nun sehen.“

Brigitte Kurschilgen, die unter ihrem Mädchennamen Holzapfel 1978 in Prag EM-Bronze gewann, findet: „Das ist schon tragisch für Ariane, dass sie sich nach ihrem Achillessehnenriss eineinhalb Jahre mit unheimlich viel Einsatz zurückgekämpft hat und nun kurz vor dem Ziel womöglich scheitert.“